1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Geplantes Speckebachquartier am Ostende des Bahnhofs: In Wittenberg soll eine neue Pendler-City am Bahnhof entstehen

Jetzt live

Geplantes Speckebachquartier am Ostende des Bahnhofs In Wittenberg soll eine neue Pendler-City am Bahnhof entstehen

Das Speckebachquartier am Bahnhof soll zum einen Parkplatz und Tor zur Laga werden, zum anderen ein neues Wohngebiet für Pendler in die Großstädte. Im Stadtrat fremdeln einige mit dem Projekt, warum es trotzdem viel Zustimmung findet.

Von Julius Jasper Topp 19.06.2024, 13:00
Der Parkplatz nahe am Bahnhof in der Elstervorstadt wird jederzeit gern genutzt. Doch soll er keine Zukunft haben.
Der Parkplatz nahe am Bahnhof in der Elstervorstadt wird jederzeit gern genutzt. Doch soll er keine Zukunft haben. (Foto: Thomas Klitzsch)

Wittenberg/MZ. - Übertrieben grünes Prestigeprojekt oder visionäre Wohnlösung von Morgen? Zwischen diesen beiden Ansichten changierte die Diskussion um das geplante Wohngebiet in der Elstervorstadt, östlich des Wittenberger Hauptbahnhofs im Stadtrat in der vergangenen Woche. Die MZ hatte bereits 2022 über das Vorhaben berichtet, zuletzt hatte im Dezember ein Stadtgespräch zum Thema stattgefunden.

Nah am Gleis

Angedacht waren unter anderem circa 100 Mietwohnungen, ein Parkplatz samt -haus, Einkaufsläden, ein Ärztehaus und eine Kita. Der Clou: Das neue Wohngebiet, das zuerst unter dem Namen „Katharinas Gärten“, später dann unter „Speckebachquartier“ firmierte, bietet Anreize für Pendler, die in Berlin oder Leipzig arbeiten, aber lieber preisgünstiger und ländlicher in der Mitte der beiden Städte leben wollen. Die besonders energiesparenden Wohnungen sollen ohne Parkplatz vor der Tür auskommen. Innerhalb des Quartiers soll es keinen Pkw-Verkehr geben, lediglich Müllabfuhr und Anlieferungen sollen fahren. Dafür sitzt man binnen Minuten in ICE, Regional- oder S-Bahn, wenn man den Tunnel durchquert hat. Für die Mobilität im Stadtverkehr soll vor allem auf Fahrrad und Carsharing gesetzt werden.

Allein der fehlende Parkplatz vor der Tür sorgte im Stadtrat bei einigen für ein leichtes Fremdeln mit dem Projekt. Stefan Kretschmar (Freie Wähler) kann sich nach eigenem Bekunden im ländlichen Raum ein Leben ohne Auto nur schwer vorstellen. Aber: Es sei ein „Zukunftsprojekt für Jüngere“ und seine Fraktion werde zustimmen. Auch Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos) sah sich selbst eher nicht mit geteiltem Leihauto oder Lastenrad zu seinen Terminen fahren. „Aber hier ist ein Investor, der plant eine Investition auf eigenes Risiko“, sagte er. Es brauche neue Ideen, sonst drohe Wittenberg irgendwann abgehängt zu werden. Eine Anwohnerin hatte zuvor gefragt, warum es so viel Wohnungsleerstand in der Stadt gebe und weshalb nicht die alten Bauten saniert und mit Leben gefüllt werden könnten. Den Leerstand gebe es, weil sich das Sanieren für die Eigentümer nicht rechne, sagte Zugehör. Das sei eben der Zeitgeist. Wittenberg könne so neue Einwohner gewinnen. „Und die Pendler, die nach Berlin und Leipzig fahren – da können wir auf die Deutsche Bahn vertrauen – irgendwann haben die da auch keine Lust mehr drauf“, scherzte er.

Einzelstadtrat Dirk Hoffmann (ehemals AdB) empfand das Speckebachquartier als „Stadt in der Stadt“, durchsetzt von „grüner Ideologie“, das den Anwohnern der nahen Kirchhofstraße unnötige Belastungen zumute.

Im Dezember hat es ein Stadtgespräch zum Thema gegeben.
Im Dezember hat es ein Stadtgespräch zum Thema gegeben.
(Foto: Nitz)

Uwe Loos (Linke) wollte wissen, ob die derzeitigen Parkplätze am Bahnhof, die insbesondere bei Großveranstaltungen wie „Luthers Hochzeit“ genutzt werden, auch während der Arbeiten verfügbar blieben. „Sonst haben wir keine Plätze mehr für Pendler und während der großen Feste“, sagte er. In welchem zeitlichen Ablauf die Arbeiten ablaufen würden, sei noch unklar, hieß es dazu von Fachbereichsleiter Stadtentwicklung Jean Kammer. Bislang handele es sich lediglich um einen Entwurfsbeschluss.

Laga-Parkhaus inklusive

Die Parkplätze sollen später auch für die Besucher der Laga zur Verfügung stehen. Die Stadt erhält also das gewünschte Parkhaus, für das der Investor, die in Büren ansässige GRP 3 Immobilienprojekt GmbH & Co. KG, aufkommen soll. In den Unterlagen für den Stadtrat heißt es da: „Der Investor beabsichtigt ein Parkhaus zu errichten, welches für die Laga 2027 zur Verfügung stehen soll. Unter Berücksichtigung der Bauzeiten und des Laga-Zeitraums wird eine entsprechende vertragliche Bindung zur Realisierung des Parkhauses vorgesehen. Der Vertrag wird einerseits zur Sicherung der Parkflächen während der Laga als auch zur störungsfreien Durchführung der Laga notwendig.“

Am Ende stimmte der Stadtrat dem B-Plan-Entwurf bei zwei Gegenstimmen zu. Voraussichtlich im Oktober wolle der Investor ein weiteres Stadtgespräch abhalten, hieß es von der Stadtverwaltung. Ursprünglich sei dies bereits für das Frühjahr geplant gewesen, da sich Unklarheiten ergeben hätten, habe sich dies verschoben.