Weltmeisterschaft der Amateurfunker Weltmeisterschaft der Amateurfunker: Am Puls der Welt in Wittenberg

Wittenberg - Nein, räumt Günter Dähne ohne Umschweife ein, dies ist definitiv kein Frauenhobby. Eine - in Zahlen: 1 - Frau verstärkt die Reihen der Wittenberger Amateurfunker, seine eigene ist es nicht. In diesen Tagen schaut die (Fach-)Welt auf eine Tätigkeit, die Dähne und seine 17 Kollegen im Wittenberger Ortsverband des DARC (= Deutscher Amateur-Radio Club e. V.) sonst eher im Verborgenen ausüben - per Funk Kontakt aufzunehmen zu anderen Menschen in (gern) mehr oder weniger entfernten Gegenden unserer guten alten Erde.
Dähnes letzter eigener größerer Fang war übrigens ein gelungener Kontakt nach Argentinien, dort waren anlässlich der Fußball-WM Sonderstationen eingerichtet worden.
Fortgeschrittenes Alter
Nun, nach Deutschland ist inzwischen auch Argentinien Geschichte, was den Fußball angeht, aber egal, die Funker in der Region erwarten in dieser Woche ihre eigene WM. Dähne, Kassenwart des Wittenberger DARC-Ortsverbandes und gleichzeitig dessen Sprachrohr in die Öffentlichkeit, ist selbst in diese WM involviert, ebenso sein Vereinsvorsitzender Ralf Theunert.
Freilich beide nicht als Teilnehmer, wie er rasch abwehrt. Da lägen dann doch Welten zwischen dem kleinen Funkerverein der Lutherstadt und den 63 gemeldeten Teams, die am Donnerstag ihre Meisterschaft eröffnen und dann am Samstag in den Wettstreit eintreten. Allein die Altersstruktur seines Vereins, sagt Dähne, selbst Jahrgang 1957, mache diesen auf gar keinen Fall wettbewerbstauglich - die ältesten Mitglieder seien schon um die 80; mit „Mitte 30“ zähle allein der Vorsitzende zu den jungen.
Die Wettkämpfe selbst finden nicht in Wittenberg statt, sondern im Raum Jessen und im benachbarten Brandenburg. Mit dem Lutherhotel befindet sich in der Stadt jedoch das organisatorische Zentrum der Weltmeisterschaft. Dort wohnen auch die meisten Teilnehmer und Schiedsrichter. Auf dem Dach wurden eigens Antennen montiert, heißt es seitens des Veranstalters der WRCT 2018. Auch Eröffnung und Siegerehrung finden in Wittenberg statt.
Kontakt zu den Wittenberger Amateurfunkern kann man ganz konventionell per Mail aufnehmen über die geschützte Homepage https://www.darc.de.
Amateurfunker, berichtet Günter Dähne, gibt es in Wittenberg bereits seit Mitte der 1930er Jahre, wobei die Folgegeschichte über die Jahrzehnte als wechselhaft bezeichnet werden darf. Zu DDR-Zeiten war man Teil der „vormilitärisch angehauchten“ GST (Gesellschaft für Sport und Technik) und beim Gummiwerk ansässig, nach beider Auflösung bzw. Abwicklung und einer Zwischenphase begab man sich dann unters Dach des DARC.
Dähne selbst ist schon seit Schulzeiten, seit 1974, bei den organisierten Amateurfunkern dabei, die Faszination dabei seien - und das kann man wiederum als Technikmuffel und/oder Frau ganz leicht nachvollziehen - die Verbindungen in alle Welt.
Günter Dähne nutzt - von seinem Sendeplatz mitten in der Wittenberger Altstadt - übrigens das Morsealphabet und damit die Telegrafie, das sei eindeutiger (Stichwort lästiges Rauschen) und bringe bessere Erfolge. Und es stellt einen auch in die Tradition von Wilhelm Weber, dem berühmten Telegrafie-Pionier aus Wittenberg.
Wobei der Ortsverband selbstredend auch beim Reformationsjubiläum 2017 mit von der Partie war: 5000 Funkverbindungen in 92 Länder habe man im vergangenen Jahr unter dem eigens eingerichteten Sonderrufzeichen DR1517LU getätigt, verzeichnet die Chronik des Vereins, der sich bei dieser Gelegenheit auch äußerlich traditionsbewusst zeigte: „Eigens für dieses besondere Jubiläum verwendeten wir als QSL-Karte das einmalige Motiv des Altartuchs aus der Schlosskirche, welches Ihre Majestät Königin Margrethe II. von Dänemark selbst gestickt (hat) und der Schlosskirchengemeinde geschenkt worden war.“
Kann gut sein, dass Günter Dähne in den kommenden Tagen auch Auskunft geben wird über das reformationsgeschichtliche Erbe seiner Stadt. Er ist Mitglied des zehnköpfigen Helferteams, das ab Mitte der Woche im Lutherhotel zur Betreuung der WM-Teilnehmer stationiert ist.
„Wie beim Reformationsverein“, erinnert der Funker an die Leute in den roten Leibchen zur Weltausstellung 2017, trügen auch die Helfer T-Shirts, die sie auf einen Blick kenntlich machen - in Orange-Gelb, in diesem Fall.
Da die meisten Teilnehmer aus den USA und Russland kommen, habe er die zurückliegenden Monate seit seiner erfolgreichen Bewerbung als Helfer im Februar auch dazu genutzt, seine Sprachkenntnisse ein wenig aufzupolieren, sagt Günter Dähne. Keine Frage, eine WM in der eigenen Region ist auch ohne Teilnahme am Wettkampf ein Höhepunkt im Vereinsleben.
Das spielt sich abseits der jeweiligen stillen Kämmerlein übrigens an jedem dritten Freitag im Monat in Apollensdorf ab. In einer umgebauten Trafostation tauscht man sich etwa darüber aus, in welche Weltwinkel man es wieder geschafft hat, per Funk.
„Knackpunkt“ Prüfung
Freilich teilt der Wittenberger DARC-Ortsverband die Probleme vieler anderer Vereine: Der Altersdurchschnitt liege im Rentenalter, es fehle an Nachwuchs. Am notwendigen technischen Equipment, meint Dähne, dürfte es eher nicht liegen, mit 100 bis 200 Euro wäre man schon dabei - erst recht, wenn man ein Händchen hat für technische Frickeleien, wie er als Diplom-Ingenieur und Telekommunikationsfachmann.
Den „Knackpunkt“ sieht zumindest Günter Dähne woanders. Als Funker sei ja eine offizielle Prüfung abzulegen. Schafft nicht jeder. Ist wie bei der Fahrprüfung im Land. (mz)