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Kunstverein Wittenberg Kunstverein Wittenberg: Hofkonzert, bis es blitzt

Von Erhard Hellwig-Kühn 23.07.2019, 09:59
Zum Wittenberger Hofkonzert spielten Milou und Flint bis es zu Blitzen begann.
Zum Wittenberger Hofkonzert spielten Milou und Flint bis es zu Blitzen begann. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Es hat schon Tradition, wenn der Wittenberger Kunstverein zu seinen Hofkonzerten einlädt: Ein ausgesuchtes Programm mit namhaften Künstlern von bekannten Wittenberger Unternehmen gesponsert beginnt mit einem gesetzten Essen, mittlerweile durch einen ortsansässigen Caterer logistisch professionell von A bis Z durchgestylt und serviert.

Und hinzu gesellen sich - die Wetterkapriolen, die musikalisch unsensibel bei einer derartigen Veranstaltung zum Teil immer wieder mal lautstark sich zu Wort melden, wie an diesem lauen Samstagabend mit dem Gesangsduo Milou und Flint.

Verträumt und sinnlich

Die Organisatoren des Wittenberger Kunstvereins, allen voran Thomas Popp, Stephan Hammersen und Gerlinde Gonszczyk, hatten zunächst alle Hände voll zu tun, den Ablauf des Abends straff zu organisieren, verbunden mit einem sorgenvollen Blick auf sämtliche verfügbaren Wetter-Apps: Gewitter sei im Anmarsch, der Zeitpunkt des Beginns unterschiedlich in der Vorhersage.

„Ich hoffe aber, wir werden diesen Abend trocken überleben“, sagte Gerlinde Gonszcyk in ihrer Begrüßung und der obligatorischen Vorstellung der Sponsoren. Sie habe extra vier Regenschirme zur Sicherheit mitgenommen.

Überlebt wurde schon, aber nicht trocken. Bis zur nur zehnminütigen Konzertpause nach einer knappen Stunde Kunstgenuss pur war alles verträumt, sinnlich und voller Melancholie. Dann, mit Beginn des zweiten Teils, verdüsterte sich der Himmel und es fing an zu stürmen, gefolgt von Regen, Blitz und Donner. „Wir spielen, bis es blitzt“, war die Ansage von Milou und Flint.

Und sie sangen mit dem Song „Hey, hey, du wie zufällig ... es tanzt im Laternenmast jetzt der Regen mit dem Wind“ dem Gewitter entgegen. Doch nach etwa 15 Minuten musste aus Sicherheitsgründen das Konzert abgebrochen werden, zum Bedauern aller, allen voran der Künstler. Milou und Flint (alias Barbara Sielaff und Christoph van Hal) pflegen sicher nicht ganz zufällig eine gewissen Ähnlichkeit mit Simon and Garfunkel, ohne sie imitieren zu wollen.

Dieses sympathische Gesangsduo mit multiinstrumentalistischen Ambitionen - jeder beherrscht mehrere Instrumente, kein Instrument ist vor ihnen sicher - hat sich bereits auch über die öffentlich-rechtlichen Medien in die Herzen ihrer Fangemeinde hinein musiziert.

Das Duo wird ergänzt durch verschiedene Gastmusiker, an diesem Abend einem Schlagzeuger und einem Kontrabassisten, der obendrein mit Glockenspiel und Vibraphon hervortrat. Der Ursprung des Duos im Jahre 2013 gewinnt schon fast legendäre Züge: Milou wird von Flint in einer hamburgischen Fußgängerzone mit Akkordeon und einem gut gefüllten Koffer voller Geld entdeckt, er ist fasziniert. „Ich habe Milou einfach angesprochen und dann haben wir uns für einen ersten Versuch in Hannover getroffen. Wir haben schnell gemerkt, dass wir uns gut ergänzen, sowohl musikalisch, als auch textlich.“

Aus Uthausen

Bis dahin waren sie, jeder für sich, ein Kleinkünstler, musikalisch gut ausgebildet, haben Musik studiert, erzählen sie. Flint ist als Komponist und Arrangeur, Musiker und Produzent tätig - und er spielte schon Trompete und Keyboard in der Live-Besetzung von „Wir Sind Helden“.

Und als Trompeter auf großen Bühnen unterstützte er auch die deutsche Popmusik-Band „Marquess“, die vorwiegend spanischsprachige Songs veröffentlichte. Und Milou? Sie ist beinahe eine Wittenberger Pflanze, kommt gebürtig aus Uthausen bei Rotta! Bis dahin (ihrem ersten Treffen mit Flint in Hamburg) „habe ich Kleinkunst gemacht, eine A-Cappella-Band gehabt und nebenbei an meinen eigenen Ideen gearbeitet“.

Sympathisch ist, dass Milou und Flint auf elektronische Instrumente gänzlich verzichten und auch ansonsten jeder erdenkliche Gegenstand nicht sicher sein kann vor einer Instrumentalisierung durch die beiden Musiker. Ihre Texte sind eingängig, persönlich, weltvergessen, zum Mitträumen, naiv im positiven Sinne und nachvollziehbar. Musikalisch erkennt man folkloristische, eingängige Melodien, etwa gleich am Anfang mit „Herz aus Glas“ im Sinne einer poetischen Popmusik. Eigentlich lädt sie auch gelegentlich zum Tanzen ein. Disco Fox beispielsweise lässt grüßen.

Sieht man von dem Wetter ab, war es insgesamt ein schöner, verträumter Konzertabend mit einem sympathischen Musiker-Duo, dem man gerne zuhörte.

Warten auf die Münchener Freiheit

Zu den Höhepunkten der diesjährigen Hofkonzert-Saison des Kunstvereins Wittenberg gehört das Konzert der Münchener Freiheit. Am Abend des 10. August ist die Band (u. a. „Herz aus Glas“, „1000 x Du“, „Ohne Dich“) auf der Schlosswiese zu erleben.

Neben Klassikern spielen sie auch neue Songs. Wie es vom Vorstand des Kunstvereins auf Nachfrage heißt, sind aktuell 2300 von insgesamt 2750 Karten verkauft. „Sehr zufrieden“ mit dem bisherigen Verlauf dieser 24. Hofkonzertsaison sind sowohl Gerlinde Gonszczyk als auch Stefan Hammersen vom Vereinsvorstand. Besonders die ersten drei Konzerte auf dem Hof vom alten Gefängnis seien sehr gut angenommen worden. Gut nachgefragt seien schon jetzt die beiden November-Konzerte, die in der Exerzierhalle stattfinden und von den Zucchini Sistaz sowie von Bidla Buh gestaltet werden. Der Ticketverkauf läuft unter anderem über die Touristinfo und das Servicecenter der MZ.

Der Kunstverein Wittenberg mit über 30 Mitgliedern arbeitet nach wie vor ohne öffentliche Mittel. Die Kosten müssen über den Kartenverkauf und durch Sponsoring reingeholt werden.  

(mz)