Modellbahn in Wittenberg Modellbahn in Wittenberg: Straacher Bahn in Spurgröße Null

Wittenberg - Das Ortseingangsschild von Straach muss wieder an seinen Platz. Karsten Bäck holt den Klebstoff heraus und befestigt das winzige Teil auf der Platte neben der Brücke, unweit der Stelle, wo die Gleise am Prellbock und an der Kilometerangabe 10,2 enden. Dann nimmt er das Tablet und lässt die Diesellok BR 106 anfahren. Das Signalhorn erschallt, der Zug mit Silowagen setzt sich in Bewegung.
So ähnlich hat der Nudersdorfer Bäck das früher in Originalgröße selbst erlebt. „Ich kenne die Bahn aus meiner Kindheit und habe später auch in der Sandwäsche gearbeitet“, erzählt er. Wen wundert’s, dass der knapp 49-Jährige sich ausgerechnet dieses Stück Bahngeschichte, die Straacher Bahn von 1970 bis 1991, für seine Modellbauleidenschaft ausgesucht hat.
Seit zwei Jahren recherchiert und werkelt er im zehn Quadratmeter großen Hobbyraum, in dem er die Module anfertigt und auch die eine oder andere Lokomotive baut - weil es sie so nicht zu kaufen gibt.
Es entsteht das Teilstück zwischen den Bahnhöfen Nudersdorf und Straach, alles in Spur Null (Maßstab 1:45). „Das ist der Abschnitt, den ich als Kind erlebt habe“, sagt Bäck. Und da er sich allein auf seine Erinnerung nicht verlassen mag, hat er alte Fotos organisiert von Strecke und Lokomotiven, bis zum allerletzten Personenzug am 14. Juli 1991, gezogen von der Dampflok BR 52-8120-9.
Die Gleise liegen längst nicht mehr, nur einige Schneisen durch die bewaldete Gegend lassen erahnen, dass hier mal irgendwas die Natur gestört hat. Vom Nudersdorfer Bahnhof gibt es noch ein Gebäude, der Straacher ist völlig verschwunden.
Als Mitglied der Interessengemeinschaft Modellbahn Wittenberg hat Karsten Bäck gerade den Straacher Teil der Anlage in der Stadtrandsiedlung ausgestellt. Beileibe nicht alles, denn jedes der inzwischen 24 fertigen Module ist 1,20 Meter lang. Auch daheim bei sich kann er nur immer einen Teil aufstellen. „Straach ist derzeit im Landschaftsbau“, zeigt Bäck auf die Holzunterbauten der Module, auf denen lediglich Gleise liegen.
Hier fehlen noch Gras und Bäume, „es ist nun mal eine waldreiche Gegend“, weiß er. Das Verladegleis der einstigen Sandwäsche in Nudersdorf, auf dem eine Feldbahn mit Kipploren rollt, ist bereits fertig. Was die Bahn, neben all der Handarbeit beim Gebäudebau und der Gestaltung auszeichnet, sind die Lokomotiven.
Da kommt ihm der etwas größere Maßstab entgegen. „Die Modelle sind besser detailliert“, findet er. Zeit findet Bäck, der beruflich viel unterwegs ist, wie andere Modellbauer vor allem im Winter. „Manchmal mache ich wochenlang nichts daran, dann arbeite ich mal wieder ein ganzes Wochenende durch.“
„Nächstes Jahr zeige ich den Nudersdorfer Bahnhof“, ist der Modellbauer optimistisch, dass er für sein Hobby genügend Zeit finden wird. Schon rollt, nach einem Wischen mit dem Finger, der Zug wieder in Richtung Straach.
„Jetzt fährt die App“, meint er lachend, man kann so sogar an- und abkuppeln. Ob er die alte Technik mit Relais, mechanischen Kontakten und Transformator vermisst? Karsten Bäck schüttelt den Kopf: „Nein.“ (mz)

