Kalenderprojekt "Cranach im Detail. 2014-2017" Kalenderprojekt "Cranach im Detail. 2014-2017": Pietsch liefert neue Details in Wittenberger

Wittenberg - Der Fotograf und Verleger Jürgen M. Pietsch setzt mit der evangelischen Stadtkirchengemeinde in Wittenberg das Kalenderprojekt „Cranach im Detail. 2014-2017“ fort. Nachdem in der Reihe bereits die Gemälde „Weinberg des Herrn“ (2014) und „Die Auferweckung des Jünglings zu Nain“ (2015) von Lucas Cranach dem Jüngeren erschienen sind, hat sich der Chef der Edition Akanthus (Spröda) nun dem Epitaph „Die Anbetung der Hirten“ gewidmet. Der Kunstkalender begleitet durch das Jahr 2016, erhältlich ist er u. a. in der Stadtkirche von Wittenberg sowie über Pietschs Verlag.
Das farbenprächtige Motiv für 2016 kann gewiss als ein Highlight bezeichnet werden. Andererseits ist die Geschichte, die mit dem 1564 vom jüngeren Cranach geschaffenen Epitaph „Anbetung der Hirten“ verbunden ist, interessant. Gewidmet wurde es Caspar Niemeck, der Ratsherr in Wittenberg war und 1542 mit Mitte 40 starb. Zeit seines Lebens, so schreibt die Stadtkirchenpfarrerin Kristin Jahn in ihrer Einführung, hat Niemeck mit seiner Frau auf ein Kind gehofft: „Nun knien die Kinderlosen vor dem Kind aller Kinder und beten.“ Dennoch werden im Bildtitel nur die Hirten geführt, denen - wir erinnern uns - Engel auf dem Feld die Nachricht von der Geburt des Heiland verkündet hatten, woraufhin die Männer sich auf den Weg zum Stall in Bethlehem machten.
Niemeck habe seinerzeit sein gesamtes Vermögen den Reformatoren vermacht. „Was sie den Menschen verkünden, sollten auch die Hirten hören“, so Jahn. Denn dass es „noch eine andere Wahrheit gibt als die, dass nur kinderreiche Leute von Gott gesegnete Menschen sind“, das habe Niemeck durch das Werk der Reformatoren begriffen.
1564 sei die „Anbetung der Hirten“ das einzige Bild mit einem biblischen Motiv gewesen, das Cranach in diesem Jahr fertiggestellt habe. Die Landschaft, die durch die Stallfenster sichtbar wird, erinnert eher an eine mitteldeutsche. Dies gilt ebenso für das Personal der Weihnachtsgeschichte, das sich um die Krippe versammelt hat. Auffallend prächtig ist die Kleidung von Maria und Joseph, auch das Kind in der Krippe ist in mehr als nur in Windeln gewickelt. Im Vordergrund kniet das Ehepaar Niemeck. Hinter dem ersten Pfeiler im Stall frisst das liebe Vieh, draußen stehen die Hirten mit ihren Schafen. Und über allem schweben Engel mit Spruchbändern.
Auch bei seiner aktuellen Kalenderarbeit ist es dem Fotografen Pietsch wieder gelungen, Details aus dem Gemälde sichtbar zu machen, die dem Betrachter des Originals in der Stadtkirche sonst eher verborgen bleiben. Hier ist es ein rotes Einhorn, dort das filigran gemalte Haar eines Hirten. Den Monat Dezember 2016 ziert, was naheliegend ist, das Kind in der Krippe. Über Caspar Niemeck schreibt Kristin Jahn: „Dass die Anbetung der Hirten möglich wird, dass jeder Zugang habe zu Gott und sich geliebt weiß, dafür gab er sein Vermögen den Reformatoren.“ Was aber, so die Theologin, „werfe ich in die Waagschale, damit das Leben für andere hell wird?“ Auch diese Frage stelle Cranachs Bild. (mz)