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Martin Luther Fußball und Martin Luther: Welche Lutherstadt in der Tabelle ganz oben steht

Von Wolfram Bahn 14.06.2016, 14:22
Immer schön den Ball am Fuß: Martin Luther.
Immer schön den Ball am Fuß: Martin Luther. Montage: Maik Schumann

Wittenberg - Wenn es um die touristische Rangfolge der Lutherstädte geht, rangiert Wittenberg vorn. Doch wenn man die fußballerischen Qualitäten als Messlatte nimmt, liegt Eisleben mit der Reformationsmetropole an der Elbe fast auf Augenhöhe. Das ergibt sich jedenfalls aus einer fiktiven Tabelle mit den 16 Orten, die im „Bund der Lutherstädte“ vereint sind.

Dynamo sorgt für Furore

Betrachtet man die Platzierungen der besten Teams aus den Lutherstädten, würde sich der MSV Eisleben auf dem elften Platz einfinden. Er läge damit vor den besten Wittenberger Teams Victoria und Einheit, die nur in der Kreisoberliga spielen. Das wäre nur Rang 14 in der Tabelle.

1. FC Augsburg - 1. Bundesliga
2. 1. FC Magdeburg - 3. Liga
3. Rot-Weiß Erfurt - 3. Liga
4. HFC - 3. Liga
5. W. Nordhausen - Regionalliga
6. W. Worms - Regionalliga
7. FC Eisenach - Oberliga
8. Wittenberg - Verbandsliga
9. FV Speyer - Landesliga
10. FC Zeitz - Landesliga
11. MSV Eisleben - Landesliga
12. FC Coburg - Landesliga
13. VfB Marburg - Landesliga
14. Torgau - Nordsachsenliga
15. Schmalkalden Kreisoberliga
16. Heidelberger SC - Kreisklasse

Die Ehre rettet aber Verbandsligist FC Grün-Weiß Piesteritz. Dadurch gelingt der Sprung ins Mittelfeld auf Rang acht. Die Eisleber spielen eine Etage tiefer in der Landesliga Süd. Das sind also zwei Klassen höher als die beiden Teams, die Wittenberg im Namen haben. Eisleben beendet als Aufsteiger die Saison auf Platz 12.

So ging es mit den Wittenbergern bergab

Auch Einheit Wittenberg hat einst Landesliga gespielt, doch dann ging es bergab. So wie die Elbestädter - die Ausnahme bildet eben nur die Volkspark-Elf - den Eislebern, die auch noch Aufbau im Rennen haben, fußballerisch nie das Wasser reichen konnten. Immerhin ist der MSV, der 1990 durch Fusion entstand, ein Nachfolger von Dynamo Eisleben.

Viele Jahre lang hat die Sportgemeinschaft in der DDR-Liga für Furore gesorgt. 1965 wäre die Elf fast in die Oberliga aufgestiegen. Doch nach einer 1:3-Niederlage bei Motor Eisenach blieb nur der zweite Rang hinter Turbine Erfurt. Beide Orte sind übrigens heute mit Eisleben im „Bund der Lutherstädte“ vereint. Erfurt, die Stadt, in der Luther an der Universität studierte und in den Augustinerorden eintrat, hat in der 3. Liga den achten Platz geholt.

Als Lutherstädte gelten die Orte, in denen der deutsche Reformator Martin Luther gelebt oder maßgeblich gewirkt hat. Die Städte Eisleben, wo er geboren wurde und auch starb, und Wittenberg, wo er die Reformation einläutete, führen den Begriff Lutherstadt offiziell im Namen. So wie auch Mansfeld-Lutherstadt, wo der Reformator aufgewachsen ist und zur Schule ging. Der „Bund der Lutherstädte“ wurde 1993 in Worms aus der Taufe gehoben. Anlass war der 125. Jahrestag der Aufstellung des Wormser Lutherdenkmals. In der Vereinigung sind sechzehn Städte zusammengeschlossen, darunter auch Eisleben und Wittenberg, nicht aber Mansfeld.

Der Bund verleiht alle zwei Jahre den Preis „Das unerschrockene Wort“. Damit werden Menschen gewürdigt, die für die Gesellschaft bedeutsame Aussagen gemacht und gegenüber Widerständen vertreten haben. Zu den Preisträgern gehören die Theologen Richard Schröder, der Liedermacher Stephan Krawczyk, die Band Pussy Riot und die Aktion „Keine Bedienung für Nazis“.

