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Borreliose im Burgenlandkreis Borreliose im Burgenlandkreis: Gefährliche Blutsauger - Worauf zu achten ist

Von Angelika Andräs 14.07.2016, 09:54
Ihr Biss, der eigentlich ein Stich ist, kann vieles verändern. Zecken übertragen unter Umständen Borreliose.
Ihr Biss, der eigentlich ein Stich ist, kann vieles verändern. Zecken übertragen unter Umständen Borreliose. dpa

Zeitz - Als bei Robert Stahl (Name geändert) die Gelenkbeschwerden immer massiver wurden, wäre er nie auf den Gedanken gekommen, dass ein Zeckenstich Ende der 1990er Jahre die Ursache sein könnte. Die Ärzte, die er nach und nach aufsuchte, behandelten das geschwollene Knie. Erst als immer wieder Taubheitsgefühle an den Füßen dazukamen, fragte ein Arzt in Gera nach, ob er denn einmal von einer Zecke gestochen worden sei. Stahl sagte nein. „Ich habe gar nicht mehr daran gedacht“, erzählt er, „das war ja so lange her. Meine Frau hatte irgendwann im Urlaub die Rötung bemerkt, dann war ich zum Hausarzt gegangen.“ Der schickte eine Blutprobe ins Labor und verschrieb ihm Antibiotika. „Heute weiß ich, dass ich wahrscheinlich viel mehr und länger hätte Antibiotika nehmen müssen. Ich hatte ja nur das bekommen, was ich auch bei einer Angina oder Bronchitis bekommen habe.“

Verbreitung ist unterschiedlich

Auskuriert wurde die Infektion offensichtlich nicht. Denn mittlerweile hat der Zeitzer Ärzte in Niedersachsen und Bayern konsultiert, die seinen Zustand auf den Zeckenbiss im heimischen Garten zurückführen.

Zeckenbisse können so gefährlich werden. Auch im Burgenlandkreis. Obwohl der nicht als Risikogebiet gilt. „Borreliose kommt weltweit überall dort vor, wo Zecken leben. Verschiedene Zeckenarten sind als Überträger der Borreliose bekannt. In Europa ist der Gemeine Holzbock der wichtigste Überträger“, erklärt Cornelia Schiecke-Rosenhahn, stellvertretende Leiterin des Gesundheitsamtes Burgenlandkreis, „die Verbreitung des Erregers ist unterschiedlich. Je nach Region tragen laut Robert-Koch-Institut zwischen fünf und mehr als 35 Prozent der Zecken Borrelien in sich.“ Im Schnitt beträgt demnach die Wahrscheinlichkeit, sich mit Borreliose zu infizieren, maximal sechs Prozent.

Bisher ein bekannter Fall

Im Burgenlandkreis halten sich die Fälle in Grenzen. So wurden im vergangenen Jahr sieben Borreliosen gemeldet, bei denen die Betroffenen Symptome aufwiesen. Ein Patient hatte sich bereits 2014 infiziert. Für dieses Jahr liegt ein vom Labor bestätigter Fall vor. „Das Labor meldet einen positiven Nachweis von Borrelien, als Erkrankung wird aber nur angesehen, wenn mindestens noch eine Rötung als Symptom aufgetreten ist“, erläutert Schiecke-Rosenhahn. Allerdings kann mit den Angaben über die Zahl der Infizierten kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden. „Es gibt möglicherweise symptomfreie Infizierte beziehungsweise Erkrankte, bei denen kein Labornachweis erfolgte.“

Rico Hildwein, Oberarzt der Klinik für innere Medizin des Georgius-Agricola-Klinikums Zeitz, bestätigt derzeit eine deutliche Häufung von Zeckenbissen. Oftmals werde die Notaufnahme durch die Betroffenen direkt aufgesucht, ohne den Hausarzt vorab zu konsultieren. „Derzeit liegen jedoch kaum Borreliose-Befunde vor, falls ja, wird eine direkte Weiterbehandlung angeraten“, so Hildwein. „Wenn sich nach einem Zeckenbiss eine flächige Rötung bildet, die sich langsam ausbreitet, dann sollte besser der Hausarzt oder der Kinderarzt aufgesucht werden“, empfiehlt er.

Frühzeitige Diagnose und Behandlung sind wie bei jeder Krankheit die besten Chancen, Folgeschäden zu verhindern oder auf ein Minimum zu reduzieren. Grundsätzlich sollte man die Zecke nach einem Biss vollständig entfernen oder entfernen lassen, so Hildwein, in den Tagen danach körperliche Anstrengung vermeiden und die Bissstelle während der nächsten drei Wochen beobachten.

