Wörlitzer Park Wörlitzer Park: Auf dem Weg ins Elysium

WÖRLITZ - Lange stand er allein, jetzt bekommt der Tulpenbaum in Neumarks Garten Gesellschaft. Der altehrwürdige Baum stammt noch aus der Entstehungszeit des Wörlitzer Parks und hat gut und gern 230 Jahre auf dem Buckel. Ganz genau wisse man es nicht, gesteht Landschaftsgärtner Sebastian Doil, zwischen 1780 und 1784 sei er wohl angepflanzt worden.
Gewiss ist indes, dass sich das ursprünglich in Amerika beheimatete Gewächs seit gestern über „13 junge Geschwister“ freuen kann. Die Wiederherstellung einer bedeutenden Gartenpartie im Wörlitzer Park sei dadurch möglich geworden, freut sich Pressesprecher Steffen Kaudelka.
Zu verdanken ist die lang geplante, aus finanziellen Gründen immer wieder verschobene Rekonstruktion Lothar Strauß. Der Berliner ist Erster Konzertmeister der Staatskapelle Unter den Linden und dem Gartenreich schon lange verbunden.
Der Beginn der innigen Verbindung geht bis ins Jahr 1983 zurück. „Ich habe mich in die Türmersfrau verliebt“, gesteht der Musiker - damals ein junger Mann von 19 Jahren - freimütig. Zwar sei die 70 Jahre älter als er gewesen, „aber sie sprühte vor Esprit“.
Über die Dame seines Herzens führte der Weg in den Park und letztlich ins Elysium - einen Teil von Neumarks Garten, in den gelangt, wer erfolgreich das Labyrinth durchschritten hat. Seit 2010 ist jener Irrgarten, den der Fürst einst als Sinnbild des Lebensweges anlegen ließ, nach einer umfangreichen Sanierung wieder für Besucher zugänglich und führt sie - wenn alles gut geht ins Elysium.
In der antiken Mythologie ist das Elysium ein Ort, an dem sich die Seligen sammeln, ein paradiesischer Ort mit rosengeschmückten Wiesen, auf denen ewiger Frühling herrscht, und wo ein Nektar-ähnlicher Trank aus einer Quelle der Lethe ewiges Vergessen aller irdischen Leiden ermöglicht.
Im Gartenreich ist es eine kleine grüne Idylle „mit den lieblichsten Bäumen und Rundbeeten mit mannigfaltigen Blumen zu jeder Jahreszeit“. So jedenfalls beschrieb August Rode, Freund und Begleiter des Fürsten, 1788 das Plätzchen. Von rotblühenden Akazien weiß er zu berichten, von Mandelbäumen, gefüllten Kirschen und eben jenen „Tulipanen“, die jetzt zu neuer Blüte reifen und dem altehrwürdigen Urahn Gesellschaft leisten sollen.
Der Tulpenbaum (Liriodendron tulipifera) gehört zur Familie der Magnoliengewächse und bahnte sich gegen Ende des 17. Jahrhunderts seinen Weg von der nordamerikanischen Heimat über England nach Deutschland und wurde als Schmuckbaum in Parks und Gärten angepflanzt. Sein Laub färbt sich im Herbst leuchtend goldgelb und sei auch deshalb ein „tolles Gestaltungselement“ findet Ludwig Trauzettel. Dem Abteilungsleiter Gärten der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz hat es indes nicht allein die beeindruckende Laubfärbung angetan - auch die grün-gelb strahlenden Blüten findet er einfach „zauberhaft“.
Wenn alles so funktioniert, wie es die Landschaftsgärtner geplant haben, können sich Besucher des Wörlitzer Parks im Juni selbst davon überzeugen.
Dass die Neuanpflanzungen gedeihen, dafür haben die mit der Anzucht beauftragte Baumschule und nicht zuletzt die Gärtner des Wörlitzer Parks gemeinsam das ihrige getan. Sebastian Doil hat kürzlich noch einmal die Bodenqualität geprüft und kann verkünden „der pH-Wert des Bodens ist optimal, die Ausgangsbedingungen sind bestens“ - jetzt müsse man nur noch dafür sorgen, dass „unser Freund, der Biber“ keinen Schaden anrichten könne. Dass Lothar Strauß zur Blütezeit dann noch einmal einen Abstecher ins Elysium macht, ist gut vorstellbar. Er sei immer wieder und zu den unterschiedlichsten Zeiten zu Gast in Wörlitz, unterstreicht der Berliner Konzertmeister. „Der Park hat zu jeder Jahreszeit Ausstrahlung“, findet er. Nicht zuletzt ist ihm ein Spaziergang hier auch Quelle der Inspiration. „Als Musiker inspiriert mich alles, was ich sehe, fühle, schmecke, rieche und taste.“