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Jahresrückblick November 2017 Jahresrückblick November 2017: Der Chef geht bei Unilever mit

Von Marcel Duclaud 10.01.2018, 11:24
Noch steht das Unilever-Schild am Eingang des Pratauer Werkes. Bis Mitte des Jahres soll der Verkauf an Finanzinvestor KKR über die Bühne sein.
Noch steht das Unilever-Schild am Eingang des Pratauer Werkes. Bis Mitte des Jahres soll der Verkauf an Finanzinvestor KKR über die Bühne sein. Th. Klitzsch

Pratau - Im November hatte die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten noch eine Jobgarantie gefordert, ein klares Bekenntnis zum Unilever-Standort Pratau ebenso. Hintergrund sind die Anfang vergangenen Jahres bekannt gewordenen Verkaufsabsichten betreffs der Margarine-Sparte des niederländisch-britischen Lebensmittelkonzerns.

Kurz darauf, im Dezember, herrscht Gewissheit: Das Geschäft mit den Brotaufstrichen, zu dem der Margarine-Produzent in Pratau gehört, wird verkauft - für satte 6,83 Milliarden Euro.

Für einiges Augenreiben sorgt der Name des Käufers. Es handelt sich um den Finanzinvestor KKR mit Sitz in New York. Der ist, gelinde gesagt, nicht unumstritten. Beteiligungsgesellschaften wie KKR haben nicht das beste Image, werden auch schon mal als Unternehmensjäger oder Heuschrecken bezeichnet. Allerdings ist ebenso zu hören, dass sich der Finanzinvestor um ein besseres Image bemüht.

Die Übernahme ist erst für Mitte des Jahres vorgesehen, nicht zuletzt die Betriebsräte hoffen also, für die betroffenen Beschäftigten - in Pratau sind das über 200 - möglichst viel erreichen zu können. Neu ist, dass eine Drei-Jahres-Garantie für die Arbeitsbedingungen akzeptiert wird.

Das sei eine wichtige Aussage und nicht selbstverständlich, erklärt der Europa-Betriebsrat von Unilever, Hermann Soggeberg gegenüber der MZ. Vereinbart worden ist das bei einem Treffen in Rotterdam, an dem Unilever-Geschäftsführung und Betriebsräte, unter ihnen der Pratauer André Hoyer, teilnahmen, nicht allerdings Vertreter des neuen Eigentümers KKR.

Soggeberg, der einräumt, dass die Drei-Jahres-Garantie nicht für Arbeitsplätze gilt, hofft, dass beim nächsten Treffen am morgigen Donnerstag - ebenfalls in Rotterdam - zum einen KKR-Leute teilnehmen und zum anderen weitere Zugeständnisse abgerungen werden können.

Als gute Nachricht bezeichnet er, dass der Chef der Brotaufstrich-Sparte, der Franzose Nicolas Liabeuf, im Amt bleiben soll nach der Übernahme, er also mitgeht zu KKR. Dass es Wachstumspläne gibt, dass der Finanzinvestor einiges vorhabe, nicht zuletzt dies sei zu hören gewesen, ebenso, dass KKR sämtliche Arbeitsstätten „und damit alle Arbeitsplätze“ übernehmen wird. Hermann Soggeberg: „Bei aller Vorsicht: Ich bin positiv überrascht.“

André Hoyer, der Mann vor Ort, bestätigt die von Soggeberg erwähnte Drei-Jahres-Garantie, die im Übrigen Teil eines Forderungskataloges sei, der bereits im Februar vergangenen Jahres präsentiert worden ist - als die ersten Nachrichten vom möglichen Verkauf der Sparte die Runde machten.

Es geht in der Garantie um den Erhalt sozialer Leistungen zum Beispiel bei der Altersvorsorge, um spezielle Unilever-Vereinbarungen, tarifliche Leistungen oder die Jahre der Betriebszugehörigkeit, die natürlich anerkannt werden sollen. „Wir hätten“, räumt Hoyer ein, „gerne eine unbefristete Garantie gehabt, mehr aber war zu diesem Zeitpunkt nicht zu erzielen.“

Nach wie vor von Unsicherheit geprägt ist die Stimmung der Belegschaft im Pratauer Traditionswerk, wo Margarinemarken wie Rama, Sanella, Lätta oder Becel hergestellt werden. „Man weiß einfach zu wenig.“ Das, was etwa im Netz über KKR zu lesen sei, verursache Fragezeichen, bemerkt der Betriebsrat aus Pratau. Im Hinterkopf sei natürlich: „Was bedeutet das für uns?“

Hoyers Hoffnung besteht darin, dass der neue Eigentümer investiert - in die Produkte, in die Marken, in die Mitarbeiter. „Es sind große Marken“, sagt der Pratauer, der den Betrieb seit 30 Jahren kennt, „auch Unilever war daran gelegen, dass sie entwickelt werden.“

Er geht davon aus, dass es zumindest kurzfristig zu keinen größeren Veränderungen am Wittenberger Standort kommt: „Wir haben einen Plan für dieses Jahr. Und der sieht vor, dass rund 120.000 Tonnen Margarine bei uns produziert werden.“

Was schwierig einzuschätzen sei, das räumt der Betriebsrat ein, ist die Entwicklung des Marktes. Wichtig ist ihm in jedem Fall, Gerüchten entgegenzutreten, die in der Welt sind seit dem Verkauf und unter anderem besagen, dass die Margarineproduktion in Pratau Geschichte sei und die Maschinen demnächst demontiert würden: „Das ist Unsinn.“ (mz)