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Falknerei in Wörlitz Falknerei in Wörlitz: Topfit für die Flugschau

Von Ilka Hillger 24.04.2013, 16:42
Gute Freunde: Falkner Jim Ohle und sein Raubadler Rudi
Gute Freunde: Falkner Jim Ohle und sein Raubadler Rudi ILkA Hillger Lizenz

Wörlitz/MZ - Geier frieren schnell am Hals. Wer obenrum ohne Federn auskommen muss, den fröstelt es leicht. So waren Sperbergeier Moritz und seine Kollegen ziemlich missgestimmt über den vergangenen Winter, konnten aber auf die Fürsorge ihres Erziehers bauen. „Für sie gab es Wärmelampen in den Hütten“, sagt Jim Ohle.

Dass der Falkner von Wörlitz vor wenigen Wochen noch mit dem hohen Schnee auf seiner Wiese hinter der Wildkammer am Ausgang des Ortes zu kämpfen hatte, ist nun nicht mehr zu spüren. Alle 16 Vögel haben es sich auf der Wiese vor seiner Hütte bequem gemacht und tanken Sonne. Einzig Schnee-Eule Ludwig mag vielleicht dem langen Winter nachtrauern.

Winterspeck muss runter

„Ich bin froh, dass jetzt die Saison richtig losgehen kann“, sagt Ohle. Dabei war der Falkner wie in jedem Jahr schon viel früher startklar. Pünktlich zum Frühlingserwachen hatte er die Vögel aus dem Winterquartier in Schköna wieder nach Wörlitz gebracht. Ein aufwändiger Umzug, der zwei Tage dauert und an jedem Saisonende und -anfang ansteht.

Aber dann kam der Winter noch mal richtig. „Den meisten Vögeln macht das ja nichts aus, Adler und Uhu sind robust und tagsüber ging es mit den Temperaturen“, weiß der Falkner. Nur die Geier waren eben irritiert, denn „die laufen auch nicht gerne durch Schnee“. Rabengeier Robert durfte gar in der Hütte von Ohle übernachten. Für den Chef der Falknerei am Wörlitzer Park sind die ersten Wochen der Saison besonders wichtig.

Er muss die Tiere wieder in Form bringen, sie fit für die tägliche Flugshow machen. „In den Wintermonaten setzen alle Fett an und sind ein wenig träge geworden“, so Ohle. In Schköna, wo der Falkner mit seiner Frau lebt, verbringen die Vögel die kalte Jahreszeit auch in großen Volieren, jedoch ohne den täglichen Freiflug.

Wenn sich der Frühling ankündigt, dann merkt Jim Ohle auch seinen Vögeln an, wie sie dem Umzug auf das Wörlitzer Gelände entgegenfiebern. „Nach einer Woche Wörlitz sind sie wieder topfit“, sagt Ohle. Verlernt haben sie über den Winter jedoch nichts. „Die wissen genau, was sie machen müssen und wann sie an der Reihe sind.“

Einzig das System „Belohnung“ lässt die Vögel ihre Kunststücke vollführen. Jim Ohle achtet darauf, dass die Jungtiere, die er in Tierparks, Zoos oder von Züchtern kauft, sehr jung sind. Zwei bis drei Wochen seien sie gerade mal alt, dann zieht er sie von Hand auf und wird zur Bezugsperson. „Sie haben hier bei mir ihr Revier und der Handschuh ist für sie die Beute“, erklärt der Falkner. Manche Vögel, vor allem die kleineren, lernen sehr schnell. Da stellen sich erste Erfolge nach drei bis vier Wochen ein, während es bei einem Adler schon mal ein halbes Jahr dauern kann, bis dieser tut, was Ohle wünscht. „Adler haben ihren eigenen Kopf, Geier und Falken sind sehr gelehrig und Eulen können so gut hören, dass sie sich ständig umschauen und ablenken lassen, da braucht man etwas Geduld“, erzählt er von seinen fliegenden Showpartnern.

Geier über Dresden

Bis zu drei Mal am Tag lässt er einen nach dem anderen seine Runden über dem Revier drehen. Wieder kommen sie alle. „Absichtlich fliegt keiner weg, selbst zu jagen, wäre doch viel zu anstrengend. Die wissen, wo es ihr Abendbrot gibt.“ Lediglich Geier Moritz habe mal einen unfreiwilligen Ausflug unternommen: Ein heftiger Sturm trug ihn bis nach Dresden. Da saß er dann hungrig auf einem Baum, ließ sich von einem sächsischen Falkner locken und anhand der Beringung war Jim Ohle schnell als Besitzer ausgemacht und konnte Moritz wieder nach Wörlitz bringen. „Als ich in abholte, hat er mich wiedererkannt“, freut sich Jim Ohle noch immer über das Abenteuer seines größten Vogels, der es auf eine Spannweite von zweieinhalb Metern bringt.

Wenn Moritz fliegt, dann zieht das Publikum schon mal vorsichtshalber den Kopf ein und bei seinem Gewicht von acht Kilogramm muss auch Jim Ohle einen festen Stand haben, wenn der Geier auf seinem Arm zur Landung ansetzt. Erleben kann man dies nun wieder täglich bei den Flugshows am Nachmittag, Schulklassen besuchen die Falknerei bei ihren Wandertagen auch gerne am Vormittag.

Irgendwann könnte es dann auch mal einen noch größeren Vogel als den Geier geben. Jim Ohle träumt von einem Kondor. 3,20 Meter Spannweite erreichen diese Neuweltgeier. „Je größer und seltener, umso teurer sind sie aber auch“, so Jim Ohle. Deshalb müssen die 16 Vögel seiner Falknerei auch in dieser Saison wieder fleißig starten und landen und Jim Ohle hofft auf einen gnädigen Wettergott.