1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Wittenberg
  6. >
  7. Ganztagsschule "Ferropolis" in Gräfenhainichen: Ganztagsschule "Ferropolis" in Gräfenhainichen: Abschied mit Wehmut

Ganztagsschule "Ferropolis" in Gräfenhainichen Ganztagsschule "Ferropolis" in Gräfenhainichen: Abschied mit Wehmut

Von Ulf Rostalsky 20.01.2016, 18:19
Schulleiterin Carola Nitsche mit dem Ferrolino, dem Schulmaskottchen. Nach 42 Dienst- und 25 Schulleiterjahren geht sie am heutigen Donnerstag in den verdienten Ruhestand.
Schulleiterin Carola Nitsche mit dem Ferrolino, dem Schulmaskottchen. Nach 42 Dienst- und 25 Schulleiterjahren geht sie am heutigen Donnerstag in den verdienten Ruhestand. thomas klitzsch Lizenz

Gräfenhainichen - In diesen Wochen passiert alles ein letztes Mal. Noch einmal Dienstberatung, noch einmal Zeugnisse unterschrieben. Noch einmal die Tür zum Büro verschließen. „Es ist so. Es ist mein Abschied“, sagt Carola Nitsche. Die Lehrerin aus Leidenschaft feiert heute 63. Geburtstag und hängt ihren Job an den Nagel.

Die Rektorin der Ganztagsschule „Ferropolis“ geht in den Ruhestand. „Vorzeitig, aber aus ganz freien Stücken“, erklärt die Frau, die das Gesicht der Sekundarschule im Poetenweg war. Sie scheut sich auch nicht, von „meiner Schule“ zu sprechen. Immerhin hat sie im Plattenbau seit seiner Einweihung gearbeitet. Ein Vierteljahrhundert war sie hier Chefin. Erst Direktorin, später Rektorin.

Carola Nitsche hat den Wandel des Schulsystems hautnah miterlebt. „Es war nicht immer einfach. Es gab auch manche weniger populäre Entscheidung zu treffen. Aber das ist normal, wenn Schulen und mit ihnen Lehrerkollegien zusammengelegt werden.“ Müde sei sie dennoch nie geworden. „Ich war gern Lehrerin und Schulleiterin.“ Das „War“ ist derzeit die größte Schwierigkeit. Der Abschied vom Schuldienst ist endgültig und lässt die verheiratete Mutter zweier Söhne und stolze Großmutter im Unklaren. Sie weiß noch nicht, wie das Leben ohne Schule funktionieren wird.

Immerhin hat sie seit der eigenen Einschulung praktisch immer mit Schule und Unterricht zu tun gehabt. Aus Radegast (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) stammt sie. Nach der zehnten Klasse springt sie auf einen besonderen Zug auf. In Köthen sucht man Lehramtsstudenten. Die bleiben fünf Jahre an der Hochschule. Das Abitur gibt es im Vorbereitungsjahr. Am Ende ist Carola Nitsche Lehrerin für Mathematik und Chemie. „Genau meine Sache“, erinnert sie sich.

Aus Köthen kommt sie durch die zentrale Vermittlung nach Gräfenhainichen. Das war 1974. Die junge Lehrerin unterrichtet an der Polytechnischen Oberschule „Bernhard Koenen“, dann an der alten und schließlich mit deren Umzug in den Poetenweg in der neuen „Fritz Nimmich“. Alles zusammen macht das 42 Jahre Schuldienst aus.

Dabei ist Carola Nitsche nicht einfach nur mitgeschwommen. Sie hat Ideen entwickelt und dafür gestritten. „Einfach war das nicht. Unser jetziges Ganztagsangebot hat auch nicht allen Kollegen sofort gefallen.“ Die Rektorin steht dazu. „Nachmittagsangebote im DDR-Schulwesen waren nicht verkehrt.“ Wohl auch deshalb macht sie aus der Vorliebe für Ganztagsunterricht in der gebundenen Form, wie er hier praktiziert wird, kein Geheimnis. Der Vorteil: Klassischer Unterricht und zusätzliche Angebote können über den Tag verteilt und gemischt werden. „Da haben alle Schüler etwas davon. Auch die, die aus anderen Ort kommen.“

Die Ferropolisschule ist anerkannte „Gesunde Schule“ und „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage.“ Sie ist modern und fit für die Zukunft. Fünf Millionen Euro wurden vor vier Jahren im Haus verbaut. Dafür zog die komplette Schule für ein Jahr nach Oranienbaum um. „Das war eine Belastung für alle. Aber die Schule ist jetzt auch baulich etwas Besonderes“. Noch einmal wandert der Blick die Fassade entlang. Ferropolis. In fetten Lettern steht es am Giebel des Hauses. „Die Vision von der Stadt aus Eisen hat mich begeistert. Schön, dass alle Verantwortlichen mitgespielt haben und wir den Namen wählen konnten“, sagt Carola Nitsche und nimmt Ferrolino in den Arm. Das Schwergewicht ist das Maskottchen „meiner“ Schule. (mz)

So präsentiert sich die Schule nach der Sanierung.
So präsentiert sich die Schule nach der Sanierung.
thomas klitzsch Lizenz