Straßenbau bei Griebo Straßenbau bei Griebo: Alles auf Anfang für die Umgehungsstraße

Coswig/Wittenberg - Der Bund hat neu gerechnet und das Ergebnis wird in Coswig niemanden erfreuen: Es bedeutet, dass die seit mehr als einem Vierteljahrhundert ersehnte Ortsumgehung noch einmal in weitere Ferne rückt.
Die Gründe für diese niederschmetternde Nachricht, die am gestrigen Donnerstag auch den Vertretern der Stadtverwaltungen Coswig und Wittenberg überbracht wurde, erläuterte Uwe Langkammer, Präsident der Landesstraßenbaubehörde (LSBB) Sachsen-Anhalt, am Standort des zuständigen Regionalbereichs Ost seiner Behörde in Dessau.
Weil B6n nicht länger wird
Alleinige Ursache der neuen Planungsaufwüchse für dieses Vorhaben sei eine Entscheidung des Bundesverkehrsministeriums über die Nichtverlängerung der B 6 östlich der Bundesautobahn 9. Dieses Vorhaben wurde aus dem aktuellen Bundesverkehrswegeplan 2030 geworfen, mit schwerwiegenden Folgen. Die Streichung von der Dringlichkeitsliste führt dazu, dass sich der Straßenverkehr der Zukunft seinen Weg auf anderen Strecken suchen wird: Ein Großteil entfällt dabei auf die B 187 ab der Anschlussstelle Coswig in Richtung Osten.
Diese Erkenntnis, so Langkammer, beruht auf einer Zielnetzprognose des Bundes, die unter Berücksichtigung aller Projekte im Bundesverkehrswegeplan durchgeführt wurde. „Das hat deutliche Auswirkungen auf die Gesamtbetrachtung der B 187“, so der LSBB-Präsident. War man bislang für die Ortsumgehungen in Coswig und Griebo von einem täglichen Verkehrsaufkommen zwischen 5000 und 10000 Fahrzeuge ausgegangen, so nennt die Zielprognose 13500 Autos und Lkw. Ein gutes Drittel mehr als angenommen. Dieser prognostizierte Zuwachs sei mit zweistreifigen Fahrbahnen, die lediglich an Knotenpunkten eine dritte Abbiegespur aufweisen, nicht regulierbar. „Wir müssen im Prinzip alle Planungen auf Anfang zurücksetzen, um diesem Tatbestand Rechnung zu tragen“, sagte Langkammer, der selbst wenig begeistert von der neuen Situation ist.
Noch größer dürfte der Frust im Regionalbereich Ost selbst sein, wo die Kollegen von Bereichsleiter Oliver Grafe schon seit Jahren mit den Planungen für die Ortsumgehungen beschäftigt sind. „Die Mitarbeiter hier sind nicht erfreut und wollten das Projekt eigentlich mal zum Abschluss bringen“, meinte Grafe.
Man sei kurz davor gewesen, den Antrag für das Planfeststellungsverfahren beim Landesverwaltungsamt einzureichen. Nun falle man aus der Genehmigungsplanung wieder in die Entwurfsplanung. Das bedeutet, dass das Konvolut an Papieren erst in rund vier Jahren eingereicht werden kann. Die Genehmigungsphase und Offenlegung der Pläne würden etwa zwei Jahre dauern – je nachdem, wie viele Klagen gegen das Vorhaben eingereicht werden. Gut anderthalb Jahre sei mit Bauvorbereitungen zu rechnen. Bei einer prognostizierten Bauzeit von drei bis vier Jahren endet man dann um das Jahr 2032 mit der Fertigstellung. Bislang war man von etwa 2027 ausgegangen.
Auch Brücken betroffen
„Ich will den Abschluss noch erleben. Und wenn ich das Band mit zittriger Hand durchschneiden muss“, gibt sich Oliver Grafe trotzdem entschlossen. Bei den bisherigen Planungen für die Ortsumgehung Coswig-Griebo – sie wird nun in einem Planfeststellungsverfahren zusammengefasst – habe man zwar eine Reserve mit Blick auf die Zahlen der Straßennutzer eingebaut, das deutliche Mehr aus der bindenden Prognose des Bundes habe dann aber doch überrascht. Vor allem im Übergangsbereich zwischen Coswig und Griebo muss demnach neu geplant werden. Die größeren Dimensionen wirken sich letztlich nicht nur in der Straßenbreite, sondern auch bei Brückenbauwerken und Amphibiendurchlässen aus.
Grafe und sein Chef Langkammer versuchten gestern den misslichen Nachrichten vom Bund trotzdem noch gute Seiten abzugewinnen. So sei man froh darüber, noch nicht in der Genehmigungsphase gewesen zu sein. „Mit den neuen Planungen haben wir ein ruhiges Gewissen und sind mit der Anlage auf die Zukunft eingestellt“, so Uwe Langkammer.
Sehr viel geringer wirke sich die Zielnetzprognose auf die Wittenberger Nordumfahrung aus. Für diese befindet man sich ohnehin erst in der Entwurfsplanung. Mit einem Jahr Zeitverzögerung rechnen die Fachleute hier, womit beide Ortsumgehungen nahezu zeitgleich fertig werden könnten.
Nur knapp zwölf Kilometer
Der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 ist das wichtigste Instrument der Verkehrsinfrastrukturplanung des Bundes für die kommenden zehn bis 15 Jahre.
Die Vorhaben darin wurden einer Nutzen-Kosten-Analyse unterzogen und zusätzlich umwelt- und naturschutzfachlich, raumordnerisch und städtebaulich beurteilt. Auf dieser Basis wurden sie in verschiedene Dringlichkeitskategorien eingruppiert. Die Ortsumgehung Coswig-Griebo ist demnach dringend notwendig. Die Umgehung misst etwa 11,5 Kilometer. Sie beginnt am Buroer Feld, führt nördlich über das Coswiger Flämingbad und Griebo und stößt etwas unterhalb vom Apollensberg wieder auf die B 187.
(mz)