Reinsdorf Reinsdorf: Modellbahnfreunde treffen sich in Wittenberg

Wittenberg - Das typische Geräusch einer Dampflok fasziniert Moritz. Der Sechsjährige ist kaum wieder wegzukriegen von den Zügen, die durch die Prärie rollen, vorbei an Grizzlybären und Planwagen. Nur dass die Prärie am vergangenen Wochenende nicht im wilden Westen der USA liegt, sondern in Reinsdorf zeitweilig Domizil gefunden hat.
Toller Sound und Ausstattung
In dem Wittenberger Ortsteil, im Vereinsheim der dortigen Rassekaninchenzüchter, hat sich die Interessengemeinschaft Modellbahnfreunde Wittenberg für zwei Tage eingemietet. Vier gestandene Hobbybastler lassen Züge rollen und plaudern mit dem neugierigen Publikum über Ideen und Umsetzung bei solchen Projekten. Oder schalten zur Freude der Kinder, wie auch von Moritz, den Sound der Anlage ein. Toll findet der „das hier“ und zeigt auf ein Stück gemauerte Böschung, die echt verfallen aussieht und gerade deshalb den Jungen fasziniert. Perfekt ist, was der Realität nahe kommt. Moritz hat keine solche Modellbahn zu Hause, „nur Lego Duplo“, bedauert er. Und wann immer sein Großvater Reinhard Milling fragt, ob er genug gesehen hat, entdeckt der Junge wieder etwas Neues.
Im Herbst 2014 hat sich die Interessengemeinschaft der Modelleisenbahnfreunde gegründet. Die Mitglieder kennen sich aus Vereinen, wollen aber einen eher lockeren Zusammenhalt pflegen. Dass derzeit eher amerikanische Bahnen in ihren Reihen dominieren, ist ein Zufall. Interessierte können sich gern auch mit typischen Bundes- oder Reichsbahnen dazu gesellen. „Wir sind offen, wenn jemand seine Privatanlage zeigen möchte, ohne Mitglied zu sein“, sagt Ralf Fest. (kbl)
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Milling ist einer der Züchter, die sonst hier ihre Rassetiere ausstellen. „Modellbahn, das sind Kindheitsträume. Von mir auch“, meint er. Und freut sich, dass es überhaupt mal so eine Ausstellung in Reinsdorf gibt. „Das war hier noch nie, solange ich mich erinnere.“ Für Kinder sei wohl die Gartenbahn das interessanteste, deutete er die Blicke seines Enkels. Die Anlage von Karsten Bäck im Stile der Eroberung der amerikanischen Weiten fasziniert trotz des relativ einfachen Rundkurses durch ihre Ausführung. Es gibt eine große hölzerne Brücke, über die die Bahnen im Maßstab 1:20,3 fahren. Lokomotiven und Waggons sind auf alt getrimmt. Seit sechs Jahren befasst sich Bäck mit dieser Größe, die ihn vor allem durch eine Eigenschaft fesselt: „Hier kann ich viel selber machen.“ Die Loks gibt es zwar, aber als Bausatz. Und aus Messing, Holz und Plaste entstehen weitere Details, etwa die Schneefräse daran. Als Vorlage hat er dazu lediglich ein Bild. Eine Lok umbauen dauere bis zu einem Vierteljahr, erzählt der 46-Jährige.
Immer neue Ideen
Ralf Fest kämpft derweil auf seiner Bahn, einer Minenanlage der Spur 0e, mit einer Lokomotive, die mal an einer Stelle aus dem Gleis springt, mal an anderer Stelle nicht wieder anfährt. Es liegt wohl an den kühlen Temperaturen, dass der Staub auf der Bahn (nach zwei Jahren in der Garage) hier die Feuchtigkeit anzieht. Was den 70-Jährigen jedoch nicht aus der Ruhe bringt. Wer wie er von Kindesbeinen an seinem Faible für Modellbahnen frönt, hat auch die nötige Geduld mit in die Wiege gelegt bekommen. „Es ist das Bauen, das am meisten Spaß macht“, sagt er. „Wenn so eine Bahn fertig ist, spielt man eine Weile damit. Aber dann kommen einem schon wieder neue Ideen.“ Und schon fängt der Hobbybastler wieder neu an.
Auf Reinsdorf sind die Modelleisenbahner gestoßen, weil andere Räume viel zu groß waren. „Die Erfahrung zeigt, dass eine Ausstellung außerhalb von Wittenberg manchmal besser besucht ist als in der Stadt selbst“, sagt Ralf Fest. Auch im Vereinshaus der Kaninchenzüchter war ständig Publikumsverkehr, die Aussteller sind zufrieden. „Wir werden es sicher bei passender Gelegenheit wiederholen“, so Fest. Und Moritz, der hat es pünktlich zum Mittagessen doch noch nach Hause geschafft. (mz)
