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Wirbel um Umzug der Brotfabrik Lieken  Wirbel um Umzug der Brotfabrik Lieken : Wittenberg kann sich freuen

07.11.2015, 10:45
Blick in die Produktion in der Lieken-Fabrik in Weißenfels
Blick in die Produktion in der Lieken-Fabrik in Weißenfels MZ/Archiv Lizenz

Wittenberg - Des einen Leid, des anderen Freud: Für die Lutherstadt war dieser 5. November ein überaus guter Tag. An diesem Donnerstag wurde bekannt, was Anfang Juni als zunächst nur sehr allgemein bestätigte Absicht bereits die Runde gemacht hatte: Die Brotfabrik Lieken plant ein Werk in Wittenberg, 255 Arbeitsplätze entstehen. „Das ist eine sehr gute Nachricht“, konnte Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos) noch am Abend im Hauptausschuss mitteilen und lobte dabei auch seine Verwaltung: „Wir haben extrem zuverlässig und sehr schnell reagiert“, sagte Zugehör mit Blick auf das Ansinnen des Investors und war damit auch schon bei SKW, den örtlichen Stickstoffwerken, denen die Neuansiedlung zu verdanken sei. Von dort war am Freitag zwar kein Statement zu bekommen, dafür aus dem Umkreis des Aufsichtsrats der Lieken-Gruppe, dem im Übrigen Rüdiger Geserick, Vorsitzender der Geschäftsführung von SKW, angehört. Geserick, heißt es, habe sich stark gemacht für den Standort Wittenberg. Hier habe Lieken gute Bedingungen vorgefunden. Es heißt auch: Wäre es nicht Wittenberg geworden, dann das Rhein-Main-Gebiet. Es gehe also nicht um ein Ringen zwischen Weißenfels und Wittenberg.

Entsetzen in Wittenberg groß

In Weißenfels, wo das Lieken-Werk geschlossen werden soll, ist unterdessen das Entsetzen groß. Während die lokale Politik zurückhaltend reagiert, kommt scharfe Kritik vom Landtagsabgeordneten Rüdiger Erben (SPD). Er sei entsetzt von der Entscheidung, schreibt er und greift Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) an, „der in Wittenberg wohnt“, die Ansiedlung lobe, aber zu den Arbeitsplatzverlusten in Weißenfels bislang kein Wort verloren habe. „Haseloff ist nicht nur Ministerpräsident von Wittenberg. Ich kann nicht verstehen, dass er einen solchen Arbeitsplatzabbau in Weißenfels auch noch bejubeln kann.“ Erben kritisiert zudem, dass der Prozess mit Steuergeld gefördert werde. Auch der stellvertretende Regierungssprecher des Landes, Reiner Metke, erklärt, dass Lieken damit geliebäugelt habe, sich in den alten Bundesländern anzusiedeln. Mit seiner Entscheidung für Sachsen-Anhalt sichere sich das Unternehmen Förderungen vom Land. In diesem Fall sollen es 11,25 Millionen Euro sein.

Die neue Produktionsstätte soll in Piesteritz errichtet werden - für 200 Millionen Euro. Wenn es keine Schwierigkeiten gibt, könnten Ende 2017 Brote und Backwaren in Wittenberg produziert werden.

SKW Piesteritz und die Lieken-Gruppe gehören beide zu Agrofert, einem tschechischen Unternehmen. Agrofert hatte Lieken 2013 übernommen. Eigner ist der Milliardär und tschechische Finanzminister Andrej Babis.

Haseloff habe von der Schließung in Weißenfels am Donnerstag noch nichts gewusst, sagt Metke. Der Ministerpräsident sei lediglich informiert gewesen, dass das Unternehmen in Deutschland neu bauen will. Entscheidungen über die Standorte treffe der Konzern selbst. In Weißenfels wäre nicht mehr investiert worden, weil das den Rahmen gesprengt hätte, so der Ministerpräsident in einer Pressemitteilung. - Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) sprach von einer „riesengroßen Sauerei“, wie mit den Mitarbeitern umgangen werde. (mz)