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Gendarm überwacht Erdschwein im Ofen

Von ULF ROSTALSKY 07.09.2009, 16:50

BAD SCHMIEDEBERG/MZ. - "Nichts für Vegetarier", kündigte der Sachse in Amtsrobe an und hatte den Erdofen stets und ständig im Blick.

Der war Stunden vorher angeheizt, auf 450 Grad gebracht, mit einem gut 40 Kilogramm schweren gepökelten Hausschwein bestückt und verschlossen worden. Fünf Stunden, weiß der Kenner, braucht es, bis eine besondere Leckerei zu Tage kommt. Erdschweinessen war auch zur jüngsten Auflage des Turmfestes der große Renner. Doch "Schöne Aussicht"-Küchenchef Gerald Lexius samt Chefin Anja Lexius sind umtriebig genug, um es bei solchen Gaumenfreuden nicht zu belassen. Der Erdräucherofen, aus dem am Sonnabend das Schwein geholt wurde, hat einen Bruder bekommen. "Wir haben getüftelt, gebaut und wirklich erst in letzter Minute das Handwerkszeug beiseite gelegt", erzählt Lexius den trotz mäßigen Wetters in großer Schar erschienen Besuchern.

Gendarm Knoll assistierte, das Tuch fiel und hervor kam eine übergroße Urkunde, die den Bad Schmiedebergern Einmaliges bescheinigt. Der neue Ofen ist beim Münchener Patent- und Markenamt als Gebrauchsmuster eingetragen. Im Prinzip, so Lexius zu den Gästen, funktioniere alles nicht sehr viel anders als beim Vorgängermodell. Doch der neue Ofen verfüge über ein bisher nicht gehabtes Be- und Entlüftungs- sowie Verschlusssystem und biete neuartige Ablagetechniken. Grund genug für die Eintragung beim Amt.

Für Erika und Manfred Liebezeit aber nur ein kurzer Moment des Innehaltens. "Moment, ich muss das Schwein sehen." Mit Fotoapparat in der Hand lugte der Ehemann über den Ofenrand und freute sich auf ein deftiges Vergnügen. "Aber das Turmfest ist natürlich mehr", erklärte der Leipziger, dem die Heide zur zweiten Heimat geworden ist. "Wo wir doch fast jede Woche hier unterwegs sind."

Am Fuße des 99 Jahre alten Gemäuers war ein Markt für allerhand Produkte aus der Heide aufgebaut. Es gab den Tee für praktisch jede Lebenslage, Likör und Kräuter. Der Renner schlechthin blieb aber das Schwein, das nicht das letzte sein soll, das bei Festen unterm Turm verspeist wird.

Nächstes Jahr steht der Kaiser-Wilhelm-Turm 100 Jahre. "Natürlich werden wir da richtig große feiern", kündigen die Hausherren an. Dann aber wahrscheinlich etwas früher als in diesem Jahr. Zwar sind die Fans der "Schönen Aussicht" augenscheinlich wetterhart. Doch etwas wärmer und mit deutlich weniger Regen mögen auch sie die Partys im Wald. Es war Zukunftsmusik. Und Gendarm Knoll hatte noch lange nicht genug. Er stolzierte durch die Reihe und stand am Abend sogar auf der Bühne. Theater unterm Turm: Auch das kommt an in Schmiedeberg.