Die Blumenstädter gehörten schon früher zu den besten Thüringer Teams. Vorgänger Turbine wurde in den 1950er Jahren zweimal DDR-Meister. Als Dritter der Oberliga schaffte Rot-Weiß 1991 den Sprung in die 2. Bundesliga und die Teilnahme am Uefa-Cup, heute Euro-League. Davon kann der FC Eisenach, der aus dem Zusammenschluss dreier Vereine hervorging, nur träumen.

Mit acht Pünktchen auf dem Konto steigen die Nachfolger der Mannen von Motor Eisenach, die einst in der DDR-Liga spielten, wieder aus der Oberliga ab. Für die Stadt, über der die Wartburg thront, in der Luther die Bibel übersetzte, bleibt so nur ein Platz im Mittelfeld der Lutherstädte. Damit rangieren die Thüringer jedoch immer noch vor Speyer, Zeitz, Eisleben und Coburg, die mit der Landesliga vorlieb nehmen müssen.

Fans schwärmen von Bauchspieß

Das pfälzische Speyer, das durch eine Protestaktion für Luther von 1529 in die Annalen einging, ist Staffelsieger geworden und dadurch in die Verbandsliga der Region aufgestiegen. Der Verein hat wechselvolle Zeiten durchgemacht. Er musste 1991 sogar sein Stadion verkaufen. Ähnliche Schicksalsschläge hatte der Fußball in Coburg zu verkraften.

Der FC wurde erst 2011 gegründet und übernahm die Erbmasse eines anderen Vereins, der sich aufgelöst hat. Der Verein im Norden Bayerns rangiert auf dem 12. Platz der dortigen Landesliga. Luther soll einst hier Verhandlungen zur Befriedung der religiösen Auseinandersetzungen zwischen Protestanten und Papstkirche geführt haben. In seinem Leben hat der Reformator auch Zeitz mehrere Besuche abgestattet, so 1542, um den ersten evangelischen Bischof einzuführen. Jahrhunderte später ist die Stadt zu einer Fußball-Hochburg geworden. Als Achter der Landesliga Süd sieht die sportliche Bilanz eher durchwachsen aus.

Die Chemie-Elf spielte als Vorgänger in der Saison von 1958 bis 1960 noch in der DDR-Oberliga. Bis heute schwärmen die eingefleischten Fans von Manfred Kaiser und von Dr. Bernd Bauchspieß, der zweimal Torschützen-König wurde. Er ging später zu Chemie Leipzig. In der Messestadt wurde dem ersten Fußballer des Jahres in der DDR sogar ein Denkmal gesetzt.

Die Tradition wird auch in Nordhausen an der A 38 hoch gehalten. Es ist die erste Stadt, die sich 1524 per Ratsbeschluss zur Reformation bekannte. Auch die Wacker-Elf, deren Wurzeln bis 1905 zurückreichen, hat sich als Dritter in der Regionalliga Nordost ein Achtungszeichen gesetzt.

Nach dem Auf und Ab der Jahre davor begann 2012 die jüngere Erfolgsgeschichte des Vereins, der danach den „Durchmarsch“ in die vierte Liga schaffte. Lange mussten auch die Fans des 1. FC Magdeburg auf glanzvollere Zeiten warten. Mit dem 4. Platz sorgte der Aufsteiger in die 3. Liga für eine Überraschung. Einen echten Coup landete der Verein mit Sparwasser und Co. schon 1974, als die Blau-Weißen den Europokal der Pokalsieger holten. Keiner DDR-Fußballelf ist gleiches gelungen.

Erzrivalen nun in der 3. Liga

Beim Finale um den Sachsen-Anhalt-Pokal musste sich der FCM diesmal jedoch dem Erzrivalen von der Saale beugen. Der HFC gewann im heimischen Stadion mit 2:1 und setzte damit einen versöhnlichen Schlusspunkt unter eine alles andere als zufriedenstellende Saison in der 3. Liga.

Dadurch landet Halle, wo 1546 der Leichnam von Luther aufgebahrt wurde, nur auf dem undankbaren vierten Platz in der Tabelle der Lutherstädte. Zwei Plätze dahinter kommt der Regionalligist-Neunte Wormatia Worms ein, der wie Marburg und Schmalkalden schon wesentlich bessere Zeiten gesehen hat. Er zählte schließlich zu den Gründungsmitgliedern der 2. Bundesliga und war 1967 der erste Verein in Deutschland mit Trikotwerbung.

Den tiefsten Fall hat der Heidelberger SC erlebt, der 1951 die geflüchteten Spieler vom Dresdner SC eingliederte. Unangefochtener Spitzenreiter ist der Bundesliga-Zwölfte FC Augsburg. Dort wurde 1555 der Religionsfrieden geschlossen. Luther war da schon tot. (mz)