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Evangelische Akademie Wittenberg Evangelische Akademie Wittenberg: Handeln statt hoffen für solidarische Landwirtschaft

Von Corinna Nitz 17.07.2020, 07:57
Im Raum Wittenberg solle eine solidarische Landwirtschaft gegründet werden.
Im Raum Wittenberg solle eine solidarische Landwirtschaft gegründet werden. Symbolfoto/CC0

Wittenberg - Glückliche Kühe grasen auf der Weide. Lächelnde Menschen ernten ökologisch angebautes Gemüse, das solidarisch geteilt wird. In Zeiten wie diesen, da es um unwürdige Arbeitsbedingungen in riesigen Schlachthöfen geht, immer noch um qualvolle Massentierhaltungen, in Zeiten von Klimawandel, Bodenausbeutung, Gewinnmaximierung, Entfremdung etlicher Verbraucher von der Herkunft ihrer Lebensmittel, da entfalten solche Bilder eine große Kraft.

Gut geteilt

Zu sehen waren sie am Mittwochabend auch in der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt in Wittenberg. Zusammen mit Studienleiterin Siegrun Höhne hatte die Initiative „Gemüsegenuss gemeinsam geteilt“ eingeladen. Die Frauen und Männer um Ute Walter und Katja Winkler wollen im Raum Wittenberg eine „Solidarische Landwirtschaft“ gründen. Diese sogenannten Solawis sind regionale Partnerschaften von Erzeugern und Verbrauchern.

Ihre Mitglieder tragen mit eingezahlten Beiträgen die Kosten der Landwirtschaft und teilen sich sowohl die Erträge als auch die Risiken. Angestellten Gärtnern wird so ein gutes Maß an Sicherheit geboten. Neu ist das Modell nicht, die Geschichte der Solawis reicht zurück bis in die 1960er Jahre. In Deutschland gebe es inzwischen rund 290 Betriebe. In der hiesigen Gegend wäre eine Solawi allerdings ein Novum.

Erste Ideen entstanden 2018, damals hat sich die Initiative im Kirchlichen Forschungsheim gegründet, berichtete in der Akademie der Rettungssanitäter Christian Gatniejewski, der mit zur Kerngruppe gehört. Nach Auskunft von Katja Winkler, sie ist in der Automobilbranche tätig, gibt es inzwischen 20 Interessierte. Als Betreibermodell schwebt den Initiatoren die Vereinsform vor, an der Gründung werde gearbeitet.

Eine Satzung liege beim Finanzamt, man sei gut vernetzt und gut beraten. Abgesehen davon, dass es aber noch mehr Interessierte, respektive zukünftige Ernteteiler bräuchte, mangelt es derzeit vor allem am Land.

Benötigt werde gut ein Hektar, idealerweise in Wittenberg beziehungsweise in der nahen Umgebung, um Fahrtwege im Zaum zu halten. Winkler zufolge gibt es Gespräche unter anderem mit Privatpersonen und der Stadt. Das laufende Gartenjahr freilich ist fortgeschritten, als Start schwebt ihnen April 2021 vor, wobei auch dafür schon 2020 mit den Planungen begonnen werden müsse.

Worauf sie sich einlassen, sei ihnen bekannt, es habe im privaten Bereich bereits einen Probeanbau gegeben. Bei der Bodenbearbeitung soll später auch im Großen auf schwere Technik verzichtet werden, stattdessen wollen sie „maximal“ Einachser nutzen, so Ute Walter.

Mitstreiter erwünscht

Walter, die Künstlerin ist und unter anderem an der Malschule der Cranach-Stiftung Wittenberg Kurse gibt, sprach ansonsten von dem Prinzip „Handeln statt hoffen“. Und tatsächlich braucht es wie bei vielen Dingen im Leben auch bei der Umkehr in der Landwirtschaft, wie sie bisher praktiziert wird, ja immer jemanden, der vorangeht. In Wittenberg könnte das die Gruppe „Gemüsegenuss gemeinsam geteilt“ sein.

Was sie eint, ist der solidarische Gedanke und, zum Beispiel, dass nicht nur konsumiert wird. Bei den Besuchern in der Akademie - die Anzahl war wegen der coronabedingten Abstandsregeln auf unter 30 festgelegt - kam die Idee gut an, es gab einen regen Austausch und eine ganze Flut an Detailfragen. Jetzt muss es nur noch losgehen, weitere Mitstreiter, hieß es, sind erwünscht.

Weitere Veranstaltung Ende Juli

Mit der Solidarischen Landwirtschaft möchte die lokale Initiative „Gemüsegenuss gemeinsam geteilt“ nach eigenen Angaben ökologisch, weitestgehend klimaverträglich, bodenaufbauend und ohne marktwirtschaftlichen Erfolgsdruck Gemüse anbauen. Ziel ist es, eine Gruppe von Verbrauchern aus der Region zu versorgen. Diese Gemeinschaft stellt dafür die finanziellen Mittel. In jährlichen Bieterrunden soll das Gesamtbudget vorgestellt und solidarisch für jedes Mitglied ein Jahresbeitrag ermittelt werden. Im Gegenzug erhalten die Mitglieder die Ernte (wöchentliche Ernteanteile). Wer sich für das Projekt interessiert, erhält Auskünfte unter [email protected] per Mail. Am 29. Juli findet eine weitere Info-Veranstaltung in der Evangelischen Akademie statt.

››Solawis im Netz: www.solidarische-landwirtschaft.org(mz)