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Hotelschiff "Junker Jörg" Hotelschiff "Junker Jörg": Konflikt mit Amt kommt in den Stadtrat

Von Irina Steinmann 30.03.2017, 15:12
Groß war der Andrang beim Wochenende der offenen Tür auf dem neuen Hotelschiff „Junker Jörg“. Um den Liegeplatz gibt es aber einen Konflikt. Das Wasser- und Schifffahrtsamt hält Anleger und Standort für ungeeignet.
Groß war der Andrang beim Wochenende der offenen Tür auf dem neuen Hotelschiff „Junker Jörg“. Um den Liegeplatz gibt es aber einen Konflikt. Das Wasser- und Schifffahrtsamt hält Anleger und Standort für ungeeignet. Klitzsch

Wittenberg - Die Sitzung war schon weit über drei Stunden alt, als es dann überraschend doch noch einmal interessant wurde im Ratssaal. Ein Gastredner in Kapitänsuniform trat ans Pult, Jan Harnisch. „Wir haben große Probleme“, klagte der Wittenberger Touristikunternehmer vor den Stadträten.

Es geht um Harnischs jüngsten Streich, das Hotelschiff „Junker Jörg“. Das 94-Meter-Schiff liegt seit wenigen Wochen in Kleinwittenberg östlich der Rheinstraße vor Anker, zum Wochenende der offenen Tür kamen Anfang März, wie Harnisch seinerzeit stolz berichtete, 10.000 Neugierige.

Seither kann man auf dem Schiff speisen, und es wohnen dort auch bereits die ersten Übernachtungsgäste. Wo also ist das Problem?

Zu groß für Anleger und Hafen?

Das Problem ist, dass die „Junker Jörg“ zu groß ist. So sieht es das für die Wittenberger Elbe zuständige Wasser- und Schifffahrtsamt Dresden: Der Anleger sei für ein Schiff dieser Ausmaße „in keiner Weise“ geeignet, so Amtsleiter Klaus Kautz, zudem beeinträchtige die „Junker Jörg“ die Nutzbarkeit des Schutzhafens.

Kern des Konflikts: Ist der Schutzhafen noch nutzbar?

Der Konflikt mit dem Amt tobt unter der Hand schon seit vielen Monaten, jetzt haben sich Harnisch und sein Geschäftspartner Mike Pickran mit der Bitte um Unterstützung und Rückhalt auch an den Stadtrat gewandt, nachdem man an anderen Stellen - vom Ministerpräsidenten bis hinauf zum Bundesverkehrsminister, wie Harnisch den Stadträten berichtete - bereits vergeblich vorstellig geworden war.

Der Schiffsunternehmer und frischgebackene Hotelier verwies auf die 23 Mitarbeiter, die dank der am Ende annähernd Vier-Millionen-Investition Beschäftigung gefunden haben, und die weiteren Geschäftsfelder, wie etwa die beiden Altstadtbahnen, für die bereits jetzt übers Jahr etwa 350 Busanmeldungen vorlägen.

„Wir wollen in diesem Jahr etwa vier Millionen Euro Umsatz machen“, kündigte Harnisch an - „und jetzt darf der wegen 7,30 Meter da nicht liegen“. „Wir brauchen jetzt noch mehr Hilfe“, sagte der Kapitän und dankte mit diesen Worten der Stadtspitze, Oberbürgermeister und Bürgermeister, die sich bereits ordentlich ins Zeug gelegt hätten.

Vier Millionen Euro Umsatz: Streit um 7,30 Meter Länge

Die Stadträte ihrerseits sparten nicht mit Worten der Unterstützung. Stefan Kretschmar (Freie Wähler) wollte „Flagge zeigen“, Linke-Fraktionschef Horst Dübner („Eine verfahrene Kiste“) verwies auf die häufig geforderte Wittenberger Gastgeberschaft und legte dem Wasser- und Schifffahrtsamt eine Ausnahme von der Regel nahe.

Ungewohnt deutlich forderte zudem der Straacher Klaus Eckert (Freie Wähler) eine „Ausnahmegenehmigung“ für die „Junker Jörg“. Es wurde aber auch leise Kritik an Harnisch laut, insbesondere aus den Reihen der CDU: Sowohl Fraktionschefin Bettina Lange als auch Frank Scheurell (MdL) verwiesen auf das „unternehmerische Risiko“ und vermeintliche „Versäumnisse“ (Scheurell) seitens der Investoren, Lange führte zudem Sicherheitsbedenken mit Blick auf den Schutzhafen ins Feld.

Oberbürgermeister kündigt Unterstützung an

Angesichts des Meinungsbildes pro „Junker Jörg“ im Stadtrat kündigte Oberbürgermeister Torsten Zugehör (parteilos) an, sich bei den Verantwortlichen weiter für Harnisch und Pickran verwenden zu wollen.

„Wenn wir eine Hand gereicht bekommen, sollten wir sie nicht ausschlagen“, sagte Zugehör und bezog sich damit offenbar auf eine mögliche Lösung: Wie Jan Harnisch bereits im Stadtrat angekündigt hatte und der MZ am nächsten Morgen gleichwohl nur schmallippig bestätigte, könnte der „Lösungsansatz“ darin bestehen, ein Stück weiter westlich einen eigenen Anleger zu bauen.

Hoffen und Bedenken: Lösung erst in 2018?

Er hoffe auf eine positive Entscheidung in der kommenden Woche, sagte Harnisch und begründete damit auch seine Zurückhaltung gegenüber der MZ. Realisieren ließe sich das Vorhaben dann „relativ schnell“, sagte er mit Blick auf die bald zu erwartende Gästeflut 2017 auch auf der „Junker Jörg“.

Diesen Optimismus teilt man in Dresden allerdings nicht. Eine solche Verlegung sei „unter bestimmten Voraussetzungen“ in der Tat möglich, erklärte WSA-Leiter Kautz am Donnerstag auf Anfrage der MZ.

So müsse dafür unter anderem allerdings die so genannte Wendestelle (Durchmesser 130 Meter) um 30 Meter nach Osten verlegt werden, diese „umfangreiche wasserbauliche Maßnahme“ sei seitens des WSA für das 2. Halbjahr 2018 geplant. Was für den Bau eines neuen Anlegers wiederum bedeute: „Eine solche Lösung ist nicht kurzfristig umsetzbar.“ (mz)