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Kunst In Wittenberg wird Carl Rabus vor dem Vergessen bewahrt

Cranach-Stiftung und der Sammler Gerd Gruber zeigen Grafiken des von den Nazis verfolgten Künstlers Carl Rabus.

Von Marcel Duclaud 10.09.2021, 09:59
Marlies Schmidt zeigt einen der Linolschnitte von Carl Rabus:   ?Frau mit aufgestütztem Arm?
Marlies Schmidt zeigt einen der Linolschnitte von Carl Rabus: ?Frau mit aufgestütztem Arm? (Foto: Duclaud)

Wittenberg - Die Cranach-Stiftung fährt in Kooperation mit dem Wittenberger Sammler Gerd Gruber fort, Künstler vorzustellen, deren Werk bis heute weitgehend unbekannt ist und die von den Nazis verfolgt wurden. „Damit sie nicht vergessen werden“, wie Gruber betont.

Eröffnet wird am heutigen Freitag im Cranach-Haus am Markt eine Sonderausstellung, die sich Carl Rabus widmet, einem „Meister der Moderne“, wie es heißt. Gezeigt werden überwiegend in expressivem Stil gehaltene Linolschnitte des Mannes, der zur „verschollenen Generation“ zählt, wie Kunsthistorikerin Marlies Schmidt anmerkt. Künstler also, die keine Zeit hatten, sich zu etablieren, bevor die Nazis ihre Werke als entartet brandmarkten. Und nach 1945 wirkten sie oft „aus der Zeit gefallen“.

Rabus wurde 1898 in Kempten geboren, studierte an der Akademie in München, war kurz im Krieg. Er gehörte in den 1920er Jahren zu den bekannten und gefragten Illustratoren, stellte auch in Herwarth Waldens Berliner Sturm-Galerie aus - und engagierte sich politisch links. Was in den 1930er Jahren existenzbedrohend wurde. 1934 emigrierte Rabus nach Wien, nach dem Anschluss von Österreich folgte er seiner jüdischen Lebensgefährtin, der Fotografin Erna Adler, nach Brüssel.

Dort wurde der Künstler 1940 als „feindlicher Ausländer“ in ein französisches Internierungslager abgeschoben. Später ist er wegen „Rassenschande“ verurteilt und in Wien inhaftiert worden. Danach lebte er zeitweise im Untergrund. Erst in den 1970er Jahren kehrte das Paar nach Deutschland zurück, wo der Künstler 1983 starb. Rabus hatte Ausstellungen in Belgien, in den USA: „Weltweit“, wie Schmidt bemerkt.

In Deutschland ist er kaum bekannt. Dass sich das ändert, dafür hat Gerd Gruber einiges getan. Der Wittenberger nahm bereits 1974 Kontakt zu Rabus auf - und erhielt einen Linolschnitt aus der Serie „Passion“, den er bereits in der DDR mehrfach ausstellte. Inzwischen sind Arbeiten von Rabus aus der Sammlung Gruber in 18 Ausstellungen gezeigt worden.

Aus dem einen Linolschnitt wurden im Laufe der Jahre deutlich mehr Werke, etwa 40, sagt Gruber. Geschenke des Künstlers, später, nach dessen Tod, auch von seiner Frau. Darunter ein Unikat, eine Zeichnung aus dem französischen Lager St. Cyprien.

Das Motiv greift Rabus in der Serie „Passion“ auf, von der drei Arbeiten in Wittenberg zu sehen sind. Der Künstler verarbeitet darin seine Lager- und Kriegserfahrungen und die Verfolgung durch die Nazis. Ein Blatt zeigt etwa einen monumentalen Mann mit Pistole, vor ihm ziehen die Verfolgten vorbei, die ihr Kreuz schleppen. Titel: „So ziehen sie vorbei, ihre Bürde tragend.“

Zu sehen sind in der kleinen Wittenberger Ausstellung auch spätere Werke, die nach dem Krieg entstanden. Rabus tendierte in dieser Phase zur Abstraktion. Überdies werden in Vitrinen einige von dem Künstler illustrierte Bücher gezeigt. Und dann ist da noch ein Brief, den Carl Rabus 1974 in die DDR schickte - zu einem Mann aus Wittenberg, der sich für ihn interessierte. Gerd Gruber hält ihn in Ehren. (mz)