Neueröffnung in Wittenberg Neueröffnung in Wittenberg: Obst und Gemüse in der Schlossstraße

Wittenberg - Was als erstes auffällt, noch vor der Vielfalt an Form und Farben, ist der intensive Duft. So also riecht ein Obst-und-Gemüse-Laden. Lange nicht gehabt in der Wittenberger Altstadt, es gab mal einen in der Collegienstraße und vor wenigen Jahren dann noch einen Versuch in der Jüdenstraße, doch der junge Mann aus dem Orient hielt sich nicht lange.
Seither blieben den Vitaminfreunden im Quartier die Lebensmittelabteilung im „Arsenal“ und, natürlich, die beiden Märkte.
Das ist jetzt anders: Vor ziemlich genau einem Monat hat Andrea Röthe sich in der Schlossstraße „keinen Kindheitstraum“ erfüllt, nein, das nicht, dass es aber Meerspargel und Petersilie, Topinambur und Möhren, Papaya und Äpfel sein sollten und nicht „Klamotten oder Schuhe“, mit denen sie sich selbstständig machen würde - das, sagt die 49-Jährige, sei schon seit vielen Jahren klar gewesen.
Als gelernte Lebensmittelverkäuferin mit einer viel, viel später - 2014 - draufgesattelten Ausbildung zur Handelsfachwirtin hat sie nun wechselnde Lebensphasen mit Arbeitslosigkeit oder „drei, vier Nebenjobs“ eingetauscht gegen die Selbstständigkeit.
Die Unterstützung des Arbeitsamtes sei sehr gut gewesen, lobt sie, und auch mit der Kälte ihrer neuen Umgebung - im Laden herrschen gefühlte zwölf Grad - habe sie umzugehen gelernt. Es gebe ja auch immer etwas zu tun.
Obst und Gemüse, das runzelig zu werden droht und damit nicht mehr verkauft werden kann, bekommt bei Röthe noch eine unerwartete Zukunft: Sie macht selbst Konserven daraus oder - aber das ist noch ein Experiment, das da in einer speziellen Dörrmaschine in der kleinen Ladenküche vor sich hinsummt - Gemüsechips, derzeit angesagt zumindest in der stets kalorienbewussten Community.
Etwas Besonderes bieten (Meerspargel!) und dabei bei der Kundschaft auch um „Wertschätzung“ für den Obst- und Gemüsebau zu werben, das sind die Botschaften, die sich Röthe als ideellen Überbau über ihren Laden gezimmert hat.
Den Großteil der Ware bezieht sie von einem Großhändler unweit Leipzig, hie und da aber auch direkt von Anbietern aus der Region, dem Schweizer Aussteiger aus der Nähe von Annaburg etwa, der sie mit Topinambur von der eigenen Scholle versorgt.
Dorthin, berichtet Röthe, geht übrigens auch jenes Obst und Gemüse, mit dem sie selbst nichts mehr anfangen kann - als Viehfutter. Gerne würde sie mehr beziehen von den Bauern aus der Region, dies gestalte sich aber - etwa aus logistischen Gründen - als etwas „mühselig“.
Weil der Mensch freilich nicht vom Obst allein überleben kann als Händler, gibt es im Laden auch ein „Nebensortiment“ zum Thema. Salze und Tee, Brause und Schälmesserchen etwa, auf Wunsch wäscht Andrea Röthe den gekauften Apfel aber auch gern für den Kunden ab. (mz)