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ZDF-Reportage über Rettungsdienst ZDF-Reportage über Rettungsdienst: Tod in Wittenberg ist kein Einzelfall

Von Michael Hübner 20.01.2016, 10:38
Das ZDF drehte für die Reportage "Notruf 112" auch in Wittenberg.
Das ZDF drehte für die Reportage "Notruf 112" auch in Wittenberg. Klitzsch Lizenz

Wittenberg - Tausende Menschen sterben in Deutschland bei Notfällen, weil lebensrettende Hilfe zu spät am Einsatzort ist und Notärzte nicht ausreichend ausgebildet sind, klagen Experten. Sie kommen am Mittwochabend ab 22.45 Uhr in der ZDF-Reportage „Notruf 112 – Woran krankt der deutsche Rettungsdienst?“ zu Wort. TV-Reporter Ingo Thöne schildert dazu auch einen Fall aus Wittenberg: Birgit Münster findet ihre Nachbarin im hilflosen Zustand vor. Sie wählt den Notruf 112. Die Tipps des Disponenten des Landkreises helfen nicht weiter. Er verweist auf den Bereitschaftsdienst der Ärzte. Es beginnt ein dramatischer Wettlauf mit der Zeit, bis doch der Rettungswagen eintrifft. Die Geschichte hat kein Happy End. Für den ZDF-Mann kein Einzelfall.

Zentrales Problem sei die schlechte Organisation, kritisieren viele Ärzte: „Es werden Menschen sterben, weil wir zu spät kommen“, sagt Dr. Gerdts, ärztlicher Leiter, Rettungsdienst Cuxhaven, denn die Zahl der Einsätze steige – die der Notärzte und Einsatzwagen nicht. In Sachsen-Anhalt ist jeder vierte Rettungswagen nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist vor Ort - im Landkreis Harz sogar jeder zweite.

Thöne geht der Frage nach, warum der deutsche Rettungsdienst im europäischen Vergleich so schlecht da steht und wie man ihn reformieren müsste. Er spricht vor allem mit den Praktikern, aber auch mit Fachverbänden, Krankenkassen und Patienten. „Es braucht ein ganzes Maßnahmenpaket“, so der Leiter des Rettungsdienstes Münster, Dr. Andreas Bohn. Dringend notwendig sei zum Beispiel eine bessere und schnellere Einschätzung und Verteilung der Notfälle in den Leitstellen: „Die Hilfe muss bereits am Telefon beginnen, damit könnten wir bei plötzlichem Herzstillstand 10.000 Menschenleben retten.“

Vorbild Seattle, USA: mit einer Überlebensrate bei Herzstillstandpatienten von 60 Prozent im Vergleich zu zehn in Teilen Deutschlands. Der Erfolg beruht auf einem umfassenden Konzept: speziell ausgebildete Notfallsanitäter mit erweiterten Kompetenzen, Notfallfachärzte in Kliniken, kurze Rettungsfristen und verpflichtende Erste-Hilfe-Kurse für die Bevölkerung, auch schon für Schüler. Seit Jahren fordert die deutsche Gesellschaft für Notfall- und Akutmedizin auch in Detuschland unter anderem eine bessere Ausbildung für Notärzte. 18 von 28 EU-Staaten haben bereits einen eigenen Facharzt, in Deutschland werde darüber seit Jahren nur „verhandelt“. Scheitern in Deutschland lebensrettende Reformen am Festhalten der Ärzteschaft an einem veralteten System? (mz)

Birgit Münster kämpft am Telefon um Hilfe.
Birgit Münster kämpft am Telefon um Hilfe.
Archiv/Klitzsch Lizenz