Fachgymnasium droht das Aus in Wittenberg
WITTENBERG/MZ. - Sollte auch im nächsten Jahr keine elfte Klasse gebildet werden können, drohe dem Fachgymnasium Wirtschaft das Ende.
"Es gibt nur einen einzigen Grund", sagt die Leiterin der Berufsbildenden Schulen, Carola Gehlhar: "Es gibt nicht genügend Schüler, die sich dafür interessieren." 16 Anmeldungen hatte es für das schon laufende Schuljahr gegeben, 50 hätten sich auf diesen Bildungsweg machen müssen. "Man braucht ja ein bestimmtes Stundenkontingent, um die Kurse vorhalten zu können", erklärt Frau Gehlhar die Mindestgröße - die übrigens nur zum Stichtag gilt, später könnten Schüler ausscheiden, ohne dass die Klasse in Gefahr wäre. So aber droht das Fachgymnasium selbst in Gefahr zu sein. Fachdienstleiterin Rohrbeck machte dem Schulausschuss nicht gerade Mut. "Ich fürchte, das wird im nächsten Jahr auch nicht anders ausgehen", sagte sie. Wird allerdings ein Bildungsgang länger als zwei Jahre unbesetzt gelassen, also zwei Mal keine Eingangsklasse gebildet, droht der Zweig geschlossen zu werden.
Den Wittenberger Schülern, die ihr Abitur nachholen wollen, bleiben dann nur zwei Wege: entweder der nach Dessau oder über die zweijährige Berufsfachschule und die Fachoberschule zum Fachabitur. Das ist zwar der allgemeinen Hochschulreife nicht ebenbürtig, "aber immerhin noch ein möglichst hoher Schulabschluss", so Frau Gehlhar. Denn den Weg nach Dessau sieht sie vor allem den Schülern aus dem östlichen Landkreis verbaut. "Bei den Entfernungen ist ein täglicher Besuch des Fachgymnasiums in Dessau gar nicht möglich" sagt sie.
Allerdings gibt es nicht nur Sorgen mit dem Fachgymnasium. Auch einzelne Klassen in der dualen Ausbildung drohen nicht zustande zu kommen. Bis zum 17. Oktober müssen sich mindestens jeweils 15 Schüler anmelden, die Gärtner oder Friseur werden wollen. Derzeit sind es erst neun Gärtner und 13 Friseurlehrlinge. "Es gibt in der Region mehr Anmeldungen", sagt Frau Gehlhar, allerdings versuchten Betriebe aus dem Einzugsbereich der Wittenberger Berufsschule, ihre Lehrlinge anderswo anzumelden. Fachdienstleiterin Rohrbeck hatte noch im Juni gehofft, dass damit Schluss sei. Immer wieder habe es auch Versuche von Schulleitern gegeben, Schüler abzuwerben, hatte sie sich erinnert (die MZ berichtete). Mal, indem sie Schüler aufforderten, Ausnahmeanträge für die Beschulung außerhalb ihres Kreises zu stellen. Mal, indem die Schüler zwar unterrichtet wurden, was ihrem Heimatkreis aber nicht mitgeteilt worden sei.
Über mangelnde Mitteilung hat sich diesmal allerdings auch der Schulausschuss beklagt. Erst auf Nachfrage von Ines Petermann, als Schulleiterin sachkundige Einwohnerin im Ausschuss, war das Thema überhaupt besprochen worden. "Ich hätte schon erwartet, dass man so etwas vorher mitbekommt", klagte Reinhard Rauschning (SPD).