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Kreatives Schreiben in Wittenberg Kreatives Schreiben in Wittenberg: Schüler im Meer der Poesie

Von KARINA BLÜTHGEN 16.03.2015, 09:51
Emily Kòsa aus Wittenberg beginnt am Pult die szenische Lesung mit „Meine Geschichte“.
Emily Kòsa aus Wittenberg beginnt am Pult die szenische Lesung mit „Meine Geschichte“. Thomas klitzsch Lizenz

WITTENBERG - „Nur, weil man lacht, heißt das nicht, dass man sich freut, und nur, weil man sich küsst, heißt das nicht, dass man sich liebt, und nur, weil man schwach ist, heißt das nicht, dass man nicht auch stark sein kann.“ Für Gina Menne sind es „Gegensätze“ - oder eben auch nicht. Es sind ihre Gedanken, die eigentlich wie der Wellenschlag des Meeres unaufhörlich auf das Ufer treffen. Und nur deshalb erhalten blieben, weil die Schülerin des Lucas-Cranach-Gymnasiums sie in jenem Moment festgehalten hat, bevor sie unter den nächsten Wellen verschwanden.

Viele von Anfang an dabei

Wenn „Gedanken Flügel bekommen“ heißt das Buch mit Gedichten und Geschichten der Gymnasiasten, das 2012 erstmals erschien. Nun ist, passend zum Cranach-Jahr, die zweite, ergänzte Ausgabe erschienen. Und wieder stehen die Autorinnen und Autoren vor Publikum, tragen am Freitag im Malsaal des Cranachhauses ihre Werke vor. Mancher der Autoren ist seit der ersten Stunde dabei, so wie Gina Menne und Emily Kòsa, beide nun in der zehnten Klasse. „Wir haben uns gefreut, als es hieß, dass es wieder ein Buch gibt“, sagt Gina Menne. Mit ihren Texten verarbeite sie Gefühle und Erlebnisse. „Vor zwei Wochen ist meine Tante gestorben, dazu habe ich jetzt etwas geschrieben. Aber das ist privat.“

Für Emily Kòsa ist die Lyrik eher das Mittel der Wahl. Viele Ideen bekomme sie aus dem Unterricht, erzählt sie. Deutsch bei ihrer Lehrerin Claudia Schwiefert-Damm, die die kreativen Zeilen ihrer Schüler mit andauernder Freude sammelt, und Ethik-Stunden scheinen besonders anregend zu sein. Mit „Meine Geschichte“ erzählt Kòsa, was sie zum Schreiben antreibt: „Weil ich immer einen Ausweg finde, auch wenn ich mich verrenn’. Weil ich Hoffnung sehe, dort, wo kein anderer sie findet...“

Zwei Stunden, umrahmt am Klavier von Jasmin Weinigel und Heinrich Pfeiffer, vergehen wie im Flug. Da wird über „Die Jugend heutzutage“ geschimpft, die am Computer hockt, raucht und alten Leuten die Einkaufstaschen klaut. Da wird dem Appetit auf Gummibärchen nachgegeben und die Suche nach Glück und Frieden in einer kaputten Welt mit Krieg und Umweltverschmutzung reflektiert. Für ihre gelungene Lesung ernten die zwölf Akteure unter anderem das Lob der Teilnehmer der Bundesdirektorenkonferenz (BDK). Die Ländervertreter der Gymnasialschulleiter sind von Bernd Ludlei, dem Direktor des Lucas-Cranach-Gymnasiums, eingeladen worden.

„Wenn ich sehe, was junge Menschen leisten können, habe ich keine Sorge um die Zukunft“, ist Rainer Stein-Bastuck, der scheidende BDK-Vorsitzende aus dem Saarland, fasziniert. Sein Nachfolger, Dieter Brückner aus Franken und selbst Deutschlehrer, will die Anregung nach Veitshöchheim mitnehmen. „Man merkt, dass es hier eine gewachsene Tradition ist“, betont er anerkennend.

Lob von allen Seiten

„Der Titel erinnert mich daran, wie ich mit der Taschenlampe unter der Bettdecke die Welt in Büchern entdeckt habe“, ließ Wittenbergs scheidender Oberbürgermeister Eckhard Naumann (SPD) Erinnerungen wach werden. Und er lobte: „Wenn junge Leute das, was sie wünschen, formulieren und es vor einem erlauchten Publikum vortragen, ist das schon etwas Besonderes.“ Gefühlvolles über die erste Liebe und die Trennung von ihr, Jahreszeitliches und Kurzweiliges kommt den Schülern aus der Feder und somit über die Lippen.

Das beeindruckt auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), der von einem anderen Termin herbeigeeilt ist. Er lädt sie alle zur Eröffnung der Cranach-Landesausstellung ein. Denn das, was diese Gymnasiasten schaffen, „hat in Sachsen-Anhalt nichts Vergleichbares“, findet er.

Die ergänzte Neuauflage „Wenn Gedanken Flügel bekommen“ ist zum Preis von 9,80 Euro im Lucas-Cranach-Gymnasium, An der Stiege 6 a, und in der Buchhandlung Kummer, Geschwister-Scholl-Straße 3, erhältlich. (mz)

Deutschlehrerin Claudia Schwiefert-Damm begrüßt Oberbürgermeister Eckhard Naumann.
Deutschlehrerin Claudia Schwiefert-Damm begrüßt Oberbürgermeister Eckhard Naumann.
Thomas klitzsch Lizenz