SPD-Politiker Arne Lietz SPD-Politiker Arne Lietz: Nach der Wahl ohne Job

Wittenberg - Politik kann brutal sein. Bei den Sozialdemokraten ist das derzeit besonders deutlich zu beobachten. Parteichefin Andrea Nahles wirft hin, bei der Europawahl landet die stolze Partei deutlich hinter den Grünen, was eben auch bedeutet, dass zahlreiche Mandate verloren gehen. Nur noch 16 Abgeordnete schickt die SPD künftig nach Brüssel, bislang waren es 27.
Der Wittenberger Arne Lietz gehörte dem Europäischen Parlament fünf Jahre lang an, nach der Wahl steht er zunächst einmal ohne Job da. Beim Gespräch mit MZ-Redakteur Marcel Duclaud am Montag in Wittenberg wirkt er erstaunlich entspannt.
Wie geht es Ihnen zurzeit?
Arne Lietz: Persönlich sehr gut. Politisch habe ich große Bedenken im Blick auf die aktuelle gesellschaftspolitische Situation. Dass die AfD, eine mittlerweile rechtsextreme Partei, so einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung findet, ist erschreckend.
Arne Lietz stammt aus Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern. Er wurde dort 1976 geboren, wuchs in einem Pfarrhaushalt auf. Nach Zivildienst in Boston (USA) und Mitarbeit im Goethe-Institut studierte er Geschichte, Politik und Erziehungswissenschaften in Berlin und Kapstadt. Lietz arbeitete als Historiker in den USA, Deutschland und England, ab 2007 für den Wittenberger SPD-Bundestagsabgeordneten Engelbert Wistuba. Als der sein Mandat im Bundestag verlor, wechselte Lietz ins Rathaus der Lutherstadt und wurde Referent von OB Eckhard Naumann. Der Wittenberger gehört dem Landesvorstand der SPD in Sachsen-Anhalt an.
Haben Sie Ihr Büro in Brüssel schon geräumt?
Nein, dafür habe ich Zeit, bis die neue Legislatur am 1. Juli beginnt. Zwar werden jetzt keine politischen Prozesse in den Ausschüssen mehr angestoßen. Aber ich bin als Parlamentarier noch unterwegs. Zum Beispiel als Teilnehmer einer Klimakonferenz im Auswärtigen Amt in Berlin. Eingeladen bin ich zudem in den Vatikan, um meine Resolution zur Klima-Diplomatie vorzustellen und in die kanadische Botschaft, wo es ebenfalls ums Klima geht.
Warum hat die SPD ein so miserables Ergebnis erzielt?
Weil die erbrachten guten Ergebnisse nicht zu Buche schlugen. Weil uns im Vergleich zu erfolgreichen sozialdemokratischen Parteien in Ländern wie Spanien, Portugal oder Skandinavien die Neuausrichtung der Politikfelder Arbeit, Wirtschaft, Digitalisierung, Klima und Energiewende anhand der UN-Nachhaltigkeitsziele 2030 fehlt.
Wie bewerten Sie den Rücktritt von Andrea Nahles?
Es ist ein harter Schnitt, den ich mit Respekt wahrgenommen habe. In der Folge erwarte ich nicht nur eine personelle, sondern auch eine inhaltliche Neuausrichtung der SPD.
Wie geht es bei Ihnen persönlich weiter?
Ich habe noch keine konkreten Pläne und bin dabei zu sondieren, in welchen Bereichen ich mich aktiv in und für die Gesellschaft einbringen kann.
Der Politik bleiben Sie treu?
Ich schließe nichts aus, strebe aber aktuell kein politisches Amt an. In der SPD werde ich natürlich weiterhin aktiv sein.
Was bedeutet der Verlust des Mandates von Arne Lietz für die Mitarbeiter?
Die müssen sich auch einen neuen Job suchen. Dabei unterstütze ich sie. Ich habe fünf Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, drei in Brüssel, zwei in Deutschland.
Sind Sie traurig, dass Ihre Zeit im Europaparlament nach einer Legislaturperiode endet?
Ja, weil ich gerne für unser Bundesland weiter gewirkt hätte in Brüssel und gleichzeitig die Kompetenzen, die ich mir erworben habe auf dem Gebiet von Klimadiplomatie und Rüstungspolitik sowie bei fairen Textil-Lieferketten weiter eingebracht hätte.
Aus der Bahn wirft Sie der Abschied aus dem Europaparlament aber offenkundig nicht?
Nein. Dafür sind wir schließlich vor 30 Jahren auf die Straße gegangen. Die Bestätigung von politischen Ämtern gehört zur Demokratie. Es geht um konkurrierende Konzepte und Parteien, nicht um ein Zentralkomitee.
(mz)