Eingestürzte Mauer in Wittenberg Eingestürzte Mauer in Wittenberg: Rätsel um Fast-Katastrophe

Wittenberg - Es ist nicht geklärt, wie eine Außenmauer einer Lagerhalle auf das Dach eines Wohnhauses stürzen konnte. Zum Zeitpunkt des Unglücks - es war Samstagmorgen - ist die Wetterlage ruhig. Und dass die Mauer einsturzgefährdet sein könnte, „das war uns nicht bekannt. Wir hatten keine Infos hier in der Kreisverwaltung vorliegen, die auf eine Gefährdungssituation hätten hinweisen können“, sagt Landkreissprecher Ronald Gauert zum Unglück im Wittenberger Brauereiweg.
Und auch Tage danach merkt man der Familie noch den Schrecken an, der ihnen in die Glieder fuhr.
Kurz nach 8 Uhr war ein Teil der Außenwand einer Lagerhalle in das Dach ihres Einfamilienhauses gestürzt. Nur mit Glück entgingen Schwiegertochter und Enkelkinder des Hausbesitzers einer Katastrophe. Die Besucher hatten sich nach einer nächtlichen Autofahrt zur Erholung im Schlafzimmer hingelegt, das Hausbesitzer-Ehepaar für Besorgungen das Haus verlassen - als Minuten später über den Köpfen von Enkeln und Schwiegertochter ein metergroßes Loch im Dachstuhl klaffte.
Gutachter verbietet das Betreten
Mit großem Getöse durchschlug die Mauerkrone Ziegel und Dachstuhl. Nachbarn, die auf der Terrasse saßen, hatten freie Sicht auf das Geschehen und kümmerten sich um das Trio. Erst die Zwischendecke zum Schlafzimmer hielt den freien Fall der tonnenschweren Mauer auf. Sie hängt durch, ein Gutachter hat das Betreten des Schlafzimmers untersagt. Die Hauswand ist in Höhe des Dachbodens eingerissen, massive Dachbalken zeigen außerhalb der Außenmauer grotesk in die Höhe.
Das Ehepaar verarbeitet gerade auch den Unfalltod des Sohnes, der vor vier Wochen tragisch ums Leben kam. „Jetzt beginnt das große Warten. Der Schaden wurde der Versicherung gemeldet, die sitzt in Gräfenhainichen. Die Schadenssumme ist aber wohl so hoch, dass das jetzt direkt in Berlin bearbeitet wird. Wir haben jetzt eine Schadensnummer bekommen und warten auf den Gutachter“, so der Hausbesitzer.
Die provisorische Dachsicherung, die noch am Sonnabend von einer Dachdeckerfirma vorgenommen wurde, sei ganz top. Und auch der Besitzer der Lagerhalle, den er zwischenzeitlich erreicht habe, sei sehr besorgt gewesen. „Er sagte mir, dass es ihm leidtäte, kümmert sich jetzt um alles.“ Für eine Anfrage der MZ war der Firmeninhaber, dem die Halle gehört, nicht zu erreichen. Bereits im November 2013 hatte der jetzt Geschädigte den Unternehmer aufgefordert, die Mauerkrone zu sichern. Damals hatte sich schon gezeigt, dass die Mauer vorgeneigt sei. Mittel zum Eingreifen hätte die Bauordnungsbehörde reichlich gehabt, erklärt Gauert: „Wenn es da ein Gefährdungspotential gibt, dann hätte man den Verursacher informieren und etwas anweisen können. Das geht bis hin zur Nutzungsuntersagung.“
Keine Routinekontrollen?
Bei Baubegehungen kontrolliere die Kreisverwaltung regelmäßig auch den Zustand benachbarter Gebäude - aber eben nur, wenn es um eine neue Lückenbebauung gehe. Ob Routinekontrollen an schon gebauten Immobilien vorgenommen würden, lässt er offen. Zwar bestünde grundsätzlich die Möglichkeit, von Amts wegen aktiv zu werden - dafür müsse man aber eben Kenntnis von Problemen haben. Für die vom Mauereinsturz betroffene Familie gilt jetzt, den Kopf hochzuhalten. „Es ist schwer, aber wir müssen jetzt da gemeinsam durch“, erzählt der Besitzer des Hauses. (mz)