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Stadtentwicklung in Wittenberg Stadtentwicklung in Wittenberg: Cranach-Haus ist Kleinod im Zentrum

Von Corinna Nitz 16.05.2018, 11:45
Eva Löber von der Cranach-Stiftung: Am 6. Juni soll an die Fertigestellung des Cranach-Hauses Markt 4 vor 20 Jahren in Wittenberg erinnert werden.
Eva Löber von der Cranach-Stiftung: Am 6. Juni soll an die Fertigestellung des Cranach-Hauses Markt 4 vor 20 Jahren in Wittenberg erinnert werden. Klitzsch

Wittenberg - Mancher behauptet, Schlagermund tut Wahrheit kund. Eine diesbezügliche Empfehlung lautet, man soll die Feste feiern, wie sie fallen. Nun fällt der 6. Juni des Jahres 2018 ausgerechnet auf den Mittwoch vor dem Stadtfest „Luthers Hochzeit“, aber bei der Cranach-Stiftung Wittenberg versammelt man gleichwohl eine größere Gesellschaft zu einem „Hausfest“.

Zu feiern gibt es nicht weniger als die Fertigstellung des ersten (!) Bauabschnittes der Großbaustelle Cranach-Höfe vor 20 Jahren. Denn (aber das nur nebenbei) lange bevor Reformationskultstätten wie etwa Schloss- oder Stadtkirche saniert worden sind, ging es in der Lutherstadt schon um die Wiederherstellung der Immobilien, die einst den Cranach-Malern gehörten.

Wachgeküsst

Selbstverständlich war das nicht und es ist wohl nicht übertrieben, von einem Dornröschenschlaf zu sprechen, wenn von den Cranach-Häusern und -Höfen die Rede ist. Dass die zuletzt zu DDR-Zeiten endgültig heruntergekommenen Gebäude, um noch kurz bei Dornröschen zu bleiben, wachgeküsst wurden, war zunächst dem Engagement einer Bürgerinitiative zu danken und schließlich auch weitsichtigen Kommunalpolitikern.

Ein solcher ist Wittenbergs Bürgermeister Jochen Kirchner. Der war damals noch in einem kommunalen Planungsbüro tätig. „Aber er hat die Augen geöffnet auch für die Kostbarkeit des Cranach-Hofes Markt 4.“ Allzu gerne lag der Fokus wohl auf dem Ensemble Schlossstraße 1.

Untrennbar ist indes der Name Eva Löber mit den Cranach-Höfen verbunden, irgendwann wurde sie in der Außenwahrnehmung so etwas wie deren Gesicht. Aber wenn sich die inzwischen 68-jährige Kunst- und Kulturenthusiastin an die Rettung der Höfe erinnert, hat sie immer das Ganze im Blick und all jene, die ebenfalls fanden, dass, wie es hieß, wo Häuser verwahrlosen, auch Menschen verkommen.

Die Cranach-Stiftung tritt im öffentlichen Leben der Stadt an vielen Stellen in Erscheinung. Zu den regelmäßigen Angeboten gehören Kurse in der hauseigenen Malschule ebenso wie Kunstausstellungen. Bereits am 1. Juni wird die nächste Sonderschau am Markt 4 eröffnet. Unter dem Titel „Cranach und seine Kopisten“ werden Aspekte der Rezeptionsgeschichte beleuchtet. „Fake News, alternative Wahrheiten - das sind keine Phänomene, die erst im 21. Jahrhundert aufgetreten sind“, heißt es auf Seiten der Stiftung, die u. a. historische Cranach-Fälschungen zeigt.

Bei www.cranach-stiftung.de sind mehr Infos online abrufbar.

Sie haben sich nicht gescheut, noch zu DDR-Zeiten den Verfall der Innenstädte zu kritisieren. Sie brachen später zu Arbeitseinsätzen auf und haben mit Aktionen auf ihr Anliegen aufmerksam gemacht. Oder in Kirchen Unterschriften gesammelt - in der Hoffnung auch, dass sich viele Unterzeichner aktiv einbringen würden.

Als entscheidenden Schritt zur späteren Rettung bezeichnet Löber einen Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 1991 über den Ankauf der Gebäude. Die Kosten dafür beziffert sie auf 800.000 D-Mark für Markt 4 und 4,2 Millionen für die Schlossstraße 1. Nach Jahren als Verein gründete sich schließlich 1994 die Cranach-Stiftung. Von 1995 bis 1998 erfolgte die Sanierung des Cranach-Hauses Markt 4. Dass in dieser Zeit „Gegenwind“ in der Stadt aufkam, auch daran erinnert sich Löber noch gut.

Sie führt das vor allem „auf alte Strukturen“ zurück - und zieht es ansonsten vor, die Dinge ruhen zu lassen. So viel lässt sich sagen beim Blick zurück: Die Freunde der Cranach-Höfe haben in den Ruinen ein verborgenes Juwel gesehen und das mussten sie den Skeptikern erst mal vermitteln.

Anders gesagt: „Man brauchte Geduld und Fantasie.“ - Und Geld! 3,94 Millionen Euro flossen am Markt in die Sanierung des Vordergebäudes, es habe eine gute Kooperation zwischen Stadt, Denkmalpflege und der Architektin Mara Pinardi gegeben. Über sie sagt Löber, „sie hat sich mit großem Anspruch durchgesetzt und dem Gebäude Respekt erwiesen“.

Kunst, Kommerz, Kommune

Dessen Eröffnung am 6. Juni 1998 zog auch Prominenz in die Stadt. Neben anderen befanden sich der einstige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (1927 bis 2016), der damalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland Manfred Kock und der 2015 verstorbene Herausgeber der Mitteldeutschen Zeitung Alfred Neven DuMont unter den Gästen.

Angesichts des Sanierungs- und Restaurierungsergebnisses war in der MZ von einem „Zentrum“ die Rede, das dem von Cranach gelebten Ideal von „Kunst, Kommerz und Kommune“ neue Impulse zu geben vermag. Und über das bürgerschaftliche Engagement hieß es, es solle künftig neues Leben in alte Mauern bringen.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Finanziell sind sie bei der Stiftung nicht unbedingt auf Rosen gebettet; ohne die vielen Frauen und Männer, die in ihrer Freizeit etwa das Cranach-Lädchen am Laufen halten oder ehrenamtlich Aufsicht in der Galerie führen, sähe es ganz schön trübe aus. Ihnen ganz besonders sei auch das Hausfest am 6. Juni 2018 gewidmet, wenn an die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts von 1998 erinnert wird. Als Dankeschön sollen sie Löber zufolge eine „dauerhafte Eintrittskarte“ erhalten.

(mz)

Das Cranach-Haus Markt 4 in Wittenberg beherbergt unter anderem eine Dauerausstellung. Auf dem rückseitigen Hof betreiben Künstler ihre Ateliers.
Das Cranach-Haus Markt 4 in Wittenberg beherbergt unter anderem eine Dauerausstellung. Auf dem rückseitigen Hof betreiben Künstler ihre Ateliers.
Klitzsch