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Kirchentag in Wittenberg Kirchentag in Wittenberg: Wo werden Sie am 28. Mai sein?

Von Irina Steinmann 26.05.2017, 14:19
Die Glocken rufen zum Kirchentag. Hunderttausend(e) werden auf den Elbwiesen erwartet. Auch Wittenberger wollen dem Ruf folgen.
Die Glocken rufen zum Kirchentag. Hunderttausend(e) werden auf den Elbwiesen erwartet. Auch Wittenberger wollen dem Ruf folgen. Thomas Klitzsch

Wittenberg - Die Lutherstadt steht vor „dem“ Großereignis. Die MZ hat sich umgehört, wie Wittenberger den Tag verbringen wollen - oder müssen.

Andrea Klose, Bäckerei-Verkäuferin: Natürlich hier im Laden, wo denn sonst? Wir freuen uns auf das Geschäft zum Kirchentag und dann zum Reformationstag, ich arbeite ja auch gern und finde nicht, dass ich etwas verpasse drüben auf der anderen Elbseite. Wir haben, klar, für das Wochenende mehr Ware geordert und schon jetzt, neben den Reformationsbrötchen, ein Drei-Thesen-Brot im Angebot. Warum das so heißt? Weil es aus drei verschiedenen Körnern besteht, hat der Chef entworfen. Ich habe mir übrigens extra einen Roller zugelegt, um zur Arbeit zu kommen, weil das mit dem Auto ja nicht geht. Das ist ein CR 96, ein Roller für Erwachsene, bis 100 Kilo! Wie lange ich Sonntag hier sein werde, steht in den Sternen... (lacht)

Bernhard Naumann, „Luther“ (und Kirchmeister Stadtkirche): Ich habe die Information, dass das Lutherpaar nach dem Gottesdienst auf der Wiese sein soll. Wir haben in der Stadtkirche gut zu tun, auch wenn kein Gottesdienst ist, so dass ich noch nicht weiß, ob ich es vorher schaffe. Ich wäre aber gerne dabei, denn das ist ja etwas ganz Besonderes! Ich finde den Ort genial gewählt - Kirche darf auch mal aus sich herausgehen, wie hoffentlich auch die Wittenberger! In der Stadtkirche sind wir gespannt, was am Nachmittag passiert, ob die Stadt ,geflutet’ wird. Darauf muss man vorbereitet sein. Den Kirchentag 1983? Hab’ ich miterlebt, aber in Eisleben. Wir hatten eine lange Tafel in der Kirche St. Andreas - jeder brachte was zum Essen mit. Das war wunderbar.

Wilma Deißner, Gräfenhainichenerin: Ich fahre nach Stuttgart, ich fahre nach Hamburg (Schauplätze früherer Kirchentage), aber wenn das vor der Haustür stattfindet, kann ich nicht weg, leider! Wir treffen uns um Himmelfahrt nämlich immer mit unseren Städtepartnern - und Gräfenhainichen ist diesmal Gastgeber. Wir müssen aber mal sehen, ob wir nicht wenigstens Sonnabend nach Wittenberg kommen, da sind ja auch Veranstaltungen. Am Sonntag halten wir uns in Gräfenhainichen bereit für die Gäste auf den Spuren Paul Gerhardts, die Kirche ist offen, die Kapelle auch. Wir leisten so unseren Beitrag zum Jubiläum. Nach Wittenberg komme ich später auf jeden Fall, weil ich an den „Himmelsluken“ des Kirchenkreises beteiligt bin.

Gustav Pohl, Mitglied der Schlosskirchengemeinde: Ich habe Glück, ich werde abgeholt, sonst würde ich das mit meinem Rollator gar nicht schaffen zum Gottesdienst auf die Wiese. Dass die Welt zu uns kommt, ist eine schöne Sache. Übrigens auch, dass dort nicht nur alte Choräle gespielt werden, sondern auch moderne Musik - das wird ein Jugendfest und das ist bestimmt auch so beabsichtigt. Ich habe schon 1967 erlebt, die Feiern zum 450. Jubiläum. Aber das sind Welten! Es gab einen großen Festgottesdienst und einen historischen Markt. Ich habe damals eine Vase bekommen - und die gibt’s sogar noch. Eine negative Erinnerung: Ich war Türhüter an der Schlosskirche - und durfte nur geladene Gäste einlassen, leider!

Eva Löber, Wittenbergerin und Geschäftsführerin der Cranach-Stiftung: Ich werde Sonntag auf der Elbwiese sein, das Wetter soll ja gut werden, aber wir sind sowieso nicht aus Zucker. Wir haben an dem Tag natürlich auch in der Stiftung viel zu tun, aber wir haben einen entsprechenden Einsatzplan gemacht. Ob wir, mein Mann und ich, auch schon auf der Wiese übernachten werden, ist noch nicht sicher. Der Taizè-Abend reizt mich aber schon sehr. Nein, das ist nicht mein erster Kirchentag in Wittenberg, ich war schon 1983 dabei, da fand ja auch die Aktion „Schwerter zu Pflugscharen“ statt. Dieser Kirchentag in der DDR war gut besucht, ich erinnere mich an die Bilder vom Markt, da waren sogar die Denkmale belegt.

Dietmar Klingner, Kaffeeverkäufer: Ich bin auf der Elbwiese - mit dem Coffeebike. Ich habe die Durchfahrtgenehmigung, auch für ein Lieferfahrzeug, denn anders könnte ich die ganzen Waren ja gar nicht mitbringen. Das ist schon ein logistischer Aufwand - aber der Kaffee wird nicht ausgehen. Ich bin ja nur für die Backstage-Versorgung gebucht. Ohne Kassieren schaffe ich 130, 150 Kaffees pro Stunde. Wenn ich nicht auf der Wiese wäre, würde ich an dem Tag woanders arbeiten, das ist eben so im Sommer, da kann man nicht entspannt über die Wiese schlendern. Aber wenn ich nicht arbeiten müsste, würde ich hingehen. Ich bin Atheist, aber ich würde dort sein, aus kulturellen Gründen. Weil so etwas nie wieder vorkommt.

Christoph Krause, Pfarrer von Bad Schmiedeberg: Wir brechen gegen 7.30 Uhr mit zwölf, 13 Personen in zwei Kleinbussen zum Parkplatz in Ferropolis auf und fahren dann weiter bis Pratau. Das ist ja gar nicht so leicht, dorthin zu kommen. Aber wir haben eine Aufgabe: Wir gehören zu der Vielzahl von Teams, die die Kollekte einsammeln und das Abendmahl austeilen, mit Traubensaft übrigens, damit keiner ausgeschlossen wird. Wir gehen also in die geschätzt 100 000 Leute hinein. Die Pfarrer, wie ich, tragen Talar, die anderen Helfer sind an einem Maiensträußchen erkennbar, Birke. Am Nachmittag laden wir dann noch mit zum Picknick ein, damit die Leute nicht alle auf einmal die Wiese verlassen. Aber dann ist auch bald gut für uns, wir sind ja früh losgefahren.

Klaus Blümner, Seniorchef „Kimstädt“, Presse, Schreibwaren, Souvenirs seit 1867: Im Laden stehen. Mit Sondergenehmigung, wie jeden Sonntag von 9.30 bis 16 Uhr, die Kundschaft von auswärts ist immer sehr dankbar dafür. Wir sind zu dritt im Laden und werden diesmal wahrscheinlich sogar früher aufmachen und später zu. Ob wir überrannt werden? Na, ich hoffe doch! Wir haben viele Sachen neu ins Sortiment aufgenommen extra fürs Reformationsjubiläum, vor allem für die Amerikaner, zum Beispiel diesen englischsprachigen Luther-Comic. Wenn ich Zeit hätte, dann wäre ich allerdings schon auf die Festwiese gegangen, das kommt ja nicht wieder! (mz)