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Fotografie in Wittenberg Fotografie in Wittenberg: Einblicke in den Alltag von Virginia Woolf und Bert Brecht

Von Corinna Nitz 13.05.2016, 06:14
Angelika Fischer fotografiert die Lebensorte bekannter Künstler. Die sind zwar alle schon tot, aber in ihren Häusern noch erstaunlich präsent.
Angelika Fischer fotografiert die Lebensorte bekannter Künstler. Die sind zwar alle schon tot, aber in ihren Häusern noch erstaunlich präsent. Klitzsch

Wittenberg - Auf dem Schreibtisch liegen ihre Brille, Papier, ein Stift. Daneben Zigaretten, selbst gedrehte! Eine Vase mit frischen Blumen steht rechts und links eine Petroleumlampe. Aber jetzt ist heller Tag, ein schöner dazu, wie der Blick in den Garten vermuten lässt. Ansonsten wirkt alles so, als wäre sie, Virginia Woolf, nicht weit und würde gleich zurückkehren in ihr Schreibhäuschen in Monk’s House im südenglischen Rodmell.

Angelika Fischer aus Berlin ist seit 1983 als freiberufliche Fotografin tätig. Seit 2002 arbeitet sie - gemeinsam mit Bernd Erhard Fischer - an der Reihe „Menschen und Orte“. Die Werke, die in der gleichnamigen Schau in Wittenberg gezeigt werden, sind ausnahmslos Handabzüge aus der Dunkelkammer, Fischer bevorzugt die Analog-Fotografie. Im Rahmen der Vernissage am 13. Mai (Beginn ist 19 Uhr) im Cranach-Haus Markt 4 wird der Verleger Bernd Erhard Fischer auch das Gesamtprojekt „Menschen und Orte“ vorstellen. (mz/cni)

Das ist natürlich Unfug, die Schriftstellerin starb vor 75 Jahren. Am 28. März 1941 wählte sie den Freitod. Aber das Haus, welches sie einst mit ihrem Mann Leonard ersteigert hatte, gibt es noch. Es wird seit 1980 vom National Trust verwaltet. Dort legt man offenbar großen Wert darauf, den Ort so authentisch wie möglich zu belassen.

Letzte Vorkehrungen

Wunderbare, ausgesucht ästhetische Schwarzweiß-Fotografien von Monk’s House sind jetzt in einer neuen Sonderausstellung zu sehen, welche die Cranach-Stiftung Wittenberg in ihrem Haus am Markt 4 zeigt. Die Exposition firmiert unter dem Titel „Menschen und Orte“. Neben dem Domizil von Virginia Woolf finden sich Lebensorte unter anderem von Ernst Barlach und Otto Dix, von Anna Seghers sowie von Bert Brecht und Helene Weigel.

Zur Vernissage wird um 19 Uhr am Freitag, dem 13. Mai, eingeladen. Auch die Fotografin Angelika Fischer, ohne die es die Bilder nicht gäbe, wird anwesend sein. Am Donnerstag hat sie gemeinsam mit ihrem Mann, dem Autor und Verleger Bernd Erhard Fischer, noch letzte Vorkehrungen im Ausstellungsraum getroffen - und Medienvertreter schon mal teilhaben lassen an dem, was sie macht.

Warum sie Schwarzweiß-Fotografie bevorzugt? „Sie ist die Reduktion auf das Wesentliche“, sagt Fischer und auch, dass „man mit Farbe eine Aktualität reinbringen würde, die es ja nicht gibt“. Später spricht sie von Künstlerhäusern, die sehr authentisch sind, und solchen, die eher musealen Charakter haben. Die Herausforderung sei es, trotzdem die Aura des jeweiligen Ortes „zu finden“.

Nun wird an jedem einzelnen Bild ersichtlich, wie die Orte ihre einstigen Bewohner geprägt haben und wie präsent diese noch lange nach ihrem Tod sind, nicht zuletzt durch persönliche Gegenstände. Und lässt nicht die Art, wie sich da einer eingerichtet, womit er sich umgeben hat, auch gewisse Rückschlüsse auf einen Charakter, eine Mentalität zu? Fischer bezeichnet ihre Werke selbst auch als „indirekte Porträts“.

Bereits seit 14 Jahren gibt sie diese Arbeiten gemeinsam mit Bernd Erhard Fischer und anderen Autoren in einer bibliophil gestalteten Heftreihe heraus, deren Titel „Menschen und Orte“ lautet. Ein Grund für die eigene Edition sei es gewesen, dass man so auf die Gestaltung mehr Einfluss nehmen kann. Es sollte etwas „Kleines, Sammelbares“ sein, sagt Verleger Fischer und betont, dass die Hefte inzwischen „Kultstatus“ erreicht hätten.

32 seien es momentan, in 20 von ihnen tritt er als Autor in Erscheinung, so auch im Band über den Zeichner und Schriftsteller Alfred Kubin (1877 bis 1959). Von dessen letzten Lebensort im österreichischen Zwickledt finden sich ebenfalls Fotografien in der Wittenberger Ausstellung.

Dieses Haus sei tatsächlich so erhalten, wie er es nach seinem Tod hinterlassen hat. Das geht soweit, dass noch heute in einem Kleiderschrank sämtliche Kranzschleifen von Kubins Beerdigung hängen, wie Fischer herausfand, als er in einem Anflug von Neugierde den Schrank öffnete „und erschrak“. Derweil gelang es Angelika Fischer, etwa durch das Spiel mit Licht und Schatten atmosphärisch dichte Momente einzufangen.

Einladung zum Rundgang

Über die Werke von Fischer heißt es bei Helga Thieme von der Ernst Barlach Stiftung Güstrow, in ihnen „begegnet der Betrachter einer fotografischen Bildkunst, die (...) das Wesenhafte eines historischen Ortes erfühlbar macht“.

Im Barlach-Haus in Güstrow hat übrigens die Kunsthistorikerin der Cranach-Stiftung, Marlies Schmidt, Arbeiten von Angelika Fischer gesehen und die Künstlerin nach Wittenberg eingeladen. Beide werden zur Vernissage am heutigen Freitag sprechen, zudem bietet Fischer einen Rundgang durch die Schau an. Die Teilnahme lohnt sich. (mz)

Vernissage:Zur Ausstellungseröffnung wird um 19 Uhr am Freitag, dem 13. Mai, eingeladen. Die Veranstaltung findet im Cranach-Haus, Markt 4 in Wittenberg statt.