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Naturschutz im Biosphärenreservat "Mittelelbe" Naturschutz im Biosphärenreservat "Mittelelbe": Rettung für den Saarensee in Sicht

Von Henrik Klemm 05.10.2015, 07:17
Verwunschen - der schwer zugängliche, streng geschützte und relativ unberührte Saarensee ist in vielerlei Hinsicht einzigartig.
Verwunschen - der schwer zugängliche, streng geschützte und relativ unberührte Saarensee ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. henrik Klemm Lizenz

Klieken - Es ist ein verwunschener Ort, ein schöner allemal. Mitten im Wald südwestlich von Klieken und gar nicht weit weg von der Straße, die Coswig und Roßlau verbindet, liegt der Saarensee im Biosphärenreservat „Mittelelbe“.

Michael Unruh, Biologe und Ranger im Reservat, kennt die Entstehungsgeschichte des ältesten und unter strengem Schutz stehenden Altwassers der Elbe genau. Vor 3 000 Jahren muss es etwa gewesen sein, als der Strom dort seinen Lauf nahm, bis er es schließlich aufgab, gegen die Gesteine der Fläminghochfläche anzukämpfen und sich einen anderen Weg suchte. Zurück blieb ein freigespültes Steilufer, aus dessen Hängen Quellen bis heute unter- und oberirdisch nährstoffarmes Wasser in den See fließen lassen. Nur so konnte das Gewässer erhalten bleiben, wenn auch nur als ein kleiner Rest eines vormals wesentlich größeren Altwassers der Elbe. „Normalerweise sind solche Altwässer nach so langer Zeit längst verlandet“, bestätigt Guido Puhlmann, Leiter der Biosphärenreservatsverwaltung.

Abwasser eingeleitet

Aber auch der etwa zweieinhalb Hektar große Saarensee wird verschwinden, wenn er keine Hilfe bekommt. Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben bereits vor einigen Jahren, dass er innerhalb der nächsten 100 Jahre vollständig verlanden könnte. Besonders das Einleiten von Abwasser für etwa zwei Jahrzehnte ab den 1960er Jahren hat dem See zugesetzt, die Biomasseproduktion durch den Nährstoffeintrag angekurbelt.

Eine mächtige Schicht Faulschlamm wuchs so über die Jahre am Grund des Gewässers und gefährdet insbesondere den artenreichen Wasserpflanzenbestand. Heute wird nichts mehr eingeleitet, auch die Abflüsse des Sees sind gesperrt, um den Wasserspiegel zu heben, und mit Argusaugen wird auf eine weitgehend ungestörte Entwicklung von Flora und Fauna geachtet. Selbst der umgebende Wald wird dank einer Kooperation zwischen Biosphärenreservatsverwaltung und Landesforstbetrieb nicht mehr genutzt. „Er ist stillgelegt“, sagt Puhlmann. Doch das Faulschlammproblem bleibt. Vorerst zumindest.

Langfristiger Schutz

„Wir möchten das Gewässer langfristig erhalten“, bekräftigt Puhlmann und verweist auf ein Projekt zur Entschlammung, dessen Träger der World Wide Fund For Nature (WWF) ist und das über den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums finanziert wurde. Alle erforderlichen Planungen sind fertig, genehmigungsfähige Unterlagen liegen vor, sodass mit einer entsprechenden Förderzusage im Jahr 2016 der Saarensee vom Faulschlamm befreit werden kann.

„Die Realisierungschancen sind gut“, ist sich Puhlmann sicher. Zwei Varianten stehen zur Auswahl, die klassische mit Baggern - wie sie gerade an der Alten Elbe praktiziert wird - und ein Belüftungsverfahren. „Bei dieser Methode wird durch ein neuartiges Schlauchsystem Luft in den See gepumpt. Dadurch werden Mikroorganismen angeregt, die den Faulschlamm zersetzen“, erklärt Birgit Krummhaar, die Geschäftsführerin des Förder- und Landschaftspflegevereins „Mittelelbe“. Unlängst hatten Verein und WWF mit Kliekener Grundschülern und einer Ausnahmegenehmigung in der Tasche die Besonderheiten des Saarensees sowie dort lebende Tiere und Pflanzen bei einem Projekttag erkundet. Der Nachwuchs war begeistert. Michael Unruh kann das verstehen, denn auch für ihn ist der Saarensee etwas ganz besonderes.

Viele Jahre schon beschäftigt der Biologe sich wissenschaftlich mit dem Gewässer, Veröffentlichungen sprechen eine eindeutige Sprache. Und - er ist ein sachkundiger Führer. Von der Wassernuss erzählt er, die in Sachsen-Anhalt seltene Schwimmblattpflanze besiedelt weite Teile des Sees. Seltene Wasserschnecken und Muscheln sind dort zu finden, in größerer Anzahl als in vielen anderen Gewässern der Elbaue. Sumpf-Calla begeistert. Verlassene Biberburgen erinnern daran, dass der Baumeister dort sein Revier hat. Im Erlenbruchwald brütet der Kranich. Es ist ein selten schöner Ort. (mz)

Das Hochufer wurde in der Saale-Kaltzeit von der Elbe aufgeworfen.
Das Hochufer wurde in der Saale-Kaltzeit von der Elbe aufgeworfen.
klemm Lizenz
Dichte Wassernussbestände bedecken den Saarensee.
Dichte Wassernussbestände bedecken den Saarensee.
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Ranger Michael Unruh mit einer Großen Teichmuschel
Ranger Michael Unruh mit einer Großen Teichmuschel
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