Hobby-Eisenbahner steht unter Volldampf
Zschornewitz/MZ. - In gemütlicher Runde im wahrlich nicht kleinen Kreis von Freunden und Bekannten und mit einem gut gefüllten Präsentkorb wollte er feiern. "Die Lok der Baureihe 01 möchte ich haben." Kirchhoff ist seinem Hobby treu geblieben. Der am Dienstag 70 Jahre alt gewordene Wahl-Zschornewitzer hat sich Modell-Eisenbahnen verschrieben, setzt auf die Spur H 0 und freut sich diebisch über seine Errungenschaften. Er holt die Schnellzuglok der Union Pacific hervor, schwärmt über deren Vorzüge, die von Kesselgeräuschen bis hin zur digitalen Steuerung reichen.
Das ist die Welt Kirchhoffs, zu der neben Partnerin Sawang - "ihrer guten Pflege habe ich zu verdanken, dass ich 70 Jahre werden konnte" - vor allen Dingen Zschornewitz gehört. Die Liebe zum Ort wuchs Stück für Stück. Und sie ist auch unternehmerischem Gespür und Zufall zu verdanken.
Hans Kirchhoff wurde 1938 in Gaggenau geboren. "Ich bin kein Frankfurter. Dahin hat es mich erst nach dem Studium in Stuttgart und Hamburg verschlagen. Das muss auch mal gesagt werden." Der Schwabe drückte die Schulbank, hat das Diplom in Physik und Geophysik, legte Betriebswirtschaft nach. Und wagte 1972 den Schritt in die Selbständigkeit. "Oberflächentechnik und Oberflächenstrahlanlagen waren unser Thema. Wir haben damals auch mit MBB zusammengearbeitet beim Airbus A 300."
Kirchhoff erinnert sich gern daran, freut sich aber auch über den Zufall, der ihn in die Gräfenhainichener Region führte.
An die damalige Zentralwerkstatt in der Kreisstadt hat er eine Oberflächenbehandlungsanlage verkauft, Korund wollte er in Zschornewitz kaufen. "Da habe ich erfahren, dass alles praktisch vor dem Aus stand. Da war schnell der Entschluss klar, das Ding zu kaufen." Ein Wagnis, das Kirchhoff auch finanziell gehörig belastete. Aber alles in allem sei es trotz großer Schwierigkeiten gut gelaufen, die Jobs und die Schmelze gebe es noch. "Und ein Zuhause kann ich mir auch leisten."
Kirchhoff ist Zschornewitz treu geblieben. Weil er hier jede Menge Freunde gefunden hat, ihm die Atmosphäre einfach gefällt. Er hat sich aber auch eingebracht und nicht nur den Schmelze-Chef herausgekehrt. Er war Übungsleiter der Kegeldamen, spielt seit mehr als zehn Jahren Sonntag für Sonntag Skat, sitzt für die Linken im Gemeinderat. "Die Entscheidung, das für die Partei zu machen, ist mir nicht leicht gefallen", sagt er noch heute. "Aber Günter - der Bürgermeister Günter Gröbner - hat mich überzeugt. Obwohl ich ganz sicher nicht zum Kommunisten werde."
Schmelze-Eigentümer ist er allerdings auch nicht mehr. 2002 hat er den Betrieb verkauft, hat jetzt Zeit, seine Hobbys zu leben, sich einzubringen. "Ohne das jemand denkt, dass ich es nur mache, um für die Schmelze etwas herauszuholen", so der Jubilar.
Kirchhoff engagiert sich derzeit im Kampf der Zschornewitzer gegen steigendes Wasser und nasse Keller. "Wir müssen da was erreichen, der Verwaltung auf die Füße treten." Auch hier ist er sich treu geblieben. Stures Verwaltungshandeln und das Aussitzen von Problemen bringen ihn seit Jahren auf die Palme. Da braucht es immer wieder den Ruhepol Familie. "Sawang ist so gut zu mir", verteilt Kirchhoff gern Komplimente.