Mini-Gipfel vor dem großen Gipfel
Wittenberg/MZ. - Aber Waldemar Hötte und Tumenta F. Kennedy vom Wittenberg-Zentrum für Globale Ethik (WZGE) haben die Entwicklungshilfeministerin neulich beim Deutschen Weltbankforum in München immerhin mit ihrer Sicht der Dinge vertraut gemacht vor dem G-8-Gipfel, auf dem ihr Thema ja weit oben stehen soll auf der Agenda der Weltmächtigen: Afrika. Es geht um einen "Paradigmenwechsel" im Nord-Süd-Verhältnis, bringt Kennedy das Anliegen auf den Punkt: um Investitions- statt Wohltätigkeit.
Mit den Chancen und mit den Hindernissen einer derartigen Partnerschaft zum beiderseitigen Nutzen befasste sich ein dreitägiger Workshop, der am Donnerstag am WZGE zu Ende ging und den der Wirtschaftswissenschaftler Kennedy (früher Kameruner, dann Magdeburger, heute Wittenberger) organisiert hat. Die Teilnehmer: 20 vorwiegend junge Leute, Nachwuchswissenschaftler verschiedener Disziplinen aus mehreren afrikanischen Staaten und aus Deutschland. Die meisten haben in der Bundesrepublik studiert und kennen damit beide Kulturen.
Das Ziel des Workshops ist rasch umrissen. Es geht darum, "wie wir mit dem Kontinent klarkommen", sagt Dr. Rose-Juliet Anyanwu-Wenzel, Privat-Dozentin am Institut für Afrikanistik der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Die in Nigeria geborene Deutsche liebt die klaren Worte. "Da pumpt Deutschland so viel Geld nach Afrika und dann sieht man keine Früchte! Das irritiert die Steuerzahler und mich auch." Viel besser wäre es, für beide Seiten, die afrikanischen Länder als lukratives Investitionsfeld zu begreifen (wie es China, nebenbei, bereits begriffen hat). Um die Hemmnisse wird von den Workshop-Teilnehmern nicht herumgeredet. Neben den ungerechten Handelsschranken für Afrikas Produzenten bei Geschäften mit der übrigen Welt und einer vielfach völlig unzureichenden respektive nicht vorhandenen Infrastruktur ist immer wieder von unfähigen und / oder korrupten Regierungen in vielen Ländern des Schwarzen Kontinents die Rede. "Ja, wie kriegt man diese Idioten weg?", fragt ein afrikanischer Teilnehmer.
Die Idioten wegzukriegen ist, genau betrachtet, das Hauptanliegen des Workshops im kleinen Wittenberg. Die Hoffnung liegt darin, dass gut ausgebildete Rückkehrer gemeinsam mit ebensolchem Führungskräftenachwuchs vor Ort peu à peu die alten Strukturen ablösen. Ein mühseliges Geschäft, keine Frage, denn was passiert mit einem Einzelnen, der nicht mitmacht bei Korruption? Er ist raus aus dem Spiel, ansonsten bleibt alles beim Alten. Diese jungen Leute bräuchten also so etwas wie einen "moralischen Rucksack", formuliert es WZGE-Geschäftsführer Hötte, damit sie viele werden und stark.
"Wir sind die Brückenbauer", sagt Tumenta F. Kennedy. Und dann spricht der Katholik aus Kamerun ohne Furcht vor Pathos doch tatsächlich vom "Geist von Wittenberg", dem Geist der Reformation. Der Fortschritt mag eine Schnecke sein. Aber auch die kommt voran. Und das Gras, es beginnt noch immer von unten zu wachsen.