Tag der Architektur Tag der Architektur : Neue Villa Ziemsen bietet Räume für Familien

Wittenberg - Zugegeben, eine Villa stellt man sich anders vor. Ein Reihenhaus ebenso. Und doch vereint der 2019 fertiggestellte Gebäudekomplex an der Ecke Melanchthon- und Puschkinstraße in Wittenberg beides. Es ist die „neue Villa Ziemsen“, die hier entstanden ist, und die fünf Hausnummern zeigen, dass es eigentlich fünf Häuser sind, deren Grundrisse nur nicht klassisch angereiht sind.
Das Interesse ist riesig, bereits nach zwei Stunden haben über hundert Neugierige an den Führungen teilgenommen. Joachim Deckert und Rainer Mester, die beiden Architekten, sowie Bauleiter Matthias Stäbler aus Wittenberg haben gut zu tun an diesem Sonnabend. Es ist Tag der Architektur, da darf, ja muss man zeigen, was Architektur kann.
Großes Interesse
„Es kommen wirklich viele Leute. Wir dachten, wir sitzen die meiste Zeit allein hier“, ist Joachim Deckert erstaunt über den steten Besucherstrom trotz Lufttemperaturen von über 30 Grad im Schatten. Schnell hat sich das nächste Grüppchen gebildet.
Die alte Villa Ziemsen kennt kaum jemand von innen. „Schade, aber nach 20 Jahren Leerstand war das Haus nicht mehr zu retten“, bedauert der Architekt.
Es sind, betont Deckert, Häuser für Familien entstanden. 135 Quadratmeter groß ist jede Wohnung, die sich über das Erdgeschoss und zwei Obergeschosse erstreckt. Die Treppen sind das erste, was die Tagesgäste bemerken. Sie finde die Wohnung gut, meint eine Frau.
„Aber wenn man für immer einzieht, sind die Treppen sicher irgendwann ein Problem.“ „Irgendwann kommst du nicht mehr ganz nach oben“, bestätigt ein Mann. Für junge Leute sei das aber sicher in Ordnung, so die meisten.
Die Neugierigen dürfen sich jeden Raum ansehen. Im Erdgeschoss gibt es eine Wohnküche mit Zugang zur Terrasse und dem Garten. „Wir hätten gern die Küche mit eingebaut, haben es aber auf Empfehlung des Maklers gelassen“, so der Architekt. Zudem gibt es ein kleines Duschbad. Ein größeres Bad befindet sich im ersten Obergeschoss, inklusive zweier größerer Räume.
Ausgelegt sind die Räume mit Eichenparkett ohne Fußleiste. „Da liegt nur Staub drauf“, meint Deckert. Stattdessen haben die Wände unten einen Lackanstrich als Schutz. Auch Fensterbänke fehlen.
„Je weniger das Gebäude vorgibt, desto mehr kann man individuell gestalten“, so der Fachmann. Das Bad hat kein Fenster, aber einen Lichtschacht. „Wenn man da mal eine Spinnwebe entfernen muss...“, ulkt eine Besucherin. Joachim Deckert bestätigt, dass es nicht ganz einfach ist. „Wir hatten auch unsere Schwierigkeiten beim Streichen.“
Grün mit Spielplatz
Ganz oben gibt es neben den zwei Räumen eine Dachterrasse mit Blick ins parkähnliche Grüne. Der Garten unterteilt sich in kleine individuelle Bereiche für jede der fünf Mietparteien und einen größeren Gemeinschaftsgarten, inklusive Spielecke mit Sandkasten für die Kinder.
Der Treppenaufgang wird gleichzeitig für Schränke genutzt. Auf jeder Ebene sind sie an der Wand eingebaut, das bietet Stauraum, gefällt aber nicht jedem der Besucher des Tages.
Und was sei mit dem Keller? Deckert erfüllt auch den Wunsch und steigt hinab, wo ein kleinerer Raum für Waschmaschine und Co bereit steht. Der größere kann ganz nach Belieben gestaltet werden: Hausbar oder Hobbyraum oder ganz was anderes.
Da wird den Mietern schon etwas einfallen. Denn die gibt es schon, alle fünf Häuser seien bereits belegt, so der Architekt. Der Preis sei moderat, 8,70 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete. Für den Preis ist nun mal kein Fahrstuhl drin.
Faszinierende Statik
Garagen gibt es nicht, Autos werden vor dem Haus unter den hervorkragenden Elementen abgestellt, die keine Stützen haben. Was erahnen lässt, was der Statiker gerechnet haben muss. Die Frage nach altengerechten Wohnungen kann Deckert auch beantworten.
Schräg gegenüber in der Puschkinstraße sollen entsprechende Wohnungen entstehen. „Da müssen Sie sich aber noch einige Jahre gedulden“, vertröstet er die Fragesteller. (mz)


