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Mumie hat einen Termin in Leipzig

Von Marcel Duclaud 27.02.2008, 19:05

Wittenberg/MZ. - Von Stülpnagel ist Restaurator, arbeitet mit dem ägyptologischen Institut der Universität Leipzig zusammen und hat einen sehr speziellen Auftrag übernommen: den Transport und die Untersuchung einer Mumie, die seit Jahrzehnten im Wittenberger Museum für Natur- und Völkerkunde gezeigt wird und seit Ewigkeiten nicht angerührt wurde. Überdies ist nur wenig bekannt über den schmalen, in Leinen eingeschlagenen Körper, den ein reich verzierter Sarkophag schützte. "Eine ägyptische Mumie", heiße es lediglich im Katalog, zitiert der Leiter der Städtischen Sammlungen, Andreas Wurda. In etwa kann noch die Zeit angegeben werden, aus der die Mumie vermutlich stammt: 25. Dynastie, 7. Jahrhundert vor Christi Geburt. Julius Riemer hat sie 1940 erworben und nach Wittenberg gebracht. Viel mehr aber weiß man nicht. Kein Wissenschaftler hat das wertvolle Zeugnis einer alten Hochkultur je zu Gesicht bekommen. Das soll sich ändern. Wurda möchte systematisch Stück für Stück Teile der Sammlung Riemer aufarbeiten und damit aufwerten.

Jetzt ist die Mumie an der Reihe. Sie wird pietätvoll in eine Art Sarg gehoben, Körper und Kopf extra, beides gut gepolstert und geschützt. In Leipzig hat die oder der Tote aus Ägypten am Freitag einen Termin im Institut für diagnostische Radiologie. Das Sammlungsstück des Wittenberger Museums wird geröntgt, eventuell liefert ein Computertomograph Ansichten des uralten Körpers. Die Wissenschaftler erhoffen sich nach den Worten von Maria Schwarzmüller, Studentin in Leipzig, von der Untersuchung verschiedene Informationen: ob die Datierung stimmt, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt, wenn letzteres der Fall ist, ob sie Kinder hatte? Und welche Krankheiten? Das sei bisweilen am Knochengerüst zu erkennen. Später soll auch der Sargdeckel unter die Lupe genommen werden, just an einer abgeriebenen Stelle hat womöglich der Name gestanden. Vielleicht lässt er sich wieder sichtbar machen.

Ausstattung und Verzierungen deuten nach den Worten von Maria Schwarzmüller darauf hin, dass es sich bei der Wittenberger Mumie einst um einen Beamten gehandelt haben könnte. Wer es sich im damaligen Ägypten leisten konnte, der habe sich mumifizieren lassen. Die Menschen glaubten, die Seele lebt so lange, wie der Körper erhalten bleibt. Das Schlimmste war daher, verbrannt zu werden. Sie glaubten auch, das Herz sei der Ort des Fühlens und des Denkens. Weshalb sie sich um das Gehirn des Verstorbenen nicht weiter scherten. Wohl aber um das Herz. Das wurde neben anderen wichtigen Organen extra mumifiziert und wieder in den Körper gepackt.

Wittenbergs Mumie wird nicht lange in Leipzig bleiben müssen. Schon in wenigen Tagen kehrt sie, hoffentlich unversehrt, zurück ins Museum im Schloss. Sie wird wieder in ihre Vitrine gebettet, Kopf und Körper werden zusammengefügt, die Totenmaske verbirgt die Trennung. Geändert aber werden muss ganz sicher der Begleittext zum Exponat ägyptische Mumie.