Karneval in Gräfenhainichen und Kemberg Karneval in Gräfenhainichen und Kemberg: Bürgermeister feixen sich eins

Gräfenhainichen/Kemberg - Mit Kanonendonner, einem Flaggentausch auf dem Wasserturm und einem Geburtstagskind als Prinz ist der Gräfenhainicher Carneval Club (GCC) am Mittwoch in seine 42. Session gestartet: „Glizzer, Glämer, GCC – Goldenes Hän(i)chen ojeh“.
So schnell wie in Gräfenhainichen war wohl selten ein Bürgermeister seinen Rathausschlüssel wieder los. Enrico Schilling (CDU) hat als Neuling im Amt selbst erst seit Mitte Juli Schlüsselgewalt. Nun ist er zum Zusehen verdammt. Der Neue lehnt sich genüsslich zurück. „Lasst sie machen“, sagt er und rät den Narren, nicht nur die Aktenberge in der Verwaltung abzuarbeiten. Wenn er die Schlüssel am Aschermittwoch wieder an sich reißt, hofft er auf eine prall gefüllte Stadtkasse.
Prinz hat Geburtstag
Das ist eine Aufgabe für den GCC, der in dieser Session von Matthias V. und Meike I. angeführt wird. Prinz Matthias steht Rathauschef Schilling nicht nach. Auch er kann begeistern und ist wortgewandt. Und weil er am 11.11. nicht nur die Regentschaft übernommen hat, sondern auch Geburtstag feiert, ist er nicht zu stoppen. Freibier!
Der GCC wäre sich freilich nicht treu geblieben, hätten seine Mitglieder nicht schon vor 11.11 Uhr die Schuhe geschnürt und den Wasserturm erklommen. Deutschlandfahne eingeholt, Hänicher Flagge gehisst: So ist der Boden für das närrische Treiben bereitet.
Die 42. Session verspricht bunter als die letzte zu werden. Glitzer und Glamour sind versprochen. Mehr noch. Der GCC ruft zum Wettbewerb auf und vergibt zum ersten Mal in seiner Geschichte das „Goldene Hän(i)chen“. Die Gräfenhainicher machen der Hauptstadt Konkurrenz.
Während dort bei der Vergabe der „Goldenen Henne“ mitgefiebert wird, ist in der Heide das erste Hän(i)chen schon überreicht. Enrico Schilling hat eins bekommen. „Als Vorschusslorbeer für die Arbeit, die er noch leisten muss“, wie die Narren betonen. Wer die anderen Preise bekommt, ist offen.
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Gute Karten hat auf jeden Fall derjenige, der bei der Galaveranstaltung am Sonnabend ab 18 Uhr im feinen Kostüm erscheint. „Goldene Hän(i)chen“ gibt es in den Kategorien „Don’t worry, be Hippie“, „Fürsten der Finsternis“, „Länder und ihre Gewänder“ sowie „Charmant und sexy“. Der Clou: Für die erste große Gala der Session sind noch Karten zu haben. Fahrrad-Loos hat sie im Angebot.
Geheimniskrämerei in Kemberg
Grau wölbt sich der Himmel über Kemberg. Von trister Novemberstimmung kann jedoch bei den zahlreichen Besuchern, die sich auf dem Marktplatz der Stadt am Tor zur Dübener Heide eingefunden haben, keine Rede sein. Stimmungsmusik hallt über das Areal, Kinder plappern aufgeregt durcheinander und die Senioren suchen sich ein ruhiges Plätzchen. Vor dem altehrwürdigen Rathaus hat Heike Beck Aufstellung genommen. Die Ortsbürgermeisterin hält einen überdimensionierten Schlüssel in ihren Händen. „Ich mache das jetzt als Ortsbürgermeisterin zwar erst das zweite Mal, aber bei den Schlüsselübergaben war ich bisher immer dabei“, erzählt sie. Für „ihren“ Karnevalsclub Kemberg (KCK) findet sie viele lobende Worte. „Den KCK gibt es bereits 54 Jahre. Auf dessen Mitglieder kann man sich immer verlassen und sie leisten eine hervorragende Arbeit, vor allem mit unseren jüngsten Einwohnern“, ergänzt sie. Schmunzelnd fügt Beck hinzu: „Im Laufe der Zeit haben sie ja schließlich ihren Nachwuchs selbst produziert“.
Angeführt von der Vereinsfahne, gefolgt von dem KCK-Vorsitzenden Thomas Hesse sowie dem Elferrat und den Funkenmariechen, marschiert die bunte Truppe auf. Thomas Hesse drängt gleich in die Näher von Heike Beck, um möglichst schnell in den Besitz des Schlüssels zu gelangen. Die letzten zehn Sekunden bis zur Übergabe werden vereint heruntergezählt und schon hält der „Obernarr“ das begehrte Stück in den Händen. Als Ausgleich erhält das Stadtoberhaupt einen großen Blumenstrauß. „Wir wissen doch, was unsere Frauen lieben. Außer uns Männern natürlich“, kommentiert Hesse diese Geste.
Beifall brandet auf, als die Bürgermeisterin die Mitglieder des Karnevalsclubs zu einem kleinen Umtrunk in den Ratskeller einlädt. „Freut euch nicht zu früh. Denkt daran, dass ihr jetzt auch die Geschäfte von mir übernehmen müsst“, versucht Heike Beck mit launigen Worten den „Ernst“ der Lage zu verdeutlichen. Der KCK- Schlachtruf „O-la-la, O-la-la, O-lal-la“ ertönt und Vereinsmitglied Michael Rösner greift zu seiner Quetschkommode, auch Akkordeon genannt. Die Funkenmariechen Marie-Chantal Kohnert und Maria Knobloch schwingen die Beine im Takt. Noch sind ihnen die Strapazen nicht anzumerken. „Manchmal hat man schon mächtig Muskelkater. Aber es lohnt sich immer und macht großen Spaß“, berichtet Marie-Chantal.
Für Thomas Hesse ist es ein gelungener Beginn der diesjährigen fünften Jahreszeit. „Wir haben auch in dieser Saison eine Reihe von Höhepunkten geplant. Das beginnt schon am kommenden Sonnabend mit unserer Auftaktveranstaltung. Da wird auch das Prinzenpaar vorgestellt werden“, verrät Hesse. Bis dahin ist von ihm allerdings kein Sterbenswörtchen darüber zu erfahren, wer sich hinter den hoheitlichen Tollitäten verbirgt.