Borreliose ist der Sammelbegriff für Krankheiten, die durch bestimmte Bakterien, Borrelien, hervorgerufen werden. Wenn als Folge eines Zeckenbisses von Borreliose gesprochen wird, ist meist die Lyme-Borreliose gemeint. Die kann den gesamten Organismus befallen und bleibende Schäden hervorrufen, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und ausreichend behandelt wird. Die Zecke gilt als Hauptauslöser der Borreliose. Es heißt, sie kann auch durch andere blutsaugende Insekten - Stechmücke, Pferdebremse, Laus - übertragen werden. Man kann, muss aber nach einem Zeckenbiss keine Symptome aufweisen. Kinder und ältere Menschen weisen schneller auch schwerere auf, bei gesunden Erwachsenen kann die Krankheit symptomlos verlaufen. Nicht jeder Zeckenbiss, oder besser Stich, führt automatisch zum Übertragen der Borrelien.

Auf folgende Symptome ist zu achten: Auffällig ist die Rötung der Haut. Es können aber auch Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen, Muskelschmerzen, geschwollene Gelenke und sogar Fieber auftreten. Der Allgemeinzustand kann dem einer Grippe entsprechen. Dennoch bedeutet das Auftreten dieser Symptome noch nicht, dass es sich um Borreliose handelt. Abklären muss das der Arzt. Die sogenannte Wanderröte gilt als sicheres Zeichen dafür, dass man sich über einen Zeckenbiss infiziert hat. Diese Rötung tritt einige Stunden oder mehrere Wochen nach der Übertragung der Borrelien auf. Typischerweise an der infizierten Stelle, kann aber wandern.

Die Behandlung der Borreliose erfolgt mit Antibiotika. Patienten müssen sich unbedingt an die Anweisung des Arztes halten, auch wenn ihnen die Einnahmedauer sehr lang vorkommt. Davon hängen die Heilungschancen und das Vermeiden von Spätfolgen ab.  And

Es wird auch nicht jeder krank, der mit einer Zecke in Kontakt kommt. „In vielen Fällen gelingt es dem Körper, die Bakterien in Schach zu halten“, so die stellvertretende Amtsleiterin, „die Infektion verursacht dann keine Beschwerden und heilt folgenlos aus.“ Daher lassen sich auch bei vielen gesunden Menschen Abwehrstoffe gegen Borrelien im Blut nachweisen. Bis zu 25 Prozent aller Menschen haben solche Antikörper im Blut, ohne je an einer Borreliose erkrankt zu sein. „Wirklich krank werden nur 0,5 bis 1,5 Prozent derer, die von einer Zecke gestochen worden sind.“ Das erklärt wohl auch, warum es in Zeitz und Umgebung nicht so viele Fälle sind. Obwohl man immer hört, dass mehr Zecken vorkommen.

Keine Impfung gegen Borreliose

Robert Stahl nützt das alles nichts. Er muss mit seinen Beschwerden leben, auch wenn alles getan wird, um zumindest die Symptome zu behandeln. „Aber ich passe jetzt natürlich besser auf“, meint er, „wahrscheinlich war man vor 20 Jahren einfach noch nicht so sensibilisiert für das Thema.“ Die Schutzmaßnahmen gegen Zecken kann er jetzt fast so aufzählen, wie sie die stellvertretende Amtsärztin nennt: Hautbedeckende Kleidung, Kopfbedeckung, Strümpfe und geschlossenes Schuhwerk, im Wald die Wege benutzen, nicht durch dichtes Gebüsch oder hohes Gras laufen, gegen Zecken getestete Mückenabwehrmittel benutzen und sich gründlich nach Zecken absuchen. Wird das Spinnentier nämlich schnell entfernt, ist das Risiko niedriger, an Borreliose zu erkranken.

Eine Impfung dagegen gibt es nicht. Die gibt es nur gegen die zweite, von Zecken übertragene Krankheit FSME, Frühsommer-Meningo-Encephalitis (Hirnhautentzündung), die auch meldepflichtig ist. Nicht nur im Burgenlandkreis, sondern in ganz Sachsen-Anhalt gibt es aber keine Gebiete, in denen die Erkrankung gehäuft auftritt. Man kann sich aber dennoch bei seinem Hausarzt impfen lassen, wenn man zum Beispiel in Gebiete fährt, wo die Gefahr größer ist, sich zu infizieren, oder man viel in der Natur unterwegs ist. (mz)