Umwelt Umwelt: Nervengas im Licht
Schweinitz/Wittenberg/MZ. - Die Tage der guten alten Glühlampe sind gezählt, ab September sollen die letzten aus dem Handel verschwinden. Doch was als EU-Maßnahme gegen den Stromfresser gedacht ist, hat Nachteile: Denn die neuen Energiesparlampen können zum Gesundheitsrisiko werden. Hinzu kommt, dass sie noch viel zu oft im Hausmüll landen. Auch im Kreis Wittenberg nehmen nur wenige Händler die Sparlampen zurück.
"Energiesparlampen dürfen auf gar keinen Fall in den Hausmüll, weil sie giftiges Quecksilber enthalten", erklärt Viola Schweiger vom Fachdienst Abfallwirtschaft beim Landkreis Wittenberg. Deshalb sind sie auch als gefährlicher Abfall eingestuft und müssen gesondert behandelt und entsorgt werden. "Zwar sind die Lampen bei normalem Gebrauch völlig unbedenklich, doch wenn sie beschädigt werden, besteht ein erhöhtes Gesundheitsrisiko, weil dann giftige Gase austreten können", so Schweiger.
Wenn eine Lampe zerbricht
Immerhin: Jede Lampe enthält bis zu fünf Milligramm Quecksilber, das als Nervengift wirkt. Geht eine zu Bruch, verdampft das flüssige Schwermetall. Nicht umsonst gibt das Umweltbundesamt ausführliche Hinweise, was bei einer zerbrochenen Energiesparlampe zu tun ist. Unter anderem soll das Fenster weit geöffnet werden und man selbst den Raum verlassen. In der unmittelbaren Umgebung von Kindern und Schwangeren sollen die Leuchten ohnehin nur genutzt werden, wenn sie mit Kunststoff ummantelt sind.
Dennoch landen die Energiesparer noch zu oft im normalen Hausmüll. Nur etwa 37 Prozent der Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren sind 2010 fachgerecht entsorgt worden, heißt es beim Verband Deutsche Umwelthilfe. Im europäischen Vergleich steht Schweden wesentlich besser da, hier liegt die Quote bei fast 80 Prozent. Deshalb sollen die Rückgabemöglichkeiten auch in Deutschland deutlich verbessert und Händler zur Rücknahme verpflichtet werden, fordert der Verband.
Im Landkreis Wittenberg gibt es immerhin vier Annahmestellen und die mobile Schadstoffsammlung, die einmal jährlich in alle Orte des Kreises kommt. "Wir sammeln die Lampen und Leuchtstoffröhren in speziellen Behältern, wie es das Elektro- und Elektronikgeräte-Gesetz vorschreibt", sagt Benno Loff von der Kommunal- und Industrieentsorgung Jessen. "Um die Entsorgung kümmert sich ein Fachbetrieb." Verantwortlich für die Entsorgung ist der Landkreis Wittenberg, so Loff, "Wir sind da nur beauftragter Dritter."
Stoffe werden getrennt
Die Fracht kommt über Zwischenstationen zu Recyclingwerken. "Die Energieausbeute der Lampen ist zwar immens, aber wenn man sich die Bestandteile ansieht, sind sie nicht so umweltfreundlich wie immer suggeriert wird", sagt Michael Schneider vom Unternehmen Remondis, dem Entsorger in der Region Coswig. In Recyclingwerken werden die Lampen in ihre Einzelteile zerlegt.
Etwa 90 Prozent sind wiederverwertbar. "Beim Recycling fällt ein quecksilberhaltiges Pulver an, das auch Spurenelemente von wertvollen seltenen Erden enthält, außerdem Glas sowie etwas Kunststoff und Aluminium", so Schneider. Das quecksilberhaltige Leuchtstoffpulver wird mangels technischer und wirtschaftlicher Verfahren auch in Deponien unter Tage zum Beispiel in Salzbergwerken eingelagert.
Eine flächendeckende - im Übrigen für die Bürger völlig kostenfreie, wie Benno Loff anmerkt - Entsorgung der schadstoffhaltigen Leuchtmittel über den Handel, der derzeit nicht zur Rücknahme verpflichtet ist, gestaltet sich schwierig, weil Discounter Bedenken haben: Man sehe eine Gefahr durch gebrochene Lampen in der Nähe zu Lebensmitteln, heißt es. Die sieht Roland Höhne, Inhaber der beiden Edeka-Märkte in Annaburg und Jessen nicht. "Wir nehmen die Lampen auch zurück. Aber sie sind der Erste, der danach fragt", meinte er zum MZ-Redakteur.