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Mobilität Wittenberger Verkehrsclub hämmert für die Verkehrswende auch im Landkreis

Der VCD setzt sich seit rund 35 Jahren für ein ökologisches Miteinander auf der Straße ein. Was er in Wittenberg erreichen will.

Von Irina Steinmann 14.12.2021, 12:00
Mehr Durchschlagskraft wäre gut, findet Michael Schicketanz.
Mehr Durchschlagskraft wäre gut, findet Michael Schicketanz. Foto: Thomas Klitzsch

Wittenberg/MZ - Wie kann man vor Ort die Verkehrswende befördern? Einen „Verkehrstisch“ hat Michael Schicketanz vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) für Wittenberg und Umgebung angeregt. Dies, so der Sprecher der VCD-Kreisgruppe Wittenberg, könnte Forderungen nach einer gerechteren Verteilung des öffentlichen Straßenraumes mehr Gewicht verleihen. Neben in der Zielrichtung verwandten Clubs wie dem ADFC und ÖPNV-Lobbyisten könnten so einer institutionalisierten Gesprächsrunde auf lokaler Ebene durchaus auch Automobil-Clubs angehören.

Papierschild verweist auf Büro im Forschungsheim

Bis dato ist der „Verkehrstisch“ nur eine Idee von Schicketanz, der dem bereits 1986 gegründeten VCD seit vielen Jahren und dessen Landesvorstand erst seit diesem Frühjahr angehört. Unübersehbar sind die Versuche, den ökologisch orientierten, dabei aber auf ein Miteinander aller Fortbewegungsformen bedachten Verkehrsclub stärker ins Licht der lokalen Öffentlichkeit zu rücken. Ein Aktivistentreffen der Regionalgruppe Elbe-Saale-Region am 13. November wurde medial zur Eröffnung eines Wittenberger VCD-Büros hochgejazzt, wobei Schicketanz’ Hammerschläge an der Hintertür des Kirchlichen Forschungsheims in Wittenberg Reißzwecken zugedacht waren; dabei und beim „Schild“ aus Papier ist es bis heute geblieben.

Das „Büro“, ein ungeheizter Raum ohne Wasseranschluss, dient Schicketanz seit Jahren als Basis für seine ökologische Einkaufsgemeinschaft und die „Farbenküche“, auch das Carsharing-Projekt „teilauto“ nahm von hier seinen Ausgang. Insofern passt die nun auch offizielle Ansiedlung des VCD in dem ob seiner vielfältigen vernetzten Nutzung treffend „Wabe“ genannten Raum.

Kreisgruppe ist kein eigenständiger Verband

Die „Kreisgruppe Wittenberg“ ist keine selbstständige Organisation, kein „Kreisverband“; die Schicketanz zufolge vielleicht 20 VCD-Akteure im Landkreis sind Mitglieder im Landesverband. Dass nicht einmal er, der Vorsitzende oder „Sprecher“ der Kreisgruppe, alle kennt, hat seinen Angaben zufolge mit Datenschutz zu tun. Schon allein deshalb hat der lokale VCD auch nicht zu sämtlichen Verkehrsproblemen eine verbindliche Position. Die Heidebahn etwa, sagt Schicketanz auf Nachfrage, stand bisher nicht auf der Agenda. Anders als der CDU-Bundestagsabgeordnete Sepp Müller fordert er auch nicht explizit deren Wiederinbetriebnahme. So etwas, so der Tenor des VCD-Mannes, sei zwar wünschenswert, aber teuer und müsste sich daher zumindest ansatzweise lohnen, sprich hinreichend Nutzer finden.

Ähnliches gelte für den Bus-Linienverkehr auf dem Lande. Sehr deutlich ist in diesem Fall die von Schicketanz vertretende VCD-Forderung: „Wir brauchen wieder das Anrufbus-System“, so wie es früher war, bevor Gerichte es kippten, also deutlich flexibler und damit komfortabler für die Nutzer. Nur dann könnten auch Menschen auf dem Land auf das - eigene - Auto verzichten, worum es Öko-Lobbyisten letztlich geht.

Das „wichtigste“ Verkehrsthema im Raum Wittenberg ist, wie Michael Schicketanz findet, allerdings die B 187 - dass sie nicht kommt. „Es spricht nicht sehr viel für diese Umgehungsstraße“, verweist er auf die Zerstörung von Landschaft einerseits und die mit den Jahren schwindende Begründung für den Bau der Nordumfahrung, Stichwort Ende des Verbrenners und E-Mobilität. Im nächsten Jahr wolle man zu einer Art Frühlingsspaziergang entlang der geplanten Trasse einladen.

Im Herbst war eine Aktion des VCD am Amtsgericht auf eine, wie Schicketanz erfreut berichtet, gewisse Resonanz gestoßen. Die Verkehrsaktivisten hatten dort das schwierige Miteinander von Radfahrern und Fußgängern an den Wartebereichen der Ampel-Kreuzungen kritisiert und bei dieser Gelegenheit weite Teile der Bevölkerung wahrscheinlich erstmals mit dem Begriff „Bettelampel“ vertraut gemacht.

Antwort der Straßenbaubehörde steht noch aus

Die Anfrage bei der Landesstraßenbaubehörde sei noch in Bearbeitung, sagte Schicketanz nach einem Anruf dort, und die Antwort werde „wahrscheinlich nicht vollkommen zufriedenstellend sein“, mit Verbesserungen rechne er allerdings. Wie berichtet werden mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer im Kreuzungsbereich sowie eine Grüne Welle für letztere gefordert. Ein „Verkehrstisch“ würde womöglich auch solchen Forderungen mehr Wumms verleihen.