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Nagelneu mit 500 Jahren Warum im mittelalterlichen Dorf an der Marina in Coswig ein kleiner Orientpalast entsteht

Bauherren denken sich Historie aus.

Von ANDREAS HÜBNER 13.11.2021, 11:30
Ein paar der Häuser sind bereits komplett fertiggestellt und auch das Drumherum wurde schon dekoriert. Das nagelneue und trotzdem schon 500 Jahre alte Dorf nimmt immer mehr Gestalt an.
Ein paar der Häuser sind bereits komplett fertiggestellt und auch das Drumherum wurde schon dekoriert. Das nagelneue und trotzdem schon 500 Jahre alte Dorf nimmt immer mehr Gestalt an. FotoS: THOMAS KLITZSCH

COSWIG/MZ - Eines der Häuser passt dort irgendwie überhaupt nicht rein! Während die insgesamt 17 Gebäude, die in Havenburg - dem mittelalterlichen Dorf, das künftig an der Marina Coswig als Feriendorf fungieren soll - derzeit entstehen, allesamt auf mittelalterlich getrimmt werden, mutet eines eher orientalisch an. „Tausend und eine Nacht“, benennt Nicole Krauthahn das Gebäude, „das wird sozusagen unsere Honeymoon-Suite.“

Und erzählt: Als vor etwa 500 Jahren ein Kreuzritter vor den Toren des kleinen Dorfes an der Coswiger Elbe auftauchte, trauten die Havenburger kaum ihren Augen. Es war gar nicht so sehr der Anblick des berittenen Kriegers, der jenseits der Stadtmauer stand und um Einlass bat, als dessen Begleitung, welche die Dorfbewohner erstaunte. Denn auf dem Pferd neben ihm saß eine echte Prinzessin. Die beiden Bittsteller befanden sich auf der Flucht, denn der Kreuzritter hatte sich auf einer seiner Reisen unsterblich in die Prinzessin verliebt.

Schon jetzt „untermauert“ Nicole Krauthahn mit lebhaften Geschichten.
Schon jetzt „untermauert“ Nicole Krauthahn mit lebhaften Geschichten.
Foto: Thomas Klitzsch

Vom Heimweh verfolgt

Obwohl erwidert, war diese Liebe freilich nicht standesgemäß und kam für die Familie der Braut überhaupt nicht in Frage, so dass der Kreuzritter seine Holde aus den Fängen ihres väterlichen Palastes entführt hatte. Das Paar fand Unterschlupf bei den grundsätzlich friedliebenden Bewohnern Havenburgs und nach nur kurzer Zeit entschieden die beiden, sich hier ganz niederzulassen. Die Prinzessin aber wurde bald schon von einem fürchterlichen Heimweh verfolgt, woraufhin der Ritter entschied, seiner Angebeteten einen eigenen kleinen Palast mit den für den Orient typischen Kuppeln zu bauen.

Deswegen steht nun - zirka 500 Jahre später - mitten in Havenburg an der Coswiger Elbe ein kleiner Orientpalast. „Eigentlich haben wir uns für jedes Gebäude und nahezu jedes kleine Detail eine solche Geschichte einfallen lassen“, verrät Krauthahn, die gemeinsam mit ihrem Gatten Ron schon seit vielen Jahren die Marina in Coswig betreibt.

Ferien in Havenburg sollen nicht nur in außergewöhnlicher Kulisse stattfinden, sondern zum Erlebnis für die ganze Familie werden. So planen die Unternehmer, die für dieses Projekt gemeinsam mit einem Leipziger Künstler eine GmbH gegründet haben, ein aktives Dorfleben zu präsentieren. „Es wird auf jeden Fall einen Stadtwächter geben“, kündigt Krauthahn an. Den können die Gäste der 52 Ferienwohnungen dann bei der Arbeit beobachten.

Die Bauarbeiter erweisen sich in ihrer Detailgenauigkeit alle als Künstler.
Die Bauarbeiter erweisen sich in ihrer Detailgenauigkeit alle als Künstler.
Foto: Klitzsch

Spannende Stadtführungen

Im Zentrum des etwa 6.000 Quadratmeter großen Areals wird auch ein Marktplatz entstehen. Belebte Marktstände, Feuerstellen und natürlich der für das Mittelalter obligatorische Galgen schweben den Bauherren neben anderen kleinen Highlights vor. „Es wird allabendlich spannende Stadtführungen geben“, spricht Krauthahn über eine weitere Idee. Insbesondere dafür denken sich alle Projektbeteiligten immer wieder solche Legenden und kleinen Episoden zu Havenburg aus.

Ein Fotobuch, in dem all diese Geschichten gesammelt werden, soll dann für die Feriengäste als Souvenir und Andenken erhältlich sein. Spätestens in diesem Buch erfahren die Urlauber auch, warum das Haus des Stadtwächters so aussieht, wie es aussieht. Denn irgendwie könnte leicht der Eindruck entstehen, dass bei dem zweigeschossigen Haus etwas nicht stimmt. Während der rechte Bereich und der obere Teil, in erster Linie mit Naturgestein errichtet, äußerst massiv erscheinen, mutet der restliche Anbau mit seinen Lehmmauern eher provisorisch an. Die Krauthahns haben sofort eine Erklärung parat. „Das war mal der Flaggenturm“, sagt sie, „also Teil der Stadtmauer.“ Diese aber wurde vor etwa 700 Jahren, als das Dorf größer wurde und sich immer mehr Handwerk und Anwohner in Havenburg ansiedelten, verlegt. „Die Männer der Stadtwache haben aus dem alten Turm dann ein Wohnhaus gemacht“, berichtet Krauthahn aus der fiktiven Dorfgeschichte.