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Camilla Carlsson Camilla Carlsson: Schwedische Künstlerin hat in der Region Zeitz ein neues Zuhause gefunden

Von Angelika Andräs 26.06.2016, 10:23
Midsommar mit Mütze? Für Camilla Carlsson kein Problem. In Schweden regnet es schließlich oft zu diesem Fest.
Midsommar mit Mütze? Für Camilla Carlsson kein Problem. In Schweden regnet es schließlich oft zu diesem Fest. Hartmut Krimmer

Zeitz - „Hej, ich bin Camilla“, sagt die dunkelhaarige Schwedin und lacht ihr offenes Lachen. Und während sie noch erklärt, dass ihr Deutsch nicht wirklich perfekt sei, merkt man, dass sie die Sprache ihrer Wahlheimat in den vier Jahren sehr gut gelernt hat. Drei davon lebte sie in Berlin, ehe sie gemeinsam mit dem Künstler Christoph Kopac die ehemalige Schulküche in Deuben kaufte, um dort ein Atelier einzurichten. „So ist das“, meint sie, „Künstler suchen neue Räume, brauchen Weite, suchen Plätze, wo es preiswert ist. Dann entwickelt es sich, sie ziehen andere Leute an und nach und dann wird der Platz teurer, und sie ziehen wieder weiter.“ So kam sie erst von Eskilstuna nach Berlin und von Berlin nach Deuben und Zeitz. In der hiesigen Volkshochschule unterrichtet sie - wen wundert es - schwedisch. In kleinen Gruppen, weil das intensiver sei und besser funktioniere. „Und es ist spannend, weil ich lerne ja auch von meinen Schülern noch besser deutsch.“ Als sie nach Deutschland kam, wollte sie natürlich die Sprache lernen. „Das gehört sich so.“

Über ein Jahr lebt sie jetzt hier. Und widmete sich natürlich in dieser Zeit auch ihrer Kunst. „Ich wollte davon aber noch nicht so viel reden und es bekanntmachen. Ich wollte erst etwas geschafft haben.“ Etwas von dem, was sie geschafft hat, wird sie am 2. Juli im Bergmannsmuseum in Deuben zeigen. Kleine Dinge, große Dinge. Das ist eines der Spannungsfelder, die sie reizen. Ein anderes ist das Spiel zwischen zerbrechlich und zäh oder hart und weich. Die Natur spielt eine große Rolle, wenn sie beispielsweise Steine oder Tannenzapfen, Fichtennadeln aus „ihrer uns bekannten Materialität“ löst und aus anderen Stoffen, wie Glas oder Ton, neu zusammenfügt. „Dabei benutze ich oft komplementär erscheinende Materialien, um eine Spannung zwischen Vorbild und Abbild zu schaffen“, sagt sie. Spannend wird es zum Beispiel, wenn sich Stein mit Wolle trifft.

Camilla Carlsson häkelt. Nicht einfach mal so an langen Winterabenden, sondern eher so als Kunstform. „Im Spannungsfeld zwischen hart und weich habe ich mich für das Häkeln entschieden“, sagt sie und schmunzelt, ob der Überraschung, die eine solche Aussage immer wieder im ersten Moment hervorruft. Spätestens dann, wenn man die gehäkelte Mauer oder umhäkelte Steine sieht, begreift man die Faszination, die von diesem besonderen „Material-Mix“ ausgeht. Erfühlt und erfährt sie. Fluffige Häkelknäuel bilden eine Mauer, auf der man sitzen kann. Und unter luftig leichten Häkelhüllen verbergen sich keine weichen Kissen, sondern Steine... Kontraste findet man auch in ihren Grafiken. Und sind nicht die „Helme“ sogar ein eigenes Kontrastprogramm? Ein sehr praktisches. Denn zwei Topflappen werden eine witzige Mütze. Oder umgekehrt: Man löst die Mütze mit zwei Handgriffen, wenn es am Herd heiß wird...

Dieses Spiel mit den Elementen und dem Material, das immer wieder einen neuen Blick in die Natur erschließt und sich einem gewissen Witz nicht verschließt - das ist eine der sympathischen Eigenheiten von Camilla Carlsson. „Ich finde, dass wir die Natur häufiger neu erleben sollen“, meint sie dazu. Und erinnert daran, dass Häkeln, zumindest in Schweden, wieder hip sei. Gelernt hat sie es als Kind von ihrer Großmutter. Irgendwann vergessen, entdeckte sie es 1996 für sich wieder. Und nutzt es seitdem. Deshalb sind auch ihre witzigen „Helme“ jeder für sich kleine Kunstwerke. Wer einen möchte, kann Camilla Carlsson im Atelier besuchen, in der Zeitzer Volkshochschule treffen oder gleich ab Herbst bei ihr schwedisch - und weiß man’s - häkeln lernen.

Sie fühlt sich in der Region Zeitz zu Hause. Warum gibt man Schweden auf, die Geburtsstadt Västeras, Eskilstuna, wo sie als Künstlerin begann? „Mit Eskilstuna bin ich fertig“, sagt sie, „es wurde zu eng, da war kein Raum, keine Freiräume.“ Doch sie lernte dort eine Gruppe deutscher Künstler kennen und kam nach Berlin. Und als es ihr auch dort zu eng wurde, ging es weiter, dahin, wo leere Häuser sind und Weite. Und hier gefällt es ihr. Zeitz habe so viel Potenzial, sei eine so interessante Stadt. Was könne man alles machen... Ein bisschen Schweden bringt sie aber auch mit. Diese Junitage gehören dem Midsommar. Das ist eines der größten Feste in Schweden. Man trifft sich immer an dem Wochenende, an dem Freitag, der dem Tag der Sommersonnenwende am nächsten ist. Erst hat sie mit ihren Schülern gefeiert, dann mit Freunden in Deuben. Apropos Deuben: „Der Name bedeutet Eiche oder Siedlung, wo Eichen stehen. Und in Eskilstuna gibt es den Sigurd-Stein mit einer Episode aus der Völsunga-Saga, deren Stoff sich im Nibelungenlied wiederfindet. Und dort ist auch eine Eichenallee.“

Mehr von Camilla Carlsson online: www.camilla-carlsson.eu (mz)

Schwedisch lernen mir Camilla ist in Zeitz angesagt.
Schwedisch lernen mir Camilla ist in Zeitz angesagt.
Hartmut Krimmer