Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Brunnenschächte werden zu Fallen
BÜLZIG/MZ. - Zwei schwarze Knopfaugen blickten den Bülziger Wilbert Schmidt an, als er unlängst beim Spaziergang mit dem Hund durch die Feldflure rings um Bülzig in einen alten Meliorationsbrunnen schaute. "Ich hab' gedacht, ich sehe nicht recht - ein Rehkitz!", erzählt Schmidt, der sofort seine Frau Angelika und Nachbarin Renate Giede als Zeugen und zum Fotografieren herbei rief. Das Tierchen muss beim Wechsel zwischen den Getreidefeldern in den Schacht gefallen sein. Der hat gut einen Meter Durchmesser und ist knapp anderthalb Meter tief. Beherzt stieg der Bülziger in den Brunnen, um es herauszuholen.
"Als ich es griff, hat es wie verrückt gezappelt, und als ich es oben auf den Boden setzte, sprang es sofort weg." Daraus und auch weil er keine Wunden gesehen hatte, schloss Schmidt, dass das Kitz unversehrt geblieben war. "Wahrscheinlich saß es noch nicht lange in dem Brunnen. Vielleicht hatte sich ja auch seine Mutter in unmittelbarer Nähe im Getreidefeld versteckt", mutmaßt Angelika Schmidt. Ihr Mann habe aber sicherheitshalber noch einen Jäger verständigt. Auf seiner Spazierrunde von der Zörnigaller Straße zu den Tonteichen sowie auch am Radweg Berlin-Leipzig hat Schmidt mehrere solcher offenen Brunnenschächte ausgemacht. Tiere habe er darin schon öfter gesehen, allerdings tote, bis hin zum Frischling.
Dass die Brunnenschächte eine Gefahrenquelle nicht nur für Tiere sind, meinen auch Schmidts. "Hier radeln viele Familien lang, die Kinder weit vorneweg, dann werfen sie die Räder ins Gras und toben herum oder pflücken Feldblumen", schildert Angelika Schmidt ihre Befürchtung, wie schnell ein Kind in den Brunnen fallen könnte. Auch im Winter, fügt ihr Mann hinzu, sei das nicht zu verkennen, "wenn ordentlich Schnee liegt, sieht man die Brunnenränder nicht mehr". Die Verantwortlichen müssten mal darauf aufmerksam gemacht werden, so Schmidt.
Verantwortlich ist der Unterhaltungsverband "Fläming-Elbaue". 150 Kilometer verrohrter Gräben aus dem alten Meliorationsnetz habe der zu betreuen, sagt Geschäftsführer Frank Lönnig, und etwa 1 000 solcher Kontrollschächte. "Die sollten natürlich verschlossen sein", so Lönnig. Er weiß aber, dass von manchen Brunnen die schweren Betondeckel weg sind, gestohlen oder kaputt gefahren von den Bauern mit ihren Maschinen. "Wenn wir bei Unterhaltungsarbeiten feststellen, dass Deckel fehlen, werden sie auch ersetzt." Ob ihn die Möglichkeit, dass Menschen in die Brunnen fallen könnten, nicht beunruhige? "Was soll ich machen, ich kann nicht den Zustand von 1 000 Brunnen im Blick behalten", so Lönnig. Fremde hätten dort nichts zu suchen und müssten auf ihre Kinder achten.
"Die Brunnen müssen abgedeckt werden. Es ist wichtig, dass wir solche Hinweise bekommen, die Bürger sollen uns anrufen, wenn sie so was feststellen", sagt der Ordnungsamtsleiter der Stadt Zahna-Elster, Werner Karius. Schon am Donnerstag wolle er einen Termin, den er mit Lönnig in anderer Angelegenheit habe, nutzen, um das in Angriff zu nehmen.