"Kunst mit Kettensägen" in Tornau "Kunst mit Kettensägen" in Tornau: Harte Jungs und Amazonen

Tornau - Einmal im Jahr ist es vorbei mit der Ruhe am Hammerbach. Dann steht in Tornau das größte Volksfest der Dübener Heide auf dem Program. Der 16. Holzskulpturenwettbewerb lockte am Wochenende mehr als 5.000 Besucher in den Gräfenhainicher Ortsteil. „Wir sind zufrieden“, stellt Gräfenhainichens Bürgermeister Enrico Schilling (CDU) fest. Zumal Veranstalter, Besucher und Holzschnitzer dem stürmischen Wetter Paroli bieten und ein Fest der Rekorde feiern konnten.
42 Kettensägekünstler hatten sich eingeschrieben. Nie zuvor waren so viele Akteure an den Hammerbach gekommen. Doch Tornau hat einen Namen und zieht harte Jungs wie gefühlvolle Amazonen gleichermaßen an. „Ich fühle mich wohl hier. Es ist nett, das Ambiente stimmt“, erzählt Sylvia Itzen. Die 47-Jährige aus Niedersachsen ist nach familienbedingter Abstinenz nach drei Jahren Pause zurück in Tornau und voll bei der Sache.
„Ich liebe den Geruch von Holz und Benzin und mag es, wenn die Späne fliegen.“ Die Amazone an der Säge hat ihren Spaß und schirmt sich auf eigene Art vom Arbeitslärm ab - mit Hardrock. Abstrakte Figuren sind ihr Steckenpferd. Einen Preis gab es in Tornau dafür gestern nicht. Egal. „Hier passt alles. Das Zusammensein mit den anderen Schnitzern ist das Erlebnis.“
Roland Bär aus Burgkemnitz ist in Tornau ein Ritter der ersten Stunde. Er will sich sein ganz persönliches Schachspiel schnitzen. „Paar Jahre muss ich noch durchhalten“, erklärt er mit einem Augenzwinkern. Mannshoch ist sein Springer. Nach Bauer und Turm ist es die dritte Figur in Bärs Spiel.
Humor besitzt auch Torben Moeller. Der Däne ist in Jütland zu Hause und arbeitet dort auf einem Bauernhof. „Mal bist du Bauer, dann Waldarbeiter.“ Der Umgang mit der Säge ist Moeller nicht fremd. Bei einem Holzskulpturenwettbewerb ist er zum ersten Mal dabei. Weil es in seiner Heimat so viele Schweinebauern gebe, habe er das Borstentier, das sich in die Höhe reckt, geschnitzt. In der Künstlerwertung landete Moeller auf dem dritten Platz – hinter dem mit „Weltenzorn“ Zweitplatzierten Dieter Krüger (Thüringen) und dessen Landsmann Christian Schmidt. Der hatte für die Zuschauer eine Aufgabe parat.
„Entscheide selbst, welchen Weg du gehst.“ Einfach geht es Richtung Hölle. Richtung Himmel wird es schwierig. Traditionell trifft Wettbewerbsideengeber Wolfgang Köppe seine ganz eigene Wahl. Der Köppe-Preis 2015 geht an das Trio John Buckland, Callum Evens und Patrick Shaughnessy für „Shoot Straight“. Axel Glanz aus Serno gelang in der Zuschauerwertung „Der große Wurf“ mit seiner Hundefamilie. Zweiter wurde der Sachse Dirk Hanschmann mit „Pinocchio“ vor Steffen Rupf mit „Tierisch gute Kunst“.
Botschafter der Heide
Köhlerhans wird erstmals zum Botschafter der Heide. Emil Gaber (71) aus Bad Düben (im Foto schickt ihn das Köhlerliesel von 2014, Cornelia Schörner, in den Dienst), bindet fortan Kittelschürze um, greift zu Hut und Wanderstock und hängt die Trage mit Heide-Holzkohle um die Schultern. „Ich freue mich“, erzählt Gaber, der 30 Jahre lang die Holzhackerbälle in Bad Düben moderierte. Köhlerhans ist als Wanderführer unterwegs. „Lieblingsflecken habe ich nicht. Die Heide ist in ihrer Gesamtheit ein Erlebnis“, erzählt der Nordsachse, der fleißig Leute mit Holzkohle anschwärzen wird. Der Mann, der für den Bürgerkreis im Stadtrat seiner Heimatstadt sitzt, muss küssen.
Kohle und Küsse bringen Glück. „Bei den Frauen habe ich kein Problem. Die Männer müssen auf das Köhlerliesel warten.“ Es gibt auch 2015 ein Köhlerliesel. Nicole Queitzsch (21) übernimmt das Amt. Die Schärpe wird ihr erst später umgehängt. Die angehende Medienkauffrau aus Bad Düben weilte just am eigenen Krönungswochenende in der Fremde. Aus London sandte sie das Versprechen, die Heide gut zu präsentieren. Das Wissen hat sie. Im Naturpark absolvierte sie ein freiwilliges ökologisches Jahr. (mz)


