Oranienbaum erlebt perfekten Abend
ORANIENBAUM/MZ/IHI. - Lieber Comedy oder doch Jonglage, Musik oder Puppenspiel? Am besten wäre es natürlich, man könnte alles sehen, aber das geht nicht beim "Kleinen Fest im großen Park", das es am Sonnabend wieder im Oranienbaumer Schlosspark gab. Die Qual der Wahl zu haben ist das Prinzip dieses Abends, der über 3 000 Gäste lockt. 20 Programmpunkte gibt es, acht Vorstellungsrunden. Da muss man Prioritäten setzen oder sich dafür entscheiden, die Angebote in Häppchen zu genießen.
"Die Prognosen über drohende Schauer haben uns schon nervös gemacht. Am Nachmittag wurden wir dann ruhiger. Rundum hat es geregnet, nur in Oranienbaum nicht." Harald Böhlmann, der künstlerische Leiter des "Kleinen Festes", schiebt sich nach gut einer Stunde Programm den Zylinder in den Nacken und schaut in den Himmel. Der hat sich gleichermaßen entspannt, sogar die Sonne lässt sich wieder blicken und taucht die Bühnen zwischen Hecken, auf der Wiese, am Rhododendron und im Wald in ein glänzendes Abendlicht. Böhlmann, im normalen Leben Kulturdezernent in Hannover, schaut an diesem Abend in Oranienbaum genau hin. Das "Kleine Fest" in Sachsen-Anhalt ist die Premiere dieses Jahres. Nach dem Fest hier gibt es den Juli über Vorstellungen am Ursprungsort in Hannover-Herrenhausen und im August "Kleine Feste" in den Parks und Gärten von Ludwigslust, Bad Pyrmont, Evenburg und Clemenswerth. Immer mit dabei sind die mehr als 50 Künstler aus zehn Nationen, die sich am Sonnabend zum ersten Mal in dieser Konstellation dem Publikum vorstellen.
"Hier in Oranienbaum gibt es inzwischen eine sehr gute Routine. Man kennt sich, man weiß, worum es geht. Unsere Partner hier vor Ort und wir von außen arbeiten Hand und Hand", sagt Böhlmann. Das Publikum erlebt denn auch einen Abend, der wie ein perfekt geschmiertes Uhrwerk abläuft. Und damit auch beim wiederholten Festbesuch keine Langeweile aufkommt, wurden in diesem Jahr fast ausnahmslos Künstler engagiert, die man noch nie bei einem "Kleinen Fest" gesehen hat. Da ist beispielsweise ein Höhepunkt mitten im Wald versteckt. Sascha Grammel, einer der besten Bauchredner Deutschlands, hält sein Publikum vor seiner Bühne fest. Von seiner Schildkröte Josie, die als erster interaktiver Geldautomat fungiert, kann man sich nicht trennen. Grammel flirtet gleichermaßen mit Josie und den Zuschauern und zeigt seine Kunst in absoluter Perfektion. Ebenso hält es der Gentleman-Jongleur Mat Ricardo, der den Tischtuch-Trick in beide Richtungen beherrscht. Auf der Feuerwerkswiese kann man den Blick über das Gelände schweifen lassen. In der Ferne sieht man drei junge Wilde auf dem Trampolin springen und jonglieren, Uri und Noa hantieren mit ihrem mobilen Trapez, und am Gastronomiezelt treiben Mathilda und George ihr Unwesen.
Die Walkacts dieses Jahres begleiten die Besucher zuverlässig. Kinder flüchten vor dem frechen Hund des großkopfigen Ehepaars Gianno und Nanini, die Kameras blitzen, wenn drei junge Damen in Ballons und Blüten über die Wiese kugeln, und wenn Jochen, der kleine Elefant, auf seinem Dreirad des Weges rollt, bildet sich schnell eine solch große Menschentraube um das vollmechanische sprechende Puppenwunder, dass davon kaum noch etwas zu sehen ist. Kurz nach 22 Uhr wird es dann aber auch Jochen zu dunkel und zu kühl. Er macht Feierabend und auf den Bühnen wird es still und dunkel. Magisch zieht eine Wiese die Gäste an. Das "Kleine Fest" nähert sich dem Finale und einer Zeremonie, mit der man noch einmal den Künstlern des Abends dankt. Die letzten Minuten dieser Nacht im Oranienbaumer Schlosspark gehören den Pyrotechnikern. Ein barockes Feuerwerk entlässt durchfrorene aber begeisterte Festbesucher.