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Flüchtling in Oranienbaum Flüchtling in Oranienbaum: Kicker ohne Job-Chance?

Von Alexander Baumbach 15.09.2015, 07:41
Georg Schalow (li.), Udo Pfeifer und Mona Berschmann stärken Mohamed Touré den Rücken.
Georg Schalow (li.), Udo Pfeifer und Mona Berschmann stärken Mohamed Touré den Rücken. Baumbach Lizenz

Oranienbaum - Mona Berschmann ist sauer. Seit Monaten kämpft sie mit dem Sportverein Hellas 09 für echte Integration junger Asylbewerber - durch Sport, Wohnung, Arbeit. Jetzt scheint sie sich die Zähne auszubeißen - der Grund dafür heißt Mohamed Touré, ist 20 Jahre alt und stammt aus Mali. „Alle waren und sind sich einig: So kann Integration wirklich gelingen. Der Verein, der Ausbildungsbetrieb, die Berufsschule, das Jobcenter ziehen an einem Strang. Allein aus Bürokratiegründen wird uns dieses gemeinsame Engagement verwehrt“, schreibt sie in einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU).

Azubis und Fachkräfte fehlen

Am Sportplatz in Oranienbaum sitzt sie dem 20-Jährigen gegenüber, der seit zwei Jahren die erste Fußballmannschaft verstärkt und Übungsleiter im Kinderbereich ist.

Seit 2013 lebt der junge Mann in Deutschland, ohne Papiere ist er aus Mali eingereist. Das soll ihm jetzt zum Verhängnis werden. Sein Asylantrag wird abgelehnt. Er wird „geduldet“ - und gleichzeitig wird verhindert, dass er ein eigenes Leben planen kann.

Die Pläne sind sehr konkret. Neben dem Erfolg auf dem Fußballplatz und sehr guten Deutschkenntnissen hat er einen Ausbildungsplatz als Verfahrensmechaniker in Aussicht - buchstäblich direkt vor der Haustür im Dessora-Park. Die Firma Kubra wollte Touré schon Anfang August als Lehrling anheuern. „Er hat uns im Gespräch überzeugt. Mohamed passt sehr gut zu uns - der Wille muss da sein, bei uns etwas zu lernen. Und den hat er“, erklärt Georg Schalow, kaufmännischer Leiter der Firma.

Für Schalow ist es unverständlich, wie eine Behörde bei dem gegenwärtigen Fachkräfte- und Nachwuchsmangel dem Vorhaben Steine in den Weg legen kann. Touré mangelt es an der Ausbildungserlaubnis. Die lehnt der Landrat durch seinen Mitarbeiter Benjamin Röder am 1. Juli 2015 ab. Nur um ein paar Zeilen später zu schreiben: „Die Ausübung einer Beschäftigung wäre mit Zustimmung der Ausländerbehörde zulässig.“

Udo Pfeifer, Abteilungsleiter Fußball beim Sportverein Hellas 09, kann da nur mit dem Kopf schütteln:. „Alle wollen, nur die Ausländerbehörde nicht.“ Für Mona Berschmann wird der Konflikt mit der Behörde jetzt zur persönlichen Angelegenheit. „Wir haben um ein Gespräch mit dem Landrat gebeten. Die Ablehnung war der Hammer“, erzählt sie. Man solle sich durch diesen Rückschlag nicht entmutigen lassen und weiterhin als positives Beispiel im Landkreis Wittenberg die gewünschte „Willkommenskultur“ pflegen, heißt es im Verwaltungsschreiben. „Jetzt kämpfen wir erst recht“, sagt sie.

Haseloff bietet Gespräch an

Und auch Haseloff hat ein anderes Verständnis von den Aufgaben einer Kreisverwaltung: „In der letzten Woche ist in Hohenmölsen ein bundesweit einzigartiges Modellprojekt angelaufen, um eine gemeinsame Perspektive für Flüchtlinge und gegen den Fachkräftemangel in bestimmten Branchen zu entwickeln. Ich habe dort zwischen dem zuständigen Bundesministerium und dem Landkreis vermittelt, um die finanziellen Voraussetzungen zu schaffen.

Die dortige Initiative eines einzelnen Unternehmens steht im Kontext des hervorragenden Programms des Burgenlandkreises, für eine bessere Integration durch Arbeit“, erklärt der Ministerpräsident. „Arbeit und Sprache sind die zentralen Erfolgsfaktoren für eine gelungene Integrationen von all jenen Flüchtlingen, die dauerhaft in Deutschland Schutz genießen. Das Beispiel aus dem Burgenlandkreis könnte auch im Landkreis Wittenberg Schule machen, die Türen stehen dem Landrat zu entsprechenden Gesprächen offen.“ (mz)