Soziales Umfassende Unterstützung für Reso-Witt in Wittenberg
Den Wittenberger Verein Reso-Witt gibt es seit 30 Jahren. Aus zwölf Resozialisierungshelfern sind 45 Mitarbeiter und ein breites Angebot geworden.

Wittenberg - Reso-Witt ist groß geworden. Der Verein, der am 4. Juni 1991, also vor 30 Jahren gegründet wurde, kümmert sich inzwischen um ein weit umfangreicheres Aufgabenspektrum als zu Beginn. Die Abkürzung rührt her von „Resozialisierung gefährdeter und straffälliger Mitbürger in Wittenberg“. Das sind die Wurzeln und das ist immer noch der Kern des Wirkens.
Nur eben jetzt deutlich umfassender. Aus zwölf Frauen, die 1991 als Resozialisierungshelferinnen an den Start gingen - finanziert, wie so vieles damals, über eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, sind 45 Mitarbeiter geworden.
Seit 30 Jahren dabei
Eine, die über die Entwicklung des Vereins eine Menge berichten kann, ist Cornelia Freygang. Sie ist seit 30 Jahren dabei, die letzte aus der Riege der Gründungsmitglieder, die noch beruflich bei Reso-Witt aktiv ist. Seit 15 Jahren fungiert sie als geschäftsführende Vorstandsvorsitzende. Sie erinnert sich noch gut an Engelbert Pennekamp, der damals das Sozialamt in Wittenberg leitete und maßgeblich daran beteiligt war, diese in Sachsen-Anhalt einmalige Initiative zum Laufen zu bringen. Kooperationspartner waren neben dem Sozialamt das Justizministerium, das Kreisgericht Wittenberg und die Bewährungshilfe aus Braunschweig.
„Wir waren sehr motiviert und manches ging damals auch ein bisschen leichter als heute.“ Zum Beispiel die Beschaffung von vier VW Polo als Dienstfahrzeuge über ABM-Sachmittel: „Wir sind mit den roten Flitzern nach Winsen gefahren, zum Erfahrungsaustausch, zum Lernen.“ Es galt, sich an die neue Gesetzgebung heranzutasten, sich zum Beispiel mit Bewährungs- und Straffälligenhilfe zu befassen. „Da war natürlich auch reichlich Selbststudium nötig.“
Keine Wohnung, kein Job
Zunächst ging es insbesondere um Straffällige, die aus der Haft entlassen wurden - und nicht selten in ein Loch fielen. Keine Wohnung, kein Job, kein soziales Umfeld, keine Erfahrungen im Umgang mit den Behörden. Und ein Systemwechsel obendrein.
Relativ schnell entstand die Idee, ein Projekt „Betreutes Wohnen für Haftentlassene“ aufzubauen. Zunächst in Containern auf dem Hof des Vereinsdomizils in der Großen Bruchstraße, später im Bauernhof nebenan. Es entstand das Projekt „Ypsilon“, das es nach wie vor gibt. Ein großer Einschnitt war ein mutwillig gelegter Brand Mitte der 1990er Jahre: „Damals hatte ich ans Aufhören gedacht.“ Das hat Cornelia Freygang nicht getan, was sie heute freut. Reso-Witt sei zweifellos eine Erfolgsgeschichte: „Und ich bin immer gerne dabei gewesen. Das ist nicht nur ein Job. Das ist eine Berufung. Allerdings hatte ich anfangs nicht gedacht, hier 30 Jahre tätig sein zu können.“
Dass Reso-Witt lange durchgehalten hat und gut dasteht, hat nicht zuletzt mit der stetigen Weiterentwicklung zu tun. „So wie sich die Gesellschaft entwickelt hat, haben wir unser Konzept entwickelt.“ Weil etwa schnell klar wurde, dass nicht nur die Straffälligen Unterstützung benötigen, sondern auch ihre Familien, ihre Kinder, ist auch dieser Bereich in den Blick gekommen.
Inzwischen gibt es mehrere Fachbereiche bei Reso-Witt. Da sind etwa die Hilfen zur Erziehung mit den Rubriken Familienhilfe, Erziehungsbeistand, begleitete Umgänge oder Integrationshilfe. Der Verein widmet sich der Schulsozialarbeit - mit drei Schulsozialarbeitern, die im Berufsschulzentrum, in der Förderschule Gräfenhainichen und in der Heine-Schule in Reinsdorf eingesetzt sind. Der Jugendclub in Vockerode wird überdies betreut.
Und dann ist da eben das Haus „Ypsilon“, das den Start in ein straffreies Leben mit einem möglichst stabilen Umfeld erleichtern soll. 18 Plätze sind im Angebot, auch für Obdachlose. Stets wird ein Hilfeplan entwickelt, bei Bedarf gibt es psychosoziale Begleitung. Und weil oft Strukturen verloren gegangen sind, wird auch daran gearbeitet. Die Bewohner helfen etwa in einer Holzwerkstatt, bei Grünflächenpflege und der Instandhaltung des Hauses. „Grundvoraussetzung ist“, so Freygang, „dass sie wollen.“ Bei etwa 80 Prozent sei das so. Die Gefahr, in alte Muster zurückzufallen, bestehe dennoch.
Auch Hilfe für Opfer
Schließlich gibt es bei Reso-Witt noch den Bereich der freien Straffälligenhilfe. Dazu gehören Opferhilfe und Täter-Opfer-Ausgleich bei Jugendlichen sowie Erwachsenen. Im besten Falle stehe am Ende Wiedergutmachung, was bei Jugendlichen im Übrigen besser funktioniere. Auch eine Beratungsstelle für straffällig gewordene oder gefährdete Menschen gibt es unter dem Dach des Vereins. Es geht um Haftentlassene, die über ein soziales Umfeld verfügen, um die Vorbereitung der Entlassung und die Vermittlung gemeinnütziger Arbeit.
Schließlich ist da noch ein anderes Thema. Reso-Witt ist, gefördert durch die Kommune, Träger einer Fahrradwerkstatt im (Alt-) Neubaugebiet. Zwei ehrenamtlich Beschäftigte reparieren dort Räder für Menschen, die sich einen Profi für ihr Rad nicht leisten können. (mz)