Xylophon-Konzert im Heidehotel Xylophon-Konzert im Heidehotel: Alex Jacobowitz tritt in Lubast auf

lubast/MZ - Die Begrüßung ist kurz und so unkonventionell wie der Künstler selbst: „Ich heiße Alex und meine Frau heißt Xylophon“, sagt der Musiker mit einem liebevollen Seitenblick auf sein Instrument. In den darauffolgenden zwei Stunden erleben Besucher des „besonderen Konzerts“ am Sonntag im Heidehotel Lubast Szenen einer Ehe voll Temperament, Zärtlichkeit und Harmonie - und das obschon Jacobowitz seiner Frau mit vier Schlegeln zu Leibe rückt. Doch noch wenn er die Holzplatten mit Verve anschlägt, scheint er sie liebevoll zu streicheln. Und die Dame - drei Meter breit und gut zwei Zentner schwer - reagiert klangvoll. Mal mit einem zarten „Air“ von Bach, mal mit einem feurigen Flamenco von Albéniz.
Im Studium lerne man, die Schlegel wie bei einem Schlagzeug zu benutzen, sagt der Mann mit der Kippa und den Schläfenlocken. Das stellt den begeisterten Xylophonspieler nicht zufrieden. Für ihn sind sie wie die Finger auf dem Klavier. Schon als der 1960 in New York zur Welt Gekommene in seiner Geburtsstadt anfängt, Musik zu studieren, verliebt er sich in Marimba, das Nationalinstrument Guatemalas, spürt dessen afrikanischen Wurzeln als Balaphon nach und nutzt das Xylophon schließlich, um Werke von Bach, Beethoven und Mozart zu interpretieren.
Positive Energie
Es ist der Beginn einer langen und immer noch lebendigen Beziehung. Nicht Notentreue ist bei den ungewöhnlichen Transkriptionen sein Ziel, er will „die Seele der Musik hervorbringen“. Nicht allein um des schönen Klangs willen spielt er, sondern um „eine positive Energie und ein Miteinander zu befördern“. Jacobowitz verbindet die unterschiedlichsten Klangwelten scheinbar mühelos, doch ist er dabei nicht allein musikalisch ein Mittler. Charmant, unterhaltsam und humorvoll baut er Brücken zwischen Epochen, Kulturen und Religionen. Mit den „Erinnerungen an die Alhambra“ lässt er Gitarrenklänge des spanischen Komponisten Francisco Tarrega aus dem 19. Jahrhundert auf dem Xylophon lebendig werden und erzählt zugleich die Geschichte religiöser Toleranz zwischen Juden, Muslimen und Christen. Was in Andalusien vor 1000 Jahren möglich gewesen ist, lautet seine Botschaft, kann auch heute wieder gelingen. Keine leichte Aufgabe, der sich der Mann verpflichtet fühlt, der bei einem Kibbuz-Aufenthalt in Israel vor mehr als 20 Jahren seine Wurzeln neu entdeckte, zum traditionellen Judentum fand und seither unermüdlich mit der Sprache der Musik für Verständigung, religiöse Toleranz und die Schönheit der Klänge wirbt. Um möglichst viele Menschen zu erreichen, bereisen Jacobowitz und sein Xylophon nicht allein Konzertsäle in vielen Ländern rund um den Globus. Sommer für Sommer macht das Paar zahlreiche Fußgängerzonen Europas zur Bühne und zieht mit einer unnachahmlichen Mischung aus Musikalität und Entertainerqualitäten Menschen in seinen Bann. Um seine Botschaft auf diese Art im wahrsten Sinne unter das Volk zu bringen hat Jacobowitz seine Festanstellung als Orchestermusiker beim Jerusalem Symphony Orchestra aufgegeben und tourt seither als Solist oder vielmehr im Duett mit seiner schwergewichtigen Partnerin Marimba durch die ganze Welt. Allerorten findet er Gehör und Gefallen: Das ist am Sonntag im Heidehotel nicht anders. Gebannt lauscht das Publikum im voll besetzten Saal, Trauben von Menschen versammeln sich in der Pause um Jacobowitz und sein Instrument, fragen, horchen, staunen.
Mit leichter Hand legt der Musiker den Zuhörern Klangwelten zu Füßen, wirbelt die verschiedensten Klangfarben durcheinander und spielt „Alle meine Entchen“ - einmal klassisch in Dur und einmal in einer Klezmer-Variante. „Er macht uns alle glücklich“, hatte Erdmute Peuker vom Förderverein zur Kultur- und Denkmalpflege Rotta zu Beginn der Pause gesagt und mit einem Lächeln hinzugefügt: „Genießen Sie das.“
Respekt für die „Partnerin“
Als die engagierte Vereinsvorsitzende den Musiker vor eineinhalb Jahren in der Leipziger Fußgängerzone zum ersten Mal gehört hatte, lud sie ihn gleich ein, weil sie das Gefühl hatte, „das würde passen“. Eine Einschätzung, die nicht trog. Am Ende gibt es viel Beifall für Jacobowitz. Er dankt mit einer Verbeugung, eine Hand auf dem Herzen, die andere weist respektvoll auf seine Partnerin, das Xylophon.