Wörlitzer Anlagen Wörlitzer Anlagen: Ein Garten - reich an Eichen
wörlitz/MZ. - Der Wörlitzer Garten ist ein Paradies der Bäume und Sträucher - fremdländische, einheimische, kuriose, seltene. Schon 1795 schreibt Johann Christian August Grohmann, der Philosoph lehrt an der Universität in Wittenberg, im "Taschenbuch für Gartenfreunde": "Noch eines ist zu berühren übrig … und dieses sind Pflanzungen von den verschiedenen fremden und einheimischen Bäumen und Holzarten … Kein Garten ähnlicher Art kann in dieser Rücksicht so kostbar, für botanische Kenntnis unterhaltender, und für Empfindung und Sinnenspiel so vergnügend und aufheiternd seyn als diese Anlagen.
Mit dem größten Reichthum und Aufwand sind aus den fremdesten Gegenden Pflanzen und Hölzer hierher gebracht, in der größten Mannichfaltigkeit und Abwechslung neben einander gestellt und gleichsam ein ewig abwechselndes Spiel der Natur in ihren Erzeugungen aufgeführet." Nach über 200 Jahren hat sich daran wenig geändert.
Exemplare aus der Entstehungszeit
Unter den Gehölzen begeistert insbesondere der Lieblingsbaum der Deutschen, die Eiche. Die Besucher staunen zuallererst über die mächtigen Stieleichen, die für die Auenlandschaft so typisch sind und den lehm- und tonhaltigen Boden besonders schätzen. Etliche Exemplare stammen noch aus der Zeit, als Fürst Franz von Anhalt-Dessau ab 1764 beginnt, seine Gärtner zu beauftragen, die seitdem weithin beachtete Landschaft zu formen. Andere dieser Eichen sind noch nicht lange verschwunden, wie jene an der 1772 erbauten Weißen Brücke in Schochs Garten, die Ende der 1990er Jahre mit Getöse neben einer Gondel ins Wasser donnerte.
Sebastian Doil, Referatsleiter für Gartenunterhalt bei der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz, sagt an diese Schrecksekunde erinnernd, dass "die Eichen Probleme mit dem zeitweise hohen Grundwasserstand haben". Ihre Pfahlwurzeln, das hätten Untersuchungen erst jüngst ergeben, "faulen von unten nach oben". Und ohne eine tief verankerte Hauptwurzel ist es für die Seitenwurzeln schwer, die Eichen, die immerhin 800 Jahre alt werden können, zu halten.
Wenn jedoch eine verloren gehe, dann werde nachgepflanzt, fügt Doil hinzu. Und so wächst eine solche nun an der Stelle besagter 200-jähriger Stieleiche. Gleich hinter ihr in Richtung "Kleines Walloch" steht eine Roteiche, die ebenfalls um 1800 gepflanzt wurde, sich aber auch schon in Richtung Wolfs-Kanal neigt.
Seltene Kreuzung entdeckt
Nicht weit von ihnen auf der anderen Uferseite findet sich etwas besonderes: Schochs Eiche. Bei ihr handelt es sich um eine Kreuzung zwischen Sumpf- und Weideneiche, die 1894 in Wörlitz erstmalig gefunden und nach dem Hofgärtner Johann Gottlieb Schoch (1853-1905) benannt wurde. "Schochs Eiche ist weltweit bei Botanikern bekannt", sagt Doil. Der Baum, Exemplare sind auch in Nordamerika nachgewiesen, kann 30 Meter hoch werden und hat eine scharlachrote Herbstfärbung.
In Schochs Garten - benannt nach Johann Leopold Schoch (1728-1793) - wächst ein einziges Exemplar seit dem Jahr 1999, zuvor fand sich ein anderes in Neumarks Garten, bis auch dieses umkippte. Der heutige Ersatz stammt übrigens aus Belgien.
Ein ebenso nur einmal in den Wörlitzer Anlagen vorkommendes Gehölz ist eine Schwarzeiche an der Ackerfläche "Florabreite". Veredelt auf einer Stieleiche macht sie indes mit ihrer fast schwarzen namensgebenden Borke nicht mehr den besten Eindruck. Besser steht es da beispielsweise um die Scharlacheiche auf der Wiese in Schochs Garten, die Zerreiche am Dianenhain oder um die Kastanieneiche an der Neuen Brücke.
Im "Dendrologischen Atlas der Wörlitzer Anlagen", erschienen 2001 und längst vergriffen, sind 24 Eichenarten erfasst. Etliche von ihnen haben ihre ursprüngliche Heimat im östlichen Nordamerika. "Solche Gehölze waren im Gartenbau zu Zeiten von Fürst Franz beliebt", erklärt Doil. So entstand eine grüne Vielfalt, die selten ist und vor über 200 Jahren ein Verkaufsschlager war.