Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Museum für Zentralwerkstatt
GRÄFENHAINICHEN/MZ. - "Die haben über Braunkohlenwerke geschrieben, Museen zum Bergbau auf den Weg gebracht. Die ZW haben sie alle vergessen." Paul Tuchelt kann sich angesichts dieser Tatsache in Rage reden. Nicht nur, dass er einer von 2 900 Beschäftigten des einst größten Betriebes der Region war. "Ohne uns, die ZW, hätte sich im Bergbau kein Rad mehr gedreht." Deshalb ist der Möhlauer Feuer und Flamme für eine Idee, der der Ferropolis-Förderverein das Laufen lehren möchte.
Pünktlich zum Bergmannstag am 3. Juli soll in den Vereinsräumen in der ausgedienten 30-KV-Station eine Ausstellung über die Zentralwerkstatt (ZW) eröffnet werden. Vorstandsmitglied Manfred Kuhnert spricht von einem Anfang. "Wir werden auf einer Tafel die wichtigsten Daten der fast 100-jährigen Unternehmensgeschichte präsentieren. Außerdem werden großformatige Fotos aufgehängt." Die Mini-Schau soll Appetit auf mehr machen und vor diesem Hintergrund schnell wachsen. Zeitzeugen, einstige Mitarbeiter der Werkstatt sowie deren Kinder und Enkelkinder sind aufgerufen, sich einzubringen. Erinnerung soll Geschichte vor dem Vergessen bewahren.
"Wenn wir das jetzt nicht anschieben, ist bald alles vorbei", weiß Ferropolis-Vereinschef und Stadtrat Peter Pätz (Linke). Deshalb appelliert er auch an die Schulen, sich in Projekten auf Spurensuche zu begeben. Die Idee kommt an und findet erste Befürworter. Der Energiedienstleister "EnviaM" unterstützt das Vorhaben mit 1 000 Euro. Das Geld hatten die Gräfenhainichener auf der Grundlage der Sponsoringfibel des Unternehmens beantragt. "Wir sind gern hier zu Hause", lautet der Titel des Fonds, aus dem die Mittel zur Verfügung gestellt werden.
"Jetzt müssen nur noch die jungen Leute ran", sagt Manfred Kuhnert und macht kein Geheimnis aus einer weiteren Überlegung. Mit der Ausstellung würden zweifellos Besucher von außerhalb über ein Kapitel Regionalgeschichte informiert werden.
"Wir hoffen aber auch, dass Leute von hier neugierig werden, zu uns kommen und sich die Schau über ihren Arbeitsplatz einmal genauer anschauen." Stolz schwingt mit in den Sätzen. "Wir waren eben nicht irgendwer", weiß Tuchelt, der neben Fotos auch erste Übersichten über die Vielzahl der Arbeiten in der Zentralwerkstatt geliefert hat. Die Zahlen beeindrucken. Bis zu 30 000 Baggereimer wurden in Gräfenhainichen pro Jahr saniert, Hunderte E-Loks und Baggerfahrgestelle instand gesetzt. Hinzu kam die Herstellung Tausender Vorbauten für Eisenbahnwaggons und sogar Schiffsruder. "Wir haben wirklich mal ein paar Jahr Schiffbau für die Warnow-Werft gemacht", erinnert sich Tuchelt, erzählt aber auch vom Improvisationsvermögen der Mitarbeiter. Rundstahl sei passend gedreht worden, wenn das gewünschte Material wieder einmal fehlte. Der Plan war das Ziel, die Jahresendprämie das besondere Zubrot. Es sind die ersten Geschichten aus der Geschichte, die nicht allein stehen bleiben und am Ende sogar den Blick weit über den eigenen Tellerrand erlauben sollen.
Der Ferropolis-Förderverein denkt bereits intensiv über eine Ausstellung zum gesamten Bergbau in Mitteldeutschland nach. Das alles auf einen Blick gibt es bisher nirgendwo.