Theater in der Klosterkirche Theater in der Klosterkirche: Sprünge durch die Zeit

Wittenberg - Ob Georg von Hirschfeld tatsächlich höchstpersönlich mit schepperndem Eimer über das Ausgrabungsgelände im früheren Franziskanerkloster gelaufen ist? Der Regierungsrat, in seiner Freizeit Archäologe und Forscher, hatte ein Faible für die Askanier, die einst Wittenberg und Umgebung regierten.
Dass er aber dem Geist von Helena, der Stifterin des Franziskanerklosters begegnet ist und diesen mit den Worten „Gnädige Frau, kann ich Ihnen behilflich sein“ begrüßt hat, ist künstlerische Freiheit.
Zahlreiche Verbindungen
Kunst macht möglich, was das reale Leben nicht zulässt: Es begegnen sich Personen, die in verschiedenen Jahrhunderten lebten. „Aufstieg und Ende - die Geschichte der Askanier“ ermöglicht Zeitsprünge über 650 Jahre hinweg. Und alles rund um einen Ort, der einstigen Kirche des Franziskanerklosters, in die am Donnerstagabend 75 Besucher gekommen sind. Sie sind neugierig - auf viele geschichtliche Fakten und auf das, was sie verbindet.
Es geht schon sehr dramatisch zu, als ein Mönch (Markus Schuliers) erklärt, dass nachts in diesem Gemäuer merkwürdige Dinge passieren. Wenig später trifft Helena (Christiane Dalichow) auf den Forscher Hirschfeld (René Lenz) und befragt ihn über das Schicksal des Klosters.
Schließlich hat sie es Mitte des 13. Jahrhunderts errichten lassen. Das Publikum erlebt die eindringlichen Schilderungen von Hirschfeld mit, der von Kriegen und den verschiedenen Nutzungen des Klosters berichtet.
Dass er in seinem Eifer, die Askanier in die Schlosskirche umzubetten, Kurfürst Rudolf II. nicht gefunden hat, hatte der reale Georg von Hirschfeld nicht erfahren. Auch die Entdeckung einer Alchemistenwerkstatt im Boden dessen, was später Arsenalplatz genannt wird, hat er verpasst.
Faust (Mike Beulich) höchstpersönlich erscheint in der Kirche und verteidigt sein forschendes Wirken, bei dem es zuweilen stinkt, „dass man glaube, es furzten tausend Teufel“. Er forsche am Stein der Weisen. „Es will mir nicht gelingen, aber ich bin nah dran.“
Die Zuschauer sind zufrieden, haben sich mit der lockeren Form einer Geschichtsstunde mit sehr vielen Zahlen anfreunden können. „Interessant“ ist das häufig gebrauchte Wort, um die Eindrücke zu beschreiben. Manch einer nutzt die Gelegenheit, sich die wunderbare Ausstellung der Klosterkirche anzusehen, eben deshalb blieb am Ende der auf eine Stunde angesetzten Vorstellung noch etwas Zeit.
Es ist nicht die erste Aufführung dieses Stücks. „Wir haben es zur letzten Erlebnisnacht schon einmal aufgeführt und diesmal etwas erweitert“, erklärt Christiane Dalichow. Faust ist neu dazu gekommen. Im nächsten Jahr soll „Aufstieg und Ende - die Geschichte der Askanier“ wieder zur Erlebnisnacht zu sehen sein, dann wiederum um eine geschichtliche Figur ergänzt.
Das sei dann schon eine geballte Ladung Geschichte, die am historischen Ort der einstigen Klosterkirche zu sehen ist.
Askanier bekannter machen
Dass die Aufführung genau hier auf dem Areal der einstigen Klosterkirche, die Grablege der Askanier war, stattfindet, hat einen einfachen Grund. Das Haus mit der Ausstellung um die Askanier, also die wichtige Vorgeschichte zu den Wettinern, zu Luther und Reformation, werde noch immer nicht so gut angenommen wie erhofft.
„Darum wollen wir den Ort und damit die spannende Geschichte mehr in den Fokus rücken“, betont Dalichow. Das Interesse an der Ausstellung bei etlichen Zuschauern geweckt zu haben, ist der beste Beweis dafür, dass es gelingen kann. (mz)