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Vom Charme der weichen Konsonanten

Von Karina Blüthgen 05.05.2008, 16:26

Rotta/MZ. - Aber was hinten (und umso deutlicher vorn) ankam, war zum Brüllen komisch. Sächsische Märchen, Balladen und Witze von Lene Voigt und aus dem schier unerschöpflichen Volksmund unter dem Titel "Das Kaffeegespenst" ließen sich aus dem Munde der drei vernehmen. "Sächsisch war lange nicht beliebt bei den Funktionären der DDR", klärte Bernd Lutz Lange das Publikum auf. Egal, was man sagte, sie hatten "immer Angst, es könnte eine Parodie werden". Auch unter den Nazis war das Sächsische verpönt, denn "Sächsisch und Pathos schließen sich aus". Das ist eine Tatsache, und wer es bis dahin noch nicht wusste, konnte es in zwei vergnüglichen Stunden hautnah miterleben. Es war das Fest der "weechen Gonsonanden un breeten Vogale", um es mal knapp am Hochdeutschen vorbei geschrammt auszudrücken. Die drei Akteure zelebrierten dies genüsslich, egal ob Gaffee und Dorde oder Raubtiere in der Tasche - so genannte Taschentiecher, für Eilige auch Tempo-Taschentiecher.

Doch auch der schöne trockene Humor entzückte aufs Köstlichste. Vor allem Klassiker eignen sich offenbar besonders, um ins Sächsische übersetzt zu werden. Zum Beispiel: Was ist der Unterschied zwischen einem Teekessel und Othello? Antwort: "Im Teekessel siedet der Tee, im Othello teeded er sie." Politische Witze oder solche über Volkspolizisten kommen ebenfalls gut rüber. Am schönsten jedoch sind Märchen "off sächssch". Schön, wenn die drei Sachsen selbst noch über ihre Schnitzer lachen können oder den vergessenen Text so gekonnt kaschieren, als gehöre es zum Programm.

Manche der Scherze sind altbekannt, aber wenn Tom Pauls als Betrunkener ins Mikrofon säuselt und zischt, treibt es einem die Lachtränen in die Augen. Die absolute Steigerung war dann mit der Aufführung von Schneewittchen erreicht. Bernd Lutz Lange als Erzähler konnte sich kaum das Grinsen verkneifen. Immerhin, Gunther Böhnke als Schneewittchen (mit Bart), dass nach der Anprobe eines Büstenhalters "halb erwercht" in Ohnmacht fällt, und Tom Pauls als "Scheisaal" von Königin, die das arme Kind "mit'm Appel" vergiftet - das ist es, was auch Jahrzehnte später noch neben den gelungenen Intermezzi und Untermalungen des Rainer-Vothel-Trios im Gedächtnis bleibt. Kein Wunder, dass sich nach dem Programm so mancher heutige Sachsen-Anhalter aus dem Publikum begeistert als Sachse outete.

So strömten Erdmute Peuker nach der Veranstaltung des Fördervereins zur Kultur- und Denkmalpflege Rotta gemeinsam mit der Gemeinde zahlreiche Dankesworte entgegen, die sie wiederum als Dank an die Sponsoren weitergab. Letztlich mag man mit den Kabarettisten fühlen, die bedauernd meinten: "Schade, dass mir Sachsen keen Dialegt ham."