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Serie Schlosskirche Wittenberg Serie Schlosskirche Wittenberg: Stimmung auf Knopfdruck

Von Karina Blüthgen 06.07.2016, 15:14
Die Radleuchter unter dem Gewölbe haben drei unterschiedliche Leuchtmittel: Türme im Radkranz, opalisierte sowie einfache Kugelleuchten.
Die Radleuchter unter dem Gewölbe haben drei unterschiedliche Leuchtmittel: Türme im Radkranz, opalisierte sowie einfache Kugelleuchten. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Es wird eine Weile dauern, bis Schlosskirchenbesucher alle „Stimmungen“ in dem frisch sanierten Gotteshaus gesehen und erlebt haben. Jenseits einer Zeit, da Kerzen das Innere beleuchteten, ist Technik eingezogen. Elektronik, die sich Baurat Friedrich Adler ab 1880 in seinen Entwürfen für den Neubau nicht ansatzweise vorstellen konnte.

Jetzt gibt es, passend zu Gottesdiensten oder Konzerten, programmierte Lichtszenen, die das zu Sehende oder Hörende unterstützen. Was sich in der Schilderung von Eva-Maria Kreuz vom Büro „Kreuz + Kreuz“ in Stuttgart mal technisch nüchtern, mal romantisch anhört. Am Tage soll die gesamte Kirche, auch das Gewölbe, hell sein, damit die Besucher alles bestaunen können.

„Beim Abendgottesdienst hingegen haben wir nur noch reflektiertes Licht. Und bei Orgelkonzerten ist nur das Gewölbe hell. Dann schweben die Töne sozusagen unter dem Gewölbe entlang. Da können Zuhörer ruhig mal den Blick nach oben richten“, beschreibt sie einige der Impressionen, die der richtige Knopfdruck unterstützen soll.

Seit 25 Jahren entwirft die Expertin Lichtplanungen für Kirchen, kombiniert Vorhandenes mit Neuem. So fällt in der Schlosskirche der Blick, wenn von Leuchten die Rede ist, auf die großen Radleuchter im Kirchenschiff. Ein kleinerer dritter hängt unter der Orgelempore. Die Leuchter gab es zwar 1892 bei der Einweihung des Gotteshauses nicht, sie passen sich aber „ihrer kunsthandwerklichen Qualität und gestalterischen Einfügung in das Gesamtwerk“ ein, so die denkmalpflegerische Zielsetzung.

Noch Anfang des 20. Jahrhunderts musste für den Einbau dieser elektrischen Beleuchtung die königliche Genehmigung eingeholt werden. Heute stellt sie die Lichtplaner vor neue Herausforderungen. Denn die Lampen unter der Krone mit den Türmen waren offenbar nicht nur einmal verändert worden.

Mal hingen alle auf gleicher Höhe, mal nicht. „Es gab verschiedene Fotos, wir haben uns für die älteste Aufnahme entschieden“, sagt die Fachfrau. „Leider“, fügt sie hinzu, denn die Aufhängung in zwei Ebenen berge eine gewisse Unruhe. Sie selbst empfinde sie als „irritierend“.

Der Zufall ermöglichte es, die fast identische Farbgebung wieder neu herzustellen. „In einer Turmkammer haben wir einen Karton gefunden, mit sechs defekten Lampen“, erklärt Uwe Rähmer, leitender Restaurator. „Damit hatten wir die Glasfarbe, die Größe der Kugel und den Kragen.“ Die einstigen Glühlampen in den Leuchtern sind längst LED-Lampen gewichen. Sehr unauffällig haben sich auf jeder Seite der Empore neun Pendelleuchten dazu gesellt. Während „Durchgangslicht Sakristei“ für die Besucher nur selten sichtbar ist, werden sie ein Programm vermutlich nie erleben: Putzlicht.

Einzig der Altar wird von Hochdrucklampen (Halogendampf) angestrahlt. Zwar hätten dies auch elektronische Lampen übernehmen können, „diese brauchen jedoch mehr Kühlfläche“, beschreibt Eva-Maria Kreuz die Besonderheit. Neu ist nun auch Licht in den Wendelaufgängen der Kirche und im Turm, hier sind die LEDs in die maßgefertigten Handläufe integriert worden.

Das, so die Expertin, erspare Kabel, die ohnehin mit dem Denkmalschutz nicht vereinbar gewesen wären. Sie lobt die Zusammenarbeit mit dem Wittenberger Elektrobetrieb Anders, der die Elektrik erneuert und „ein gutes Gespür für historische Räume“ bewiesen habe.

Was 1892 ebenfalls nicht vorgesehen war: eine Heizung. Wobei der Begriff „Temperierung“ eher angebracht ist. Der 1916 gelegte Heizungskanal im Gotteshaus wurde im Zuge der jetzigen Sanierung erweitert, erläutert Gudrun Fischer, Projektleiterin des Landesbaubetriebes Ost, die Veränderungen.

Die Heizzentrale befinde sich im Schloss, ein Warmluftkanal verteile die Wärme gleichmäßig im Raum. Bei Bedarf kann eine Fußheizung an den Bänken dazu gekoppelt werden. Leitungen führen auch hinauf zur Empore. Wobei eine der Leitungen der Kirche im Frühjahr den ersten Wasserschaden bescherte. Ein Materialfehler in einem Bauteil führte dazu, dass das Wasser über die Wandmalereien lief. Nicht nur das defekte Teil, die komplette Charge wurde daraufhin gewechselt. (mz)