Umbau Umbau : Sachlichkeit mit Charme

Apollensdorf - „Wir sind jetzt ein gutes Jahr am Bauen“, sagt Stefan Pfeiffer, und die gelbe Klinkerfassade strahlt wie zur Bestätigung im Sonnenschein. Der Architekt ist Bauherr eines der markantesten Objekte in Apollensdorf. Seit Frühjahr 2018 ist der Dornröschenschlaf der einstigen Schule beendet.
In dem Haus, in dem einst Kinder lernten, entstehen 27 altengerechte Wohnungen. Zwischen 60 und 150 Quadratmeter werden sie groß sein, jeweils zwei bis drei Zimmer haben und einen Blick auf das „charmante Grundstück“ eröffnen. „Das ist eine tolle Wohnform“, schwärmt Pfeiffer. „Jemand, der zuletzt allein gelebt hat, findet hier schnell wieder Anschluss. So können sich Bekanntschaften bilden.“
Über die Investitionssumme lässt der Bauherr, der das Grundstück vor einigen Jahren gekauft hat und sich mit Ehefrau Anke in Vollzeit um den Baufortgang kümmert, nichts verlauten. Aber fast 20 Jahre Leerstand hatten an dem Gebäude sichtbar ihre Spuren hinterlassen. Inzwischen sind Dach und Fenster erneuert sowie Vorbereitungen für den Anbau eines Fahrstuhls getroffen. „Alles in enger Absprache mit der unteren und oberen Denkmalbehörde“, betont der 46-jährige Apollensdorfer.
Fit für neue Anforderungen
Dazu gehörte auch die Ertüchtigung der Decken im Zuge der Umsetzung des Brandschutzkonzeptes. Nicht zu vergessen die Statik. „Wir haben viele Stahlträger in die Holzdecken eingezogen“, so Stefan Pfeiffer. Das Dachgeschoss, wo einst Lehrerwohnungen waren, ist komplett entkernt worden. Die Planung des Gebäudes liegt in den Händen von Christoph Lück vom Büro „bc Architekten“. „Das ist schon etwas Besonderes. Es ist uns nicht immer vergönnt, Gebäude vorzufinden, die man auch erhalten kann“, sagt er.
Wo sonst Handwerker arbeiten, werfen am Mittwoch Fachleute mit einem ganz anderen Verständnis einen Blick auf das Äußere und Innere. Etliche Mitglieder der Vereinigung
für Denkmalpflege aus ganz Deutschland, die mehrere Tage in Halle zusammenkommen, machen auf ihrer Busexkursion Halt in Apollensdorf. Ihr Tagungsmotto lautet: „Denkmale der Moderne“.
Mario Titze vom Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege Sachsen-Anhalt erläutert den Kollegen die Besonderheiten des 1933 eingeweihten Gebäudes in Apollensdorf, das in den 1990er Jahren Denkmal wurde. Er verweist auf das Dach und die Fassadenaufteilung im Stil neuer Sachlichkeit. Ob damals schon glasierte Dachziegel drauf waren, will einer aus der Runde wissen. Ja, heißt es. Das Dach ist gedeckt nach dem Vorbild der originalen Ziegel.
Mehr zur Geschichte weiß Ortschronist Andreas Keller. Er hat für die fachkundigen Gäste eine kleine Chronik des Hauses zusammengestellt und in den Flur gehängt. „In der Schul- und der Kirchenchronik gibt es erste Erwähnungen einer Schule“, weiß er. Diese hier, an der noch vor wenigen Jahren der Name „Willy Lohmann“ prangte, war am 2. Mai 1933 eingeweiht worden. Ein Jahr Bauzeit und knapp 100 000 Mark Baukosten waren dafür notwendig.
Opfer des Strukturwandels
Das war aber erst der vordere Bau, anfangs wurden hier 139 Kinder in drei Klassen unterrichtet. 1937 wurde die erste Erweiterung in Betrieb genommen, 1979 erfolgte ein weiterer Anbau. Im Jahr 2000 war Schluss mit dem Unterricht. „Das Haus wurde ein Opfer des Strukturwandels nach der Wende“, so Stefan Pfeiffer.
Noch in diesem Jahr sollen die ersten Wohnungen im vorderen Teil des Komplexes bezugsfertig sein. Mit dem Bau der Wohnungen ist aber nicht Schluss. „Ich gehe davon aus, dass wir im Wintergarten eine Art Begegnungsstätte mit einen Café einrichten werden, das für Besucher von außerhalb geöffnet sein wird“, blickt Pfeiffer in die Zukunft. (mz)