1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Virtuos und vielfältig in Wittenberg

Musik Virtuos und vielfältig in Wittenberg

Yevgen Shtepa gestaltet ein besonderes Konzert.

Von Boris Canje 26.10.2021, 15:00
Yevgen Shtepa im Malsaal der Cranach-Stiftung
Yevgen Shtepa im Malsaal der Cranach-Stiftung Foto: Boris Canje

Wittenberg/MZ - Aus einem Duo, das ein Konzert der Deutsch-Russländischen Gesellschaft mit Gitarre und Domra, ein mit der Balalaika verwandtes Instrument, gestalten sollte, wurde wegen eines Unfalls am Veranstaltungstag vorige Woche ein Soloauftritt. Der in Donezk (Ukraine) geborene Gitarrist Yevgen Shtepa gestaltete das Programm kurzerhand um und ließ es trotzdem zu einem musikalischen Höhepunkt werden. Das ist umso so höher einzuschätzen, als die Domraspielerin Lidia Sacharowa seine Frau ist.

Vor allem begeisterte der Gitarrist, der an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ebenso lehrt wie an einigen Musikschulen, mit seiner Virtuosität und musikalischen Vielfalt. Diese zeigte er schon im ersten Stück, der „Elegie“ (Klagelied) des österreichischen Komponisten und Gitarristen Johann Kaspar Mertz. Dabei arbeitete Yevgen Shetpa mit dem ganzen Körper, war ständig in Bewegung. Manchmal schloss er seine Augen und fand trotzdem den richtigen Ton. Dann wieder verfolgte sein Kopf die Wanderung seiner Finger auf dem Gitarrensteg. Die Konzentration war immer sichtbar, nur manchmal huschte ein kleines, kurzes Lächeln über sein Gesicht. Das war übrigens bei allen Musikstücken des einstündigen Konzertes zu beobachten.

Ähnlich war es bei den fünf Sätzen aus der „Cavantina“, einem instrumentalen Musikstück des polnisch-französischen Komponisten Alexandre Tansman, oder bei „Un tiempo fue Italica famosa“ des Spaniers Joaquin Rodrigo. „Ein klassisches Gitarrenkonzert ohne spanische Musik geht nicht“, kündigte er dieses Stück an.

Sein erster Gitarrenlehrer sei der Ukrainer Oleg Skirda gewesen, erfuhren die Besucher. Dieser komponierte auch und frönt dieser Leidenschaft bis heute. Von ihm bot Yevgen Shtepa zunächst „In den Herbst hinein“ an, ein Stück, in dem sich Leichtigkeit und Nachdenklichkeit abwechselten. Und als erste Zugabe dann ein Wiegenlied.

Yevgen Shtepa bewies, dass er nicht nur sein Instrument perfekt beherrscht, sondern auch komponieren kann. „Why not“ hieß eine Komposition. Darin verarbeitet er seine Überlegungen, wie ein moderner Gitarrist einen Blues spielen würde. Zum Abschluss überraschte er das Publikum im gut gefüllten Malsaal der Cranach-Stiftung mit einer Welturaufführung. Autobiografisches habe er in „Procrastination“, was Zögern oder Zaudern heißen könnte, verarbeitet und zeige damit auch, dass der Blues für ihn eine große Rolle spielt.

Es gab für den Künstler bei seinem ersten Auftritt in der Lutherstadt viel Beifall und natürlich Genesungswünsche an seine Frau. Und Yevgen Shtepa versprach, bei nächster Gelegenheit wiederzukommen, seine Frau mitzubringen und dann das geplante Repertoire zu spielen. Auch diese Ankündigung oder besser dieses Versprechen wurde begeistert aufgenommen